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zur Lehrerfortbildungsveranstaltung mit Rainer Kalter 24. März 2010 ...

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| Eric Hultsch | Ethik 3 Angewandte Ethik | WS |<br />

nachzugehen. Die Existenz des Disziplin- oder Fairness-Ko<strong>mit</strong>ees im Alltagsleben der Schule (es<br />

trifft sich allwöchentlich) entpersönlicht und entmystifiziert die Beziehung zwischen den Prozessen<br />

der Regelerstellung und der Regeldurchsetzung. Angemessene Sanktionen für ihre Kameraden zu<br />

diskutieren und zu beschließen, hilft den im Disziplin-Ko<strong>mit</strong>ee vertretenen Schülern, eine Balance<br />

zwischen der Aufrechterhaltung der Loyalität gegenüber einem Freund und der Erfüllung der eigenen<br />

Verantwortlichkeit gegenüber der Gruppe zu verwirklichen.<br />

In jeder Just Community-Schule entwickeln sich die Rolle und die Pflichten des Disziplin- bzw.<br />

Fairness-Ko<strong>mit</strong>ees <strong>mit</strong> der Zeit. Da das Ko<strong>mit</strong>ee für die Schule oder das Programm handelt, wird<br />

es verständlich, dass die Individuen, aus denen es sich zusammensetzt, eine schulweite Verantwortung<br />

erfüllen. In diesem Sinne wird die Mitgliedschaft als eine Pflicht gesehen, nicht als etwas,<br />

zu dem man sich aus Interesse freiwillig meldet. Das bedeutet, dass die meisten Schüler und Lehrer<br />

eine gewisse Zeitspanne während des Schuljahres einen Dienst in diesem Ko<strong>mit</strong>ee leisten. Da<br />

das Disziplin- oder Fairness-Ko<strong>mit</strong>ee die Gemeinschaft repräsentiert, kann gegen die von ihm getroffenen<br />

Entscheidungen auch Berufung vor der gesamten Gemeinschaft eingelegt und eine<br />

Überprüfung und erneute Behandlung erzwungen werden. Die gravierendste Entscheidung, der<br />

Ausschluss eines Schülers oder einer Schülerin aus dem Programm, wird - nach einer Ausgangsentscheidung<br />

im Disziplin- oder Fairness-Ko<strong>mit</strong>ee - immer der Gemeinschaftsversammlung vorgelegt.<br />

Es war in allen Just Community-Schulen so, dass die Pflichten dieser Ko<strong>mit</strong>ees sich <strong>mit</strong> dem zweiten<br />

oder dritten Jahr des Bestehens der Schule ausweiteten und dann auch die Anhörung von<br />

Streitfällen zwischen Schul<strong>mit</strong>gliedern einschlossen. In solchen Fällen agiert das Ko<strong>mit</strong>ee eher als<br />

Ver<strong>mit</strong>tlungsinstanz und als Gruppe wohlwollender Zuhörer, die den beteiligten Personen helfen,<br />

ihren Konflikt dadurch beizulegen, dass sie sich in den Blickwinkel des jeweils anderen versetzen<br />

und zu einem wirklichen Verständnis der anderen Position gelangen.<br />

Die letzte institutionelle Komponente will ich nur kurz erwähnen. Die Anwendung von Kohlbergs<br />

Theorie der Moralentwicklung auf (62) die Erziehung begann <strong>mit</strong> der Diskussion hypothetischer<br />

Moraldilemmas in der Schulklasse. Es wurden dann Curricula in Englisch, Sozialkunde, Geschichte<br />

und Biologie entwickelt, in denen einige der zentralen Ideen und Probleme in Form moralischer<br />

Dilemmas vorgestellt werden, und die die Technik der Moraldiskussion als Unterrichtsmethode<br />

nutzen. Jedes der hier beschriebenen Schulprogramme hat wenigstens einen Kurs- oft in Zusammenhang<br />

<strong>mit</strong> dem Englischunterricht - ins Leben gerufen, in dem das grundlegende Element darin<br />

besteht, moralische Dilemmas zu diskutieren, selbst zu schreiben und in literarischen Texten zu<br />

identifizieren.<br />

In Anbetracht der Ziele und der Natur dieses Erziehungstyps ist die Rolle der Lehrerin entscheidend.<br />

Sie muss jemand sein, die eine gedankenreiche Diskussion erleichtert, und sie muss zugleich<br />

eine Advokatin der Gemeinschaft sein, ihres Wohlergehens und ihrer Regeln. (Abgesehen<br />

davon muss sie natürlich eine qualifizierte Fachlehrerin sein.) Lehrer müssen sich ihres eigenen<br />

Denkens und ihrer Meinungen über Werte und Fragen von "richtig" und "falsch" bewusst sein, und<br />

sie müssen fähig sein, sie in der Öffentlichkeit zu artikulieren, zu reflektieren und manchmal zu<br />

ändern im Lichte der Probleme und Ziele der Gerechten Gemeinschaft zu einem bestimmten<br />

Zeitpunkt. Lawrence Kohlbergs Beschreibung des Falles von Laurie (in diesem Band), der sich an<br />

der Scarsdale Alternative School ereignet hat, ist ein Beispiel dafür.<br />

Lehrerfortbildung ist ein integraler Bestandteil der Ver<strong>mit</strong>tlung eines auf moralischer Diskussion<br />

beruhenden Curriculums, und sie ist Voraussetzung dafür, dass jemand Lehrer in einem Just<br />

Community-Programm werden kann. Kohlberg führt gemeinsam <strong>mit</strong> praktizierenden Lehrern aus<br />

diesen Schulen jeden Sommer an der Harvard-Universität einen entsprechenden Intensivkurs<br />

durch. Edwin Fenton von der Carnegie-Mellon Universität in Pittsburgh hat ähnliche Kurse durchgeführt.<br />

Zur Fortbildung liegen diverse Bücher und Manuale vor, mehrere Schulen und Universitäten<br />

bieten Workshops in diesem Bereich an. Ralph Mosher von der Bostoner Universität sendet,<br />

| Pädagogische Hochschule Steiermark | Materialbox | Seite 12 von 80 |

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