Menschenrechte und Wirtschaft - Forschungsjournal Soziale ...
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ZWISCHEN ZENSUR UND INTERNET-KOMMUNIKATION BEEI<br />
HAUPTBEITRÄGE<br />
plomatischer Druck auf Menschenrechtsverletzer<br />
gestattet war. Das hat sich geändert, was<br />
erst einmal eine positive Entwicklung ist, weil<br />
<strong>Menschenrechte</strong> universell gültig sind. Doch<br />
auf einmal werden Menschenrechtsverletzungen<br />
als Gr<strong>und</strong> für militärische Interventionen<br />
herangezogen. Dabei ist die Durchsetzung der<br />
<strong>Menschenrechte</strong> mit kriegerischen Mitteln<br />
schon gr<strong>und</strong>sätzlich hochproblematisch. Dass<br />
zudem dabei selektiv vorgegangen wird, dass<br />
wie im Ost-West-Konflikt je nach den politischen<br />
<strong>und</strong> wirtschaftlichen Interessen wieder<br />
mit zweierlei Maß gemessen wird, versteht sich<br />
fast von selbst. Die Kriegs- <strong>und</strong> Katastrophenorientierung<br />
von CNN <strong>und</strong> anderen Medien<br />
schafft dafür das öffentliche Klima sowie das<br />
Gefühl der Bedrohung <strong>und</strong> der Hilflosigkeit,<br />
das nach einfachen <strong>und</strong> radikalen Antworten<br />
verlangt. Und es steht zu befürchten, dass das<br />
Erfolgsrezept von CNN einen Trend gesetzt<br />
hat, dem sich nicht nur in den USA immer<br />
weniger Sender entziehen können.<br />
Harald Gesterkamp ist verantwortlicher Redakteur<br />
des von amnesty international in Bonn<br />
herausgegebenen Magazins ai-JOURNAL.<br />
Peter Lange ist Redakteur beim Deutschlandradio<br />
in Köln <strong>und</strong> seit 1977 Mitglied bei amnesty<br />
international.<br />
Anmerkungen<br />
' Allein im Januar 1999 startete amnesty international<br />
.Urgent Actions' zu den Journalisten Clive<br />
Wilson, Mark Chav<strong>und</strong>uka <strong>und</strong> Ray Choto von<br />
,The Standard' aus Simbabwe, die über einen<br />
Putschversuch berichtet hatten; zu Grigory Pasko<br />
aus Rußland, der einen Film gedreht hatte, in dem<br />
zu sehen ist, wie Marinesoldaten radioaktiven Abfall<br />
im Meer entsorgten; sowie zu Cornel Sabou<br />
aus Rumänien, der in der Zeitung ,Ziua Nord-<br />
Vest' über finanzielle Machenschaften einer Richterin<br />
berichtet hatte.<br />
2<br />
In einer gemeinsamen Aktion mit amnesty international<br />
stellt die Zeitschrift ,M' der IG Medien<br />
monatlich das Schicksal eines verfolgten Kollegen<br />
vor. Mit Erfolg: In acht von 18 Fällen konnte<br />
seit Beginn der Aktion im April 1997 Menschen<br />
konkret geholfen werden: Journalisten wurden aus<br />
der Haft entlassen oder zumindest ihre Haftsituation<br />
verbessert, in einem Fall wurden ihre Peiniger<br />
vor Gericht gestellt (Gesterkamp 1999).<br />
3<br />
vor allem in den Internationalen Pakten über<br />
bürgerliche <strong>und</strong> politische sowie über wirtschaftliche,<br />
soziale <strong>und</strong> kulturelle Rechte, beide verabschiedet<br />
am 19. Dezember 1966.<br />
4<br />
Das geht so weit, daß einige Medien sich bei der<br />
Berichterstattung über den ai-Jahresbericht in den<br />
vergangenen Jahren auf das Kapitel über Deutschland<br />
konzentrierten, womit sie vier bis fünf von<br />
etwa 600 Seiten auswählten <strong>und</strong> 99 Prozent des<br />
Buches ignorierten.<br />
5<br />
Sowohl vor Ausbruch des Völkermordes in Ruanda<br />
1994 als auch vor der Zuspitzung des Kosovo-Konfliktes<br />
1998 hatte amnesty international vor<br />
der Eskalation gewarnt (vgl. Gesterkamp 1994 <strong>und</strong><br />
Beitz 1998). In den Medien fand das fast keine<br />
Beachtung. Wenig später war die Situation in diesen<br />
Ländern Aufmacher aller überregionalen Zeitungen<br />
<strong>und</strong> Nachrichtensendungen.<br />
6<br />
So wurden in China die Aufenthaltsgenehmigungen<br />
von FR-Korrespondent Henrik Bork 1995 <strong>und</strong><br />
von Spiegel-Korrespondent Jürgen Kremb 1998<br />
nicht verlängert, was einer Ausweisung gleichkam.<br />
7<br />
Wie sich die Gemengelage aus strukturellen Defiziten,<br />
Auswahlkriterien <strong>und</strong> internen Sachzwängen<br />
auf die Berichterstattung von Medien auswirkt,<br />
hat Peter Lange in einer Fallstudie am Beispiel<br />
eines Massakers in Lice im kurdischen Südosten<br />
der Türkei illustriert. Während die Agenturen<br />
entweder fast wörtlich die Darstellung der türkischen<br />
Behörden übernahmen, daß bei Kämpfen<br />
zwischen Armee <strong>und</strong> PKK Tote zu beklagen waren,<br />
oder sich in hilflosen Meldungen verhaspelten,<br />
die wenig erklären konnten, gab es erst Wochen<br />
später Hinweise darauf, daß es ein Massaker<br />
der türkischen Armee gegen Zivilisten gegeben<br />
haben könnte. Während die ersten Agenturmeldungen<br />
starke Verbreitung in den Medien fanden,