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Menschenrechte und Wirtschaft - Forschungsjournal Soziale ...

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FORSCHUNGSJOURNAL NSB, JG. 12, HEFT 1,1999 15<br />

Wei Jingsheng<br />

ESSAY<br />

Einmischung statt stille Diplomatie<br />

Rede des exilierten chinesischen Bürgerrechtlers auf der Menschenrechtskonferenz von<br />

amnesty international in der Paulskirche am 4. Dezember 1998<br />

Sehr verehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />

ich möchte Ihnen allen danken. Ich möchte<br />

allen Mitstreitern von amnesty international<br />

meinen aufrichtigen Dank aussprechen. Hätte<br />

es Ihr unermüdliches Engagement nicht gegeben,<br />

dann wäre es wohl kaum möglich gewesen,<br />

daß ich heute hier vor Ihnen sprechen<br />

kann; ich wäre vielmehr sehr wahrscheinlich<br />

vor 20 Jahren erschossen worden. Ihre Arbeit<br />

gleicht einem Auge, das beharrlich alle staatlichen<br />

Unterdrücker auf der ganzen Welt im Visier<br />

hat <strong>und</strong> in vielen Fällen verhindert, daß<br />

diese noch mehr Menschenrechtsverletzungen<br />

begehen können, so daß vielen Menschen weltweit<br />

großes Leid erspart wird. Deshalb möchte<br />

ich Ihnen hier im Namen aller unterdrückten<br />

Menschen <strong>und</strong> Opfer von Menschenrechtsverletzungen<br />

aus tiefstem Herzen danken.<br />

Unsere gemeinsame Sorge gilt den <strong>Menschenrechte</strong>n,<br />

wenngleich diese Arbeit sehr mühsam<br />

<strong>und</strong> beschwerlich ist. Wenn wir uns nur um<br />

unsere eigenen legitimen Rechte <strong>und</strong> Interessen<br />

einsetzen, mag es vielleicht noch vergleichsweise<br />

einfach sein, aber wenn wir uns<br />

entscheiden, andere Menschen darin zu unterstützen,<br />

ihre Rechte einzufordern, wird es schon<br />

sehr viel schwieriger.<br />

Als ich vorhin die Rede von Frau Carola Stern<br />

hörte, wie sie über die Anfänge der deutschen<br />

Sektion von amnesty international sprach, so<br />

kam mir dies alles sehr bekannt vor. Es war,<br />

als spräche sie über die Bewegung der 'Mauer<br />

der Demokratie' in China vor 20 Jahren, vor<br />

meiner ersten Festnahme. Als wir damals anfingen,<br />

die Ideen der <strong>Menschenrechte</strong> <strong>und</strong> der<br />

Demokratie zu verbreiten, gab es kaum jemanden,<br />

von dem wir Unterstützung erfuhren. Wir<br />

mußten sogar unsere Armbanduhren verkaufen,<br />

um unsere Publikationen drucken zu können.<br />

Mit primitivsten Mitteln haben wir damals,<br />

Ende der siebziger Jahre, mit einer hölzernen<br />

Druckplatte unsere Zeitschriften gedruckt<br />

<strong>und</strong> dann geb<strong>und</strong>en. Das Geld, was<br />

durch den Verkauf dieser Publikationen hereinkam,<br />

wurde dann sogleich für den Druck<br />

der nächsten Ausgabe verwendet.<br />

Genauso wie es Frau Stern über die Gründerjahre<br />

von amnesty international in Deutschland<br />

geschildert hat, so war auch in China der<br />

Begriff der '<strong>Menschenrechte</strong>' für die meisten<br />

Menschen zunächst ein Fremdwort; aber dank<br />

des unermüdlichen Engagements vieler Menschen,<br />

hat sich dies in China, ähnlich wie in<br />

ihrem Land, allmählich geändert. Inzwischen<br />

sind sich sehr viele Menschen in meiner Heimat<br />

wohl bewußt, welche Gr<strong>und</strong>rechte ihnen<br />

eigentlich zustehen sollten. Sie wissen nur sehr<br />

genau, daß die Herrschenden kein Recht haben,<br />

ihnen diese Gr<strong>und</strong>freiheiten vorzuenthalten,<br />

<strong>und</strong> immer mehr Menschen in China ge-

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