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Menschenrechte und Wirtschaft - Forschungsjournal Soziale ...

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BILANZ UND PERSPEKTIVEN DER MENSCHENRECHTSARBEIT<br />

sie eine gemeinsame Anstrengung der ganzen<br />

weltweiten Menschenrechtsbewegung wird,<br />

amnesty international dokumentiert heute zwar<br />

weniger gewaltlose politische Langzeitgefangene<br />

als vor 20 Jahren, die Praxis des .Verschwindenlassens'<br />

<strong>und</strong> der politischen Morde<br />

hat aber zugenommen. Deswegen ist es wichtig,<br />

dass nach einer Phase, die sich vorrangig<br />

auf die Kodifizierung der <strong>Menschenrechte</strong> konzentrierte,<br />

jetzt eine Phase beginnt, die den<br />

Schwerpunkt auf die Verwirklichung der <strong>Menschenrechte</strong><br />

legt.<br />

Die vor den Menschenrechtsorganisationen liegenden<br />

Aufgaben sind aber größer als die Kräfte<br />

der Menschenrechtsbewegung. Es gibt Autoren,<br />

die internationale Menschenrechtsorganisationen<br />

wie amnesty international oder Human<br />

Rights Watch vorschnell bereits heute zu<br />

den ,global players' rechnen. Andere sprechen<br />

von den NGOs als einer dritten Kraft zwischen<br />

Staat <strong>und</strong> Markt. Hier ist Vorsicht geboten.<br />

Zwar können die Menschenrechtsorganisationen<br />

selbstbewusst auf Fortschritte verweisen,<br />

die es ohne sie nicht gäbe. Aber sie können<br />

<strong>und</strong> wollen weder mit dem Staat noch mit<br />

der <strong>Wirtschaft</strong> in eine Konkurrenz eintreten.<br />

Sie wollen vielmehr beide überzeugen <strong>und</strong> veranlassen,<br />

die <strong>Menschenrechte</strong> ernster zu nehmen.<br />

Dazu brauchen sie Professionalität, Artikulationsfähigkeit,<br />

Organisationsfähigkeit <strong>und</strong><br />

Konfliktfähigkeit, kurz Kampagnenfähigkeit.<br />

Aber sie wollen <strong>und</strong> werden keine vergleichbare<br />

Macht verkörpern dürfen. Vielmehr wollen<br />

sie - solange dazu keine überzeugenden<br />

Alternativen sichtbar sind - den Staat in der<br />

Rolle stärken, die Freiheits-, Partizipations- <strong>und</strong><br />

die sozialen Rechte der Bürgerinnen <strong>und</strong> Bürger<br />

wirksam zu schützen. Diese sind den<br />

Machthabenden in der Geschichte von Menschen<br />

mit Blut <strong>und</strong> Tränen nicht abgerungen<br />

worden, um sie einer marktgerechten Ökonomisierung<br />

menschlicher Beziehungen zu opfern.<br />

Dahinter darf es kein Zurück geben. Die<br />

39<br />

HAUPTBEITRÄGE<br />

Lösung ist: Die <strong>Menschenrechte</strong> in der Politik<br />

endlich ernst nehmen.<br />

Die Fähigkeit der nichtstaatlichen Organisationen,<br />

für eine bessere Verwirklichung aller<br />

<strong>Menschenrechte</strong> Einfluss auf die Politik nehmen<br />

zu können, hängt von einer Reihe wichtiger<br />

Faktoren ab: Die Zusammenarbeit der Organisationen<br />

mit unterschiedlichem Profil muss<br />

so gestaltet werden, dass eine komplementäre<br />

Ergänzung ihrer Stärken erreicht wird; sie müssen<br />

demokratisch sein <strong>und</strong> bleiben <strong>und</strong> ihre<br />

Kampagnenfähigkeit weiterentwickeln. Sie sollen<br />

darauf achten, dass sie zwar schnelle <strong>und</strong><br />

wirksame Aktionen durchführen können, aber<br />

keine alleinigen Kommandountemehmen für<br />

Medieninszenierungen werden. Schließlich ist<br />

ihre finanzielle <strong>und</strong> politische Unabhängigkeit<br />

ein hohes Gut, das nicht leichtfertig aufgegeben<br />

werden darf. Nähe <strong>und</strong> Distanz zur etablierten<br />

Politik, zu den politischen Parteien <strong>und</strong><br />

großen Interessengruppen sind wichtig. Wer<br />

dabei helfen will, dass die <strong>Menschenrechte</strong> erfahrbare<br />

Wirklichkeit für mehr Menschen werden,<br />

darf sich nicht mit einer Beraterrolle im<br />

Vorfeld der etablierten Politik zufrieden geben.<br />

Er oder sie muss fordern <strong>und</strong> Fordemngen<br />

durchsetzen können.<br />

Dabei ist es die vornehmste Rolle der nichtstaatlichen<br />

Menschenrechtsorganisationen, dem<br />

humanen Anliegen eine glaubwürdige Stimme<br />

verleihen zu können. Sie sind Instrumente für<br />

den Wunsch vieler Menschen, Mitmenschlichkeit<br />

<strong>und</strong> Solidarität in der Politik Gewicht zu<br />

geben. Sie organisieren die Kraft des Mitgefühls,<br />

die notwendig ist, um die <strong>Menschenrechte</strong><br />

nicht an der Kosten-Nutzen-Rechnung<br />

<strong>und</strong> der Interessenbestimmtheit der Politik<br />

scheitern zu lassen.<br />

Volkmar Deik ist seit 1990 Generalsekretär<br />

der deutschen Sektion von amnesty international.

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