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zur Lehrerfortbildungsveranstaltung mit Rainer Kalter 24. März 2010 ...

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| Eric Hultsch | Ethik 3 Angewandte Ethik | WS |<br />

das wir Schule nennen, besteht deshalb darin, eine vereinfachte Umwelt bereitzustellen. Sie wählt<br />

diejenigen Züge aus, die einigermaßen grundlegend sind, und die den Fähigkeiten der Jungen<br />

entsprechen. Ferner stellt sie eine fortschreitende Ordnung her, indem sie die zuerst angeeigneten<br />

Faktoren als Mittel verwertet, um Einsicht in verwickeltere Gegenstände zu gewinnen. Die zweite<br />

Aufgabe der Schule besteht darin, den Einfluss wertloser und wertwidriger Züge der existierenden<br />

Umwelt auf die geistigen Gewohnheiten nach Möglichkeit auszuschalten. Sie schafft eine gereinigte<br />

Atmosphäre des Handelns. Die Auswahl bezweckt nicht nur eine Vereinfachung, sondern auch<br />

ein Ausjäten des Unerwünschten. Jede Gesellschaft ist durchsiebt <strong>mit</strong> Wertlosem, <strong>mit</strong> toten Überresten<br />

der Vergangenheit und <strong>mit</strong> positiv Schlechtem. Die Schule hat die Pflicht, solche Dinge aus<br />

der Umwelt, die sie herstellt, auszuschalten und dadurch zu tun, was sie kann, um ihrem Einfluss<br />

in der gewöhnlichen sozialen Umgebung entgegenzuwirken. Indem sie ausschließlich das Beste<br />

für ihren Gebrauch aussucht, bemüht sie sich, seine Macht zu verstärken. Wenn eine Gesellschaft<br />

aufgeklärter wird, erkennt sie, dass es ihre Pflicht ist, nicht alle ihre gegenwärtigen Leistungen weiterzugeben,<br />

sondern nur diejenigen, die im Sinne einer besseren Gesellschaft der Zukunft wirken.<br />

Die Schule ist die wichtigste Einrichtung im Dienste dieser Aufgabe.<br />

[40] Die dritte Aufgabe der Schule besteht darin, die verschiedenen Faktoren in der sozialen Umgebung<br />

gegeneinander auszubalancieren und dafür zu sorgen, dass jeder einzelne Gelegenheit<br />

findet, sich den Beschränkungen derjenigen sozialen Gruppe, in die er hineingeboren ist, zu entziehen<br />

und in lebendige Berührung <strong>mit</strong> einer breiteren Umgebung zu kommen. Begriffe wie "Gesellschaft"<br />

und "Gemeinschaft" sind irreführend, weil sie uns leicht auf den Gedanken bringen,<br />

dem einzelnen Wort entspräche ein einzelnes Ding. In Wirklichkeit ist eine moderne Gesellschaft<br />

ein Gewebe vieler, mehr oder weniger innig verbundener Gesellschaften. Jeder Haushalt <strong>mit</strong> seinem<br />

nächsten Freundeskreis bildet eine Gesellschaft; die Dorf- oder Straßengruppe von Spielgefährten<br />

ist eine Gemeinschaft; jede wirtschaftliche Gruppe, jeder Klub ist eine solche. Über den<br />

Rahmen dieser festeren Gruppen hinaus gibt es in einem Lande eine große Mannigfaltigkeit von<br />

Rassen, religiösen Gemeinschaften, wirtschaftlichen Gruppen. Innerhalb einer modernen Stadt<br />

gibt es - trotzdem sie dem Namen nach eine politische Einheit darstellt - mehr Gemeinschaften,<br />

mehr verschiedene Sitten, Überlieferungen, Wünsche und Formen der Herrschaft und Unterordnung<br />

als in früheren Zeiten in einem ganzen Erdteil.<br />

Jede dieser Gruppen übt einen formenden Einfluss auf die Handlungsdispositionen ihrer Mitglieder<br />

aus. Eine Clique, jeder Klub, jede Bande, ein Diebshaushalt, die Gefangenen in einem Gefängnis<br />

stellen eine erziehliche Umgebung für diejenigen dar, die in ihre Gesamt- oder Gemeinschaftsbetätigung<br />

eintreten genau ebenso wie eine Kirche, eine Gewerkschaft, ein Geschäftskonzern oder<br />

eine politische Partei. Sie alle sind Formen des Zusammenlebens, ganz so wie eine Familie, eine<br />

Stadt oder ein Staat. Es gibt auch Gemeinschaften, deren Glieder wenig oder gar keine un<strong>mit</strong>telbare<br />

Berührung <strong>mit</strong>einander haben, wie z. B. die Künstlerschaft, die Republik der Wissenschaften<br />

oder die Klasse der höheren akademischen Berufe, deren Mitglieder über die ganze Erde verstreut<br />

sind; sie sind in der Tat Gemeinschaften, denn sie haben gemeinsame Ziele, und das Handeln<br />

jedes ihrer Mitglieder wird un<strong>mit</strong>telbar beeinflusst durch das Wissen um das, was andere Mitglieder<br />

tun.<br />

[41] In alter Zeit war die Verschiedenheit der Gruppen im Wesentlichen eine geographische. Es<br />

gab viele Gesellschaften, aber innerhalb ihres eigenen Gebietes war jede im Wesentlichen einheitlich.<br />

Aber <strong>mit</strong> der Entwicklung des Handels, des Transportwesens, des Schreib- und Sprechverkehrs,<br />

der Auswanderung hat sich dies geändert. Länder, wie die Vereinigten Staaten, sind heute<br />

aus einer Menge verschiedener Gruppen <strong>mit</strong> sehr verschiedenen überlieferten Sitten und Gewohnheiten<br />

zusammengesellt. Gerade diese Sachlage hat - wahrscheinlich mehr als alles andere -<br />

dazu gezwungen, etwas wie eine einheitliche und wohl ausgewogene Umgebung für die Jungen<br />

bereitzustellen. Nur auf diesem Wege kann man den auseinanderstrebenden Kräften, die durch<br />

das Nebeneinander verschiedener Gruppen innerhalb derselben politischen Einheit ausgelöst<br />

werden, entgegenwirken. Das Miteinander der Jugend verschiedener Rassen, Religionen und Sitten<br />

in der Schule schafft für alle eine weitere und reichere Umwelt. Der gemeinsame Lehrstoff gibt<br />

allen den einheitlichen Ausblick auf einen weiteren Gesichtskreis, als ihn die Mitglieder irgendeiner<br />

der beteiligten Gruppen besitzen, wenn sie isoliert sind. Die vereinheitlichende Kraft der amerika-<br />

| Pädagogische Hochschule Steiermark | Materialbox | Seite 70 von 80 |

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