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Menschenrechte und Wirtschaft - Forschungsjournal Soziale ...

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DIE UNTERSCHIEDLICHEN KLASSEN DER MENSCHENRECHTE HEffil<br />

HAUPTBEITRÄGE<br />

dass zunächst alle einzeln, <strong>und</strong> dann, wenn die<br />

entsprechenden Verpflichtungen von Einzelnen<br />

allein sinnvoll nicht erfüllt werden können, von<br />

allen gemeinsam erfüllt werden müssen (besonders<br />

klar formuliert bei Tugendhat 1993:<br />

349). Bei den sozialen <strong>Menschenrechte</strong>n der<br />

UN Erklärungen sind, moralisch gesehen, daher<br />

alle Menschen aufgerufen, Institutionen zu<br />

schaffen, die diese Verpflichtungen erfüllen<br />

können. Bei entsprechenden staatlich gesalzten<br />

Gr<strong>und</strong>rechten ist verständlicherweise der<br />

jeweilige Staat Adressat der Verpflichtungen.<br />

Da die <strong>Menschenrechte</strong> aber universell verpflichten,<br />

sind hier alle Menschen einzeln, alle<br />

Staaten zusammen <strong>und</strong> auch internationale Institutionen<br />

mögliche Adressaten. Aber wozu<br />

sind sie verpflichtet?<br />

Alle positiven Pflichten verpflichten - moralisch<br />

gesehen - bedingt, d.h. sie lassen eine<br />

Verpflichtungsklausel zu, unter welchen Bedingungen<br />

die positive Verpflichtung in aller<br />

Regel zumutbar ist, also auch, ab wann sie<br />

nicht mehr zumutbar ist. Die Festlegung dieses<br />

Maßstabes, wie weit die positive Verpflichtung<br />

reicht, ist von der moralischen Begründung<br />

der Verpflichtung nicht unabhängig, kann<br />

aber nur in seltenen Fällen durch moralische<br />

Argumente allein festgelegt werden. Gegenwärtig<br />

konkurrieren zumindest drei moralische<br />

Begründungsversuche von sozialen Leistungs<strong>und</strong><br />

<strong>Menschenrechte</strong>n 6<br />

: Einmal werden sie als<br />

notwendige Bedingungen der faktischen Wahrnehmung<br />

von Freiheitsrechten begründet (so<br />

insbesondere Alexy), dann werden sie zweitens<br />

als notwendiger Schutz von basalen Bedürfnissen<br />

oder Fähigkeiten, die allen Menschen<br />

gemein sein sollen (Sen/Nussbaum), konzipiert,<br />

<strong>und</strong> drittens werden sie als Folge sozialer<br />

Gerechtigkeit verstanden, die aus moralischen<br />

Gründen fordert, dass alle Ressourcen<br />

für alle Menschen gleichverteilt werden sollen<br />

(Shue, Tugendhat, Gosepath). Alle drei Begründungsversuche<br />

operieren mit moralischen<br />

Argumenten <strong>und</strong> kommen so zu einer Bestimmung,<br />

warum wir verpflichtet sind, allen anderen<br />

zu helfen oder ihnen einen gleichen Anteil<br />

an den insgesamt verfügbaren Lebensressourcen<br />

zu gewähren, eine Bestimmung, die<br />

letztlich auf ein moralisches Optimum zielt.<br />

Hierbei ist nun einer der Standardeinwände,<br />

dass eine solche optimale Moral entweder die<br />

Menschen überlastet oder aber zu einer Diktatur<br />

der Moral führt; insbesondere gegen den<br />

letzten Punkt hat schon Marshall argumentiert.<br />

Die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit zielt<br />

nicht auf eine absolute Gleichheit, die in der<br />

Tat nur, das war schon Humes Einwand, durch<br />

Diktatur eingeführt werden kann, sondern ihr<br />

Ziel ist die „Entfernung von Ungleichheiten,<br />

die nicht als legitim gelten können" (Marshall<br />

1992: 88). Hier aber, <strong>und</strong> das gilt für die globalen<br />

sozialen <strong>Menschenrechte</strong> ebenso wie für<br />

die nationalen sozialen Staatsbürgerrechte<br />

Marshalls, bemisst sich diese Legitimität nach<br />

der Kombination zweier unterschiedlicher<br />

Maßstäbe; so plädiert Marshall für „soziale<br />

Gerechtigkeit kombiniert mit wirtschaftlicher<br />

Notwendigkeit" (Marshall 1992: 88).<br />

An dieser Stelle zeigt sich die Tugend, die<br />

<strong>Menschenrechte</strong> nicht nur als vorstaatliche,<br />

moralische Rechte aufzufassen, sondern auch<br />

als politisch gesatzte, juridische Rechte zu verstehen.<br />

Denn die moralische Perspektive muss<br />

noch ergänzt werden durch einen politisch gefassten<br />

Beschluss, die moralisch begründeten<br />

Verpflichtungen auch in geltende Rechte umzusetzen,<br />

femer müssen politisch die dafür nötigen<br />

Institutionen in nationalen <strong>und</strong> internationalen<br />

Bereichen geschaffen werden. Hier<br />

wird von einigen eine .moralische Arbeitsteilung'<br />

(Shue 1988; Koller 1998) gefordert, mit<br />

deren Hilfe oder in deren Rahmen festgelegt<br />

wird, wie weit wem wie geholfen wird. Unklar<br />

ist bislang, ob es auch für diese Entscheidungen<br />

moralische oder nur pragmatische Maßstäbe<br />

gibt. Offenbar können nämlich diese

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