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zur Lehrerfortbildungsveranstaltung mit Rainer Kalter 24. März 2010 ...

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| Eric Hultsch | Ethik 3 Angewandte Ethik | WS |<br />

(b) Die Vorbereitungsgruppe. Sie wird gewählt aus Personen, die alle Klassen repräsentieren, zum<br />

Beispiel pro Klasse ein oder zwei Schüler und zwei Lehrpersonen für die Gesamtheit des Kollegiums.<br />

Das Mandat wechselt regelmäßig, zum Beispiel bleiben ein Schüler und ein Lehrer über<br />

zwei Versammlungender Gerechten Gemeinschaft hinweg in der Gruppe, dazwischen wechseln je<br />

ein Schüler und ein Lehrer (rotierendes Verfahren). Die Aufgabe der Vorbereitungsgruppe ist es,<br />

die Themen für die nächste Versammlung in den Klassen zu sammeln, die Tagesordnung vorzubereiten,<br />

die Gestaltung des Ablaufs zu planen und die Versammlung zu leiten. Themen in der<br />

Sekundarstufe I waren zum Beispiel Rauchen in den Toiletten, Zerstörung von Tischen und Bänken,<br />

Rache durch Zerstörung von Fahrrädern, Planung einer Weihnachtsfeier, das Zuspätkommen<br />

von Lehrern usw. In Grundschulen sind die Themen oft ähnlich. Allerdings sollte man hier besonders<br />

darauf achten, nicht zu viele Versammlungen aneinander zu reihen, die sich <strong>mit</strong> der Einführung<br />

und Kontrolle von Regeln beschäftigen. Die Kinder nehmen <strong>mit</strong> größerer Freude teil, wenn es<br />

zwischendurch genügend Anlässe für Formen der Mitgestaltung des Schullebens gibt, die nicht<br />

aus Konflikten entstehen und nicht auf Konflikte gerichtet sind, etwa eine gemeinsam geplante und<br />

realisierte Verschönerung der Flure oder des Schulhofs oder die gemeinsame Planung und Durchführung<br />

eines schulweiten Ausflugs oder Schulfests. Gelegenheiten zum sozialen Lernen gibt es<br />

auch hier allemal, zum Beispiel wenn bei diesen Aktivitäten speziell darauf geachtet werden muss,<br />

dass die Jüngeren wie die Älteren kooperieren und ein gemeinsamer Nenner gefunden werden<br />

muss, der den Bedürfnissen aller gerecht wird.<br />

(c) Der Ver<strong>mit</strong>tlungsausschuss. Es ist das ausführende und beratende Organ. Im Gegensatz zum<br />

Vorbereitungsausschuss muss hier die Gruppe über längere Zeit [249] stabil beisammen bleiben,<br />

das heißt, die Wahl der Mitglieder muss sehr sorgfältig vorbereitet sein, da sie über längere Zeiträume<br />

hinweg die Aufgabe wahrnehmen müssen.<br />

Dieser Ver<strong>mit</strong>tlungsausschuss (in den amerikanischen Just Community-Schulen Fairness Com<strong>mit</strong>tee<br />

genannt) achtet darauf, dass die Beschlüsse des Parlaments ausgeführt werden, berät Schüler,<br />

die solche Beschlüsse übertreten, oder andere Jugendliche, die Schwierigkeiten haben, und -<br />

daher der Name - er ver<strong>mit</strong>telt im Streit zwischen Einzelnen oder zwischen Gruppen (etwa zwischen<br />

zwei Klassen). Auch der Schulleiter ist im Ver<strong>mit</strong>tlungsausschuss präsent. Der Ver<strong>mit</strong>tlungsausschuss<br />

ist ein sehr wirksames Instrument der Verhaltensreflexion. Denn die Schüler und<br />

Schülerinnen ziehen es meist vor, von den Lehrern bestraft zu werden, als sich vor dem Ver<strong>mit</strong>tlungsausschuss<br />

zu rechtfertigen und Ratschläge von Klassenkameraden anhören zu müssen. In<br />

einer Sitzung des Ver<strong>mit</strong>tlungsausschusses der Gutenbergschule wurden folgende drei Themen<br />

behandelt: Ein Schüler hatte Schwierigkeiten, die Regeln des "Friedenstiftens" einzuhalten. Er<br />

wollte beständig überall kleine Streitigkeiten beginnen. Er musste sich rechtfertigen. Es wurde beschlossen,<br />

ihm einen anderen Schüler als Paten oder als Hilfe beizugeben. Ein zweiter Schüler<br />

hatte Konflikte <strong>mit</strong> einem Lehrer. Beide wollten vor dem Ver<strong>mit</strong>tlungsausschuss sprechen. Ein dritter<br />

Schüler war nicht fähig, sich nach der Beschädigung von Gegenständen vor anderen zu entschuldigen.<br />

Weil dies zwei-, dreimal vorgekommen war, wollte die Klasse, dass er sich vor dem<br />

Ver<strong>mit</strong>tlungsausschuss rechtfertigt. - In den seltensten Fällen spricht der Ver<strong>mit</strong>tlungsausschuss<br />

Strafen aus. Die Forschergruppe um Kohlberg hat ein Manual <strong>mit</strong> Verhaltensregeln für das Fairness<br />

Com<strong>mit</strong>tee ausgearbeitet (Wasserman u.a., 1979). Jeder, der hinein gewählt wird, muss lernen,<br />

vertrauenswürdig zu sein. In keinem Fall ist der Ver<strong>mit</strong>tlungsausschuss ein Kindergericht. Es<br />

hat sich erwiesen, dass es eher umgekehrt ist: Kinder suchen <strong>mit</strong> der Zeit Hilfe für ihre Sorge beim<br />

Ver<strong>mit</strong>tlungsausschuss. Und dieses Gremium versucht, gemeinsam <strong>mit</strong> den Kindern Lösungen zu<br />

finden.<br />

Eine erfolgreich praktizierte Analogie auf Klassenebene hinsichtlich der Ver<strong>mit</strong>tlungsaufgaben findet<br />

sich in pädagogischen Mediationskonzepten, insbesondere in den so genannten Streitschlichter-Programmen<br />

(z.B. Faller, 1998; Faller, Kerntke & Wackmann, 1996). Eine schweizerische Just<br />

Community-Grundschule hat ein solches Programm zum Zentrum ihrer Arbeit gemacht. In den<br />

Versammlungen wurde zuerst über Streitanlässe gesprochen, um die Kinder für die Entstehung<br />

von Gewalt zu sensibilisieren, dann darüber, wie man Konflikte ("Streit") vermeiden und wie man<br />

intervenieren kann. Danach wurde in den Klassen das Amt des "Streitschlichters" eingeführt. Die<br />

Auswirkungen auf das Schulklima waren beeindruckend: Mehr und mehr wurden die "Rowdys"<br />

| Pädagogische Hochschule Steiermark | Materialbox | Seite 28 von 80 |

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