Menschenrechte und Wirtschaft - Forschungsjournal Soziale ...
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DIE UNTERSCHIEDLICHEN KLASSEN DER MENSCHENRECHTE HUil<br />
HAUPTBEITRÄGE<br />
Selbstbestimmung zwanglos akzeptieren können,<br />
für die sie gute Gründe sieht. Pointiert<br />
gesagt ist die Förderung: ,Begründe, was du<br />
mir antust!' der subjektive Quellpunkt der <strong>Menschenrechte</strong>.<br />
Objektiv gesehen sind die <strong>Menschenrechte</strong><br />
eine Schutzvorkehrung, damit<br />
Menschen ihr Zusammenleben <strong>und</strong> die Bewältigung<br />
von Konfliktsituationen möglichst gewaltfrei<br />
lösen können. Wenn daher eine Person<br />
Rechte besitzt, die mit bestimmten Pflichten<br />
anderer Personen korrespondieren müssen,<br />
die sie in der Ausübung ihre Willkürfreiheiten<br />
einschränken, ergibt sich auch aus dieser Perspektive<br />
eine Forderung nach der Begründung<br />
der entsprechenden Verpflichtungen. Die Begründungen<br />
sind daher zwischen Rechtsinhaber<br />
<strong>und</strong> den Adressaten der aus den Rechten<br />
resultierenden Pflichten anhängig. Beide Seiten<br />
werden eine Begründung nur dann akzeptieren<br />
können, wenn diese Relationierung auch<br />
gewahrt ist, <strong>und</strong> eine Begründung scheint nur<br />
dann eine angemessene zu sein, wenn sie für<br />
alle Betroffenen <strong>und</strong> insofern allgemein gilt.<br />
Die Allgemeine Erklärung übersetzt diese Idee<br />
in ein rechtlich <strong>und</strong> politisch wirksames Kriterium<br />
für den zivilen Umgang der Menschen<br />
miteinander, für die Legitimität von Staaten<br />
<strong>und</strong> für die Gestaltung nationaler <strong>und</strong> internationaler<br />
Verfassungen <strong>und</strong> Beziehungen. Die<br />
praktische Orientierung an den <strong>Menschenrechte</strong>n<br />
<strong>und</strong> ihre Beanspruchung gibt allen Menschen<br />
auf der Welt das praktische Selbstbewusstsein,<br />
„frei <strong>und</strong> gleich an Würde <strong>und</strong> Rechten<br />
geboren zu sein" (Allgemeine Erklärung).<br />
Und wo immer daher gegen diese gr<strong>und</strong>legende<br />
Idee verstoßen wird, handelt es sich um<br />
nicht mehr allgemein begründbare Einschränkungen<br />
individueller Selbstbestimmungen. Und<br />
da, wo gegen die Verletzungen von <strong>Menschenrechte</strong>n<br />
protestiert <strong>und</strong> ihre Einhaltung eingeklagt<br />
wird, wird unterstellt, dass es sich um<br />
allgemein begründbare <strong>Menschenrechte</strong> handelt.<br />
<strong>Menschenrechte</strong> sind komplexe Rechte; sie haben<br />
einmal eine moralische Dimension <strong>und</strong><br />
sind insofern .moralische Rechte', sie sind aber<br />
andererseits als legale Gr<strong>und</strong>rechte zu verstehen.<br />
Als Bestandteil des positiven Rechts sind<br />
sie auch von politischen Entscheidungen des<br />
jeweiligen Gesetzgebers abhängig. Zu einem<br />
vollen Verständnis der <strong>Menschenrechte</strong> gehören<br />
daher Überlegungen <strong>und</strong> Begründungen in<br />
den Dimensionen der Moral, des positiven<br />
Rechts <strong>und</strong> der Politik. Allgemein kann man<br />
sagen, sind <strong>Menschenrechte</strong> eine besondere<br />
Teilklasse von moralischen Rechten, die von<br />
einem politischen Gesetzgeber in bestimmte<br />
juridische, legale Rechte transformiert worden<br />
sind. Bei diesem Verrechtlichungsprozess muss<br />
sich ein Gesetzgeber sowohl nach bestimmten<br />
moralischen Kriterien richten <strong>und</strong> folgt so der<br />
Idee der Gerechtigkeit. Er kann aber auch bestimmte<br />
historische Unrechtserfahrungen politisch<br />
gewichten <strong>und</strong> konkretisieren <strong>und</strong> in die<br />
einzelnen Formulierungen der <strong>Menschenrechte</strong><br />
eingeben (Lohmann 1998: 82ff). Die Seite<br />
der moralischen Vorgaben ist dabei die entscheidende,<br />
<strong>und</strong> so spielt die Frage der moralischen<br />
Begründbarkeit bei den <strong>Menschenrechte</strong><br />
eine dominierende Rolle. Von Anfang an hat<br />
sich die Entwicklung der <strong>Menschenrechte</strong> dabei<br />
auf eine Moral vorstellung gestützt, die - in<br />
der Aufklärung entstanden - für alle Menschen<br />
gleiche Achtung <strong>und</strong> Wohlwollen verlangt. Diese<br />
heute so genannte universelle Achtungsmoral<br />
ist selbst hinsichtlich ihr Begründbarkeit<br />
umstritten <strong>und</strong> wurde <strong>und</strong> wird in unterschiedlichen<br />
Schattierungen vertreten, aber es ist ihr<br />
normativer Gehalt, der die Bestimmungen der<br />
<strong>Menschenrechte</strong> im Allgemeinen geprägt hat.<br />
Ihretwegen verbinden wir mit den <strong>Menschenrechte</strong>n<br />
die Vorstellung, dass sie für alle Menschen<br />
in gleicher Weise gelten <strong>und</strong> insofern<br />
nicht nur universell, sondern auch egalitär sind,<br />
<strong>und</strong> dass sie keinem Menschen abgesprochen<br />
werden können <strong>und</strong> insofern kategorisch sind.<br />
Diese allgemeinen <strong>und</strong> formalen Bestimmun-