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zur Lehrerfortbildungsveranstaltung mit Rainer Kalter 24. März 2010 ...

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Lind:DasDilemma liegt imAugedes Betrachters<br />

haben.AberdagibtesvielleichtauchNeidbeidenNachbarn,wennsieplötzlichvielGeldhat.”<br />

Andere “konstruieren” (meist nicht bewusst) ein soziales Beziehungsproblem: “Lara wird sich<br />

ihrer Familie entfremden.” “Es wird fürsie schwierig, dort weiter zu wohnen, wo sie bislang<br />

wohnt.Siemussfortziehen.” OdersieseheneinreligiösesProblemimVordergrund: “Daskann<br />

sie<strong>mit</strong>ihremGlaubennichtvereinbaren.” Oderauch: “IndiesenLändernistderGlaubesowieso<br />

ehereinRitual,undbedeutetwenig(!)fürdieMenschen”.AndereTeilnehmersehendieGesetze<br />

verletzt: “Wieindenmeisten Ländernistsicherauchin Laras HeimatAbtreibungverbotenund<br />

dasistes,umwasessichhierwirklichhandelt.” WiederandereTeilnehmermeinen,dasseszwar<br />

unmoralisch sei, seinen Körper zu verkaufen, dass Lara aber <strong>mit</strong> dem erzielten Gewinn ihrer<br />

Familieund,alsLehrerin,auchanderenKindernspäterzueinembesserenLebenverhelfe könne,<br />

oder dass zwar eine Notlage bestünde, die Laras Entscheidungen entschuldbar macht, dass sie<br />

aber dadurch ein Gesellschaftssystem begünstigt, in dem Reiche sich auf Kosten von Armen<br />

Gesundheiterkaufen.<br />

Diese Frage, ob Lara richtig oder falsch entschieden hat bzw. ob es generell richtig oder falsch<br />

ist,wasLaraimBegriffistzutun,istimherkömmlichenEthikunterrichtoftderAusgangspunkt<br />

einerethisch-philosophischenErörterungdesLehrersodereinesUnterrichtsgesprächs.Beieiner<br />

Dilemmadiskussion nach der Konstanzer MethodewurdedieFrage nachrichtigoder falsch bis<br />

zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gestellt (jedenfalls nicht öffentlich, sondern nur auf dem<br />

Papier, das die Schüler zum Nachlesen bekommen, nachdem die Dilemmageschichte verbal<br />

dargestelltwurde).DieseFragewirdbeidieserMethodebewusst<strong>zur</strong>ückgehalten,weil,wieoben<br />

deutlich wurde, wir gar nicht sicher sein können, ob sie überhaupt als eine moralische Frage<br />

verstanden wird und wenn ja, als welche Art von moralischer Frage, und weil wir daher auch<br />

nichtsichersein können,dassdieSchülerInnenausdenAntwortenundderDiskussion überdiese<br />

Antworten etwas Moralisches lernen können. Durch eine beliebige Diskussion über eine<br />

kontroverseEntscheidung könnenSchüleramEndeallesandereals moralisch zuurteilenlernen.<br />

Sie können zum Beispiel wie in einem Debattierclub lernen, wie man sich <strong>mit</strong> Witz und<br />

Schlagfertigkeit durchsetzt, ohne dass es dabei auf irgendwelche moralischen Prinzipien<br />

ankommt. Ja es kann sogar sein, dass dabei moralische Überlegungen nur als hinderlich<br />

betrachtet werden.<br />

Wenn wir wollen, dass Schüler das Dilemma, <strong>mit</strong> dem der Lehrer sie konfrontiert, moralisch<br />

diskutieren und hierdurch am Ende ihr moralisches Lernen befördert wird, so müssen wir der<br />

Frage höchsteAufmerksamkeitschenken,obdie “pädagogische” vorgegebeneDefinitionsich -<br />

<strong>mit</strong> der Definition der (meisten) Schüler deckt oder wenigstens überlappt. Sonst bewirkt diese<br />

Aufgabenstellung nicht das, was intendiert war. Wenn diese Eingangsphase der “Dilemma-<br />

Klärung” erkennen lässt, dass die Schüler kein moralisches Dilemmaerkennen können, wowir<br />

einswähnen,solltedasThemanichtweiterverfolgtwerden.Mankann moralisches Lernennicht<br />

PdN-BioS 1/55, Jg. 2006 7

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