Menschenrechte und Wirtschaft - Forschungsjournal Soziale ...
Menschenrechte und Wirtschaft - Forschungsjournal Soziale ...
Menschenrechte und Wirtschaft - Forschungsjournal Soziale ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
FORSCHUNGSJOURNAL NSB, JG. 12, HEFT 1, 1999 3<br />
EDITORIAL<br />
sind 38 Menschenrechts-NGOs zusammengeschlossen,<br />
die am 22. September 1998, also<br />
bereits mehrere Tage vor der B<strong>und</strong>estagswahl,<br />
einen Forderungskatalog an die B<strong>und</strong>esregierung<br />
beschlossen, in dem sie eine neue Menschenrechtspolitik<br />
fordern.<br />
In diesem Katalog werden beispielsweise die<br />
Rückkehr zu internationalen Standards im<br />
deutschen Flüchtlings- <strong>und</strong> Ausländerrecht,<br />
die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, die<br />
Sicherung der sozialen Rechte sowie ein wirkungsvoller<br />
Schutz von Frauen <strong>und</strong> Kindern<br />
angemahnt 3<br />
. Zudem werden die Stellung der<br />
Menschenrechtspolitik als Querschnittaufgabe<br />
<strong>und</strong> damit außen- wie entwicklungspolitische<br />
Reformen <strong>und</strong> die Rücknahme restriktiver<br />
Sicherheitsgesetze eingeklagt.<br />
Eine große Anzahl internationaler Konventionen<br />
wurde bislang erst von wenigen Mitgliedern<br />
der internationalen Staatengemeinschaft<br />
ratifiziert. 4<br />
So ist in beiden genannten Katalogen<br />
auch die Forderung nach noch ausstehender<br />
Ratifizierung vorliegender Abkommen<br />
durch die B<strong>und</strong>esrepublik enthalten. 5<br />
In der bereits erwähnten B<strong>und</strong>estagsdebatte<br />
wurden denn auch nicht nur die Fortschritte in<br />
der Menschenrechtspolitik thematisiert, sondern<br />
auch auf die noch zu füllenden Lücken<br />
hingewiesen. So betont Wolfgang Thierse die<br />
Verpflichtung aller Demokraten, „eine aktive<br />
Menschenrechtspolitik zu gestalten (..., indem)<br />
Abgeordnete dieses Hauses, die in andere Länder<br />
reisen, dort auch mit Vertreterinnen <strong>und</strong><br />
Vertretern von Menschenrechtsorganisationen,<br />
mit Dissidenten <strong>und</strong> Verfolgten sprechen"<br />
(Deutscher B<strong>und</strong>estag 1998: 805). In den einzelnen<br />
Debattenbeiträgen 6<br />
werden konkrete<br />
politische Lösungen für den effektiven Schutz<br />
von Frauen, Kindern <strong>und</strong> Flüchtlingen vor<br />
Menschenrechtsverletzungen, der Einsatz gegen<br />
die Todesstrafe, die menschenrechtsadäquate<br />
Gestaltung b<strong>und</strong>esdeutscher Asyl-, Aussenwirtschafts-,<br />
Entwicklungs- <strong>und</strong> Rüstungsexportpolitik,<br />
soziale Standards in der Welt<br />
handelsordnung, die Durchsetzung eines internationalen<br />
Strafrechts <strong>und</strong> nicht zuletzt die<br />
politische Gestaltung wirkungsvoller Durchsetzungsinstrumente<br />
eingefordert.<br />
Viele dieser Forderungen werden von Menschenrechtsorganisationen<br />
seit Jahren aufgestellt<br />
<strong>und</strong> werden heute von Politikerinnen <strong>und</strong><br />
Politikern aller Parteien - zumindest rhetorisch<br />
- ebenfalls vertreten. Auch die Herausgeberinnen<br />
<strong>und</strong> Herausgeber des Jahrbuchs <strong>Menschenrechte</strong><br />
1999 stellen fest: „Nach einem<br />
halben Jahrh<strong>und</strong>ert ist es an der Zeit, dass der<br />
Akzent der internationalen Menschenrechtsbewegung<br />
<strong>und</strong> jeder Menschenrechtspolitik<br />
auf die Durchsetzung der <strong>Menschenrechte</strong> gelegt<br />
werden muss" (Arnim et al. 1998: 10,<br />
Hervorh. im Orig.).<br />
Die Einrichtung der oben genannten Organe<br />
EU-Menschenrechtsgerichtshof <strong>und</strong> Internationaler<br />
Strafgerichtshof, verb<strong>und</strong>en mit individuellem<br />
Klagerecht <strong>und</strong> einem internationalen<br />
Strafrecht, könnte einen entscheidenden<br />
Schritt zu dieser geforderten Durchsetzung<br />
von <strong>Menschenrechte</strong>n darstellen.<br />
Die Notwendigkeit eines ,Weltrechtsprinzips'<br />
sowie erste Schritte in diese Richtung (vgl.<br />
Geissler 1998: 20f) sind in jüngster Zeit am<br />
Beispiel des chilenischen Ex-Diktators Augusto<br />
Pinochet deutlich geworden. Das derzeit<br />
noch ausstehende Urteil der britischen Lordrichter<br />
hinsichtlich der Immunität des<br />
(Ehren-)Senators auf Lebenszeit <strong>und</strong> die mögliche<br />
Uberstellung zu einem Strafverfahren in<br />
Spanien könnten zeigen, dass Menschenrechtsverletzungen<br />
auch von Regierangschefs <strong>und</strong><br />
Staatsoberhäuptern nicht mehr ungestraft begangen<br />
werden können, <strong>und</strong> dass sich zunehmend<br />
auch ausländische Gerichte für zuständig<br />
erklären, sich beispielsweise mit Verbrechen<br />
gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen<br />
zu beschäftigen. Ein voll funktionsfähiger<br />
internationaler Strafgerichtshof<br />
böte für die Zukunft die Möglichkeit, Diktatoren<br />
<strong>und</strong> Menschenrechtsverletzer auch dann