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Anwaltsblatt 2000/11 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag

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Rechtsprechung<br />

Fälle wie der vorliegende sollten sich seit 1. 1. 1999 nicht wiederholen.<br />

Zu beachten ist allerdings das vielfach zu bemängelnde<br />

Sonderverfahrensrecht. So hat § 42 Abs 3 AVG idF BGBl 1998/I/<br />

158 als Folge 1998 kundgemachter BauO-Nov in OÖ nur eingeschränkt,<br />

und in Wien nie Wirksamkeit erlangt (§ 33 OÖ BauO<br />

1994 idF LGBl 1998/70; § 134 Abs 4 Wr BO, § 8 Abs 8 Wr<br />

KleingartenG, LGBl 1998/61). In anderen Bundesländern wurde<br />

der Bestimmung zwischenzeitig derogiert (tw zB durch § 22 Abs 3<br />

NÖ BO 1996, LGBl 8200-3). Bisweilen wird von den Ländern<br />

außer Kraft Getretenes einfach neu erlassen und so die Einheitlichkeit<br />

des Verfahrensrechts konterkariert (etwa § 8a BauPolG Sbg<br />

1997 idFd Nov <strong>2000</strong>).<br />

Sämtliche angeführten Bestimmungen betreffen die „übergangene<br />

Partei“. Oft wird dabei nur demjenigen das nachträgliche Erheben<br />

von Einwendungen ermöglicht, der zur mündlichen Verhandlung<br />

nicht ordnungsgemäß geladen war (§ 33 Abs 1 OÖ BauO 1994;<br />

§ 8a Sbg BauPolG 1997). Eben darauf stellt § 42 Abs 3 AVG<br />

aber nicht ab. Auch im vorliegenden Fall stand die Frage der ordnungsgemäßen<br />

Ladung außer Streit.<br />

Fazit: Nachbarn ist zur Obacht zu raten. Einwendungen sollte man<br />

im Zweifel vorsorglich erheben und nach Schluss der mündlichen<br />

Verhandlung in Ruhe ausführen. Für rechtsfreundlich Vertretene gilt<br />

zudem, dass ihnen gegenüber die Manuduktionspflicht iSd § 13a<br />

AVG nicht verletzt werden kann (VwGH 18. 3. 1994, 93/07/<br />

0166).<br />

Peter Kastner<br />

Gebühren- und Steuerrecht<br />

77<strong>11</strong><br />

§ 156 Abs 1 Tir LAO (= § 209 Abs 1 BAO)<br />

Ein Schreiben der AbgBeh, wonach bis Ende des<br />

Jahres eine Prüfung stattfinden müsste, diese<br />

Prüfung bei Zustimmung des AbgPfl aber ausgesetzt<br />

werden könnte, stellt eine nach außen erkennbare,<br />

zur Geltendmachung eines konkreten<br />

Abgabenanspruchs unternommene Amtshandlung<br />

dar und bewirkt die Unterbrechung der<br />

Festsetzungsverjährung.<br />

VwGH 25. 5. <strong>2000</strong>, 99/16/0379<br />

Sachverhalt:<br />

Der AbgPfl erhielt von der AbgBeh folgendes Schreiben: „Im Jahre<br />

1997 sollte Ihr Betrieb einer Getränkesteuer-, Lohnsummensteuerund<br />

Kommunalsteuer-Prüfung unterzogen werden. Aus zeitlichen<br />

und organisatorischen Gründen wurde die Prüfung nicht durchgeführt.<br />

Zur Vermeidung eines Prüfungsverfalles für das Jahr 1991/<br />

1992 müsste im Dezember 1997 noch eine Einschau bzw Amtshandlung<br />

stattfinden. Die Amtshandlung kann ausgesetzt werden,<br />

wenn Sie nachstehende Zustimmungserklärung bis spätestens Dezember<br />

1997 unterzeichnet retournieren.“ Der AbgPfl erklärte sich<br />

in der noch im Dezember bei der AbgBeh eingelangten Zustimmungserklärung<br />

bereit, dass die Prüfung erst im Jahr 1998 stattfinde.<br />

Strittig war, ob durch das Schreiben der AbgBeh die Festsetzungsverjährung<br />

für die genannten Abgaben iSd § 156 Abs 1 der Tiroler<br />

Landesabgabenordnung (Tir LAO) unterbrochen worden war.<br />

Abweisung als unbegründet.<br />

690 AnwBl <strong>2000</strong>/<strong>11</strong><br />

Spruch:<br />

Aus den Gründen:<br />

Gem § 156 Abs 1 Tir LAO (fast wortgleich § 209 Abs 1 BAO)<br />

wird die Festsetzungsverjährung durch jede zur Geltendmachung<br />

des Abgabenanspruchs oder zur Feststellung des AbgPfl von der<br />

AbgBeh unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung<br />

mit der Wirkung unterbrochen, dass die Verjährungsfrist mit Ablauf<br />

des Jahres neu zu laufen beginnt, in dem die Unterbrechung<br />

eingetreten ist.<br />

Die Amtshandlung muss, um Unterbrechungswirkung zu haben,<br />

nach außen wirksam und einwandfrei nach außen erkennbar sein.<br />

Schriftliche Erledigungen unterbrechen die Verjährung nur dann,<br />

wenn sie ihren Empfänger erreicht haben, diesem somit zugestellt<br />

wurden (vgl VwGH 12. <strong>11</strong>. 1997, 97/16/0217). Die Unterbrechungswirkung<br />

setzt die Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruchs<br />

voraus (vgl VwGH 19. 2. 1998, 97/16/0353).<br />

Die bloße Ankündigung, eine zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs<br />

oder zur Feststellung des AbgPfl dienende Handlung in<br />

Hinkunft erst unternehmen zu wollen, unterbricht die Verjährung<br />

nicht (vgl VwGH 1. 12. 1987, 85/16/0<strong>11</strong>1).<br />

Die Verjährung wird nicht nur durch abgabenbehördliche Prüfungen<br />

unterbrochen, sondern auch, wenn das Ziel einer nach außen<br />

gerichteten Amtshandlung in der Feststellung des AbgPfl und in<br />

der Geltendmachung eines Anspruchs besteht und der Weg zu<br />

diesem Ziel mit Hilfe von zur Zweckerreichung dienenden Verwaltungsmaßnahmen<br />

beschritten wird. Amtshandlungen, die objektiv<br />

geeignet sind, die Verjährung zu unterbrechen, wirken bereits mit<br />

ihrem Beginn auf die Verjährung und unterbrechen die Verjährungsfrist.<br />

Dementsprechend unterbricht zB schon die Vorweisung<br />

des Prüfungsauftrages oder die Ankündigung einer Buch- und Betriebsprüfung<br />

die Verjährung, dies auch dann, wenn die Prüfung<br />

(zB auf Wunsch des AbgPfl) sodann verschoben wird.<br />

Im vorliegenden Fall hat die AbgBeh in ihrem Schreiben eine konkrete<br />

Prüfung über einen bestimmten Prüfungszeitraum zu einem<br />

bestimmten Prüfungstermin angekündigt und somit den Weg zur<br />

Geltendmachung eines konkreten Abgabenanspruchs beschritten.

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