Menschenrechte und Wirtschaft - Forschungsjournal Soziale ...
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EINE LEBENSGEFÄHRLICHE AUFGABE<br />
die Verelendung von Millionen von Menschen<br />
beschleunigt, was die Massenproteste der letzten<br />
zehn Jahre in vielen Ländern bestätigen.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> kommt Menschenrechtlem<br />
eine gewachsene, nahezu gewaltige<br />
Aufgabe zu. Denn es gilt zu verhindern, dass<br />
die Bemühungen um Wettbewerbsvorteile <strong>und</strong><br />
ökonomisches Wachstum weltweit auf Kosten<br />
der politischen, bürgerlichen, wirtschaftlichen,<br />
sozialen <strong>und</strong> kulturellen <strong>Menschenrechte</strong> gehen.<br />
Und dies ist leider schon der Fall: Die<br />
Leidtragenden der Globalisierung sind die sozial<br />
schwachen Bevölkerungsschichten. Überall<br />
auf der Welt gibt es derzeit Marginalisierungsprozesse.<br />
In zahlreichen Gesellschaften<br />
spitzt sich der Gegensatz von Reich <strong>und</strong> Arm<br />
zu. Ein Indiz hierfür ist die Zunahme von Angriffen<br />
auf diejenigen, die auf der .Verliererseite'<br />
stehen. In Europa sind es die ausländische<br />
Wohnbevölkerung <strong>und</strong> Flüchtlinge, die<br />
sich am Rande der Gesellschaft wiederfinden<br />
<strong>und</strong> mit Übergriffen seitens Neonazis <strong>und</strong> Polizeibeamter<br />
rechnen müssen (Kaiser 1998:<br />
149f). In Lateinamerika sind es Slumbewohner,<br />
Kleinkriminelle, Straßenkinder, HlV-Infizierte,<br />
Fixer, Prostituierte, Stricher <strong>und</strong> Angehörige<br />
sexueller Minderheiten, die auf der Strasse<br />
<strong>und</strong> damit in aller Öffentlichkeit Opfer<br />
von ,sozialen Säuberungen' werden (Sane<br />
1995: 27). Die Täter rekrutieren sich nicht nur<br />
aus Polizei <strong>und</strong> Militär. Neue Akteure sind dazugekommen,<br />
die die Verantwortung des Staates<br />
verschleiern sollen: Paramilitärs <strong>und</strong> Todesschwadrone,<br />
aber auch private Sicherheitskräfte<br />
treiben ihr Unwesen in den Urbanen Zentren<br />
Lateinamerikas (amnesty international<br />
1994). Angehörige gesellschaftlicher Randgruppen<br />
organisieren sich in der Regel nicht<br />
selbst. Ihre Zeugenaussagen werden von Polizei<br />
<strong>und</strong> Justiz nicht ernst genommen. Werden<br />
sie Opfer von Menschenrechtsverletzungen,<br />
schert sich kaum jemand dämm. Effektive Untersuchungen<br />
von Verbrechen an Randgrup<br />
HAUPTBEITRÄGE<br />
pen sind selten (Heinz 1998: 55). Zudem könnte<br />
die Zahl .sozialer Säuberungen' im Laufe<br />
der nächsten Jahrzehnte weiter zunehmen. Man<br />
braucht die Zukunft nicht unnötig schwarz zu<br />
malen, um vermuten zu können, dass das 21.<br />
Jahrh<strong>und</strong>ert von der Verknapppung bei den<br />
nicht nachwachsenden Rohstoffen <strong>und</strong> ökologischen<br />
Katastrophen geprägt sein wird. Lebensräume<br />
<strong>und</strong> Ressourcen werden in vielen<br />
Teilen der Erde rarer. So kommt es möglicherweise<br />
fast überall verstärkt zu Fluchtbewegungen<br />
- beispielsweise vom Land in die Stadt -<br />
<strong>und</strong> zu Verteilungskonflikten. Die Habenichtse<br />
der Welt werden dann vielleicht im großen<br />
Stil Ziel von Menschenrechtsverletzungen.<br />
Es bedarf also mehr denn je lokaler kritischer<br />
,watchdogs', die angesichts der massiven Kräfte,<br />
die hinter der Globalisierung stehen, auf<br />
die Vernetzung mit der internationalen Menschenrechtsbewegung<br />
angewiesen sind. Solidarität<br />
allein reicht aber nicht. IWF <strong>und</strong> Weltbank<br />
müssen sicherstellen, dass zur Beurteilung<br />
des Erfolges von <strong>Wirtschaft</strong>sprojekten Indikatoren<br />
für die Einhaltung der <strong>Menschenrechte</strong><br />
als Schlüsselfaktoren in die Projektbegleitung<br />
<strong>und</strong> -evaluierung eingehen. Die internationalen<br />
Finanzinstitutionen <strong>und</strong> jedes Unternehmen<br />
sollten bei ihren wirtschaftlichen<br />
Entscheidungen den Sachverstand <strong>und</strong> das Urteil<br />
von lokalen Vertretern von Nicht-Regierungsorganisationen<br />
im Rahmen regelmäßiger<br />
Konsultationen berücksichtigen - auch eine<br />
Forderang des Pariser Aktionsplans. 5<br />
Sämtliche<br />
Regierangen <strong>und</strong> zwischenstaatliche Organisationen<br />
müssen unter Druck gesetzt werden,<br />
damit Menschenrechtler als Sprachrohre<br />
Recht- <strong>und</strong> Schutzloser an entscheidenden Stellen<br />
Gehör finden. „Ich würde mich freuen,<br />
wenn es zu einem Markenzeichen für deutsche<br />
Politik würde, dass man ihr im Ausland nachsagt,<br />
dass ihre Botschaften offene, gesprächsfähige<br />
Orte auch für diejenigen sind, die in<br />
ihren Ländern mit Menschenrechtsverletzun-