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zur Lehrerfortbildungsveranstaltung mit Rainer Kalter 24. März 2010 ...

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| Eric Hultsch | Ethik 3 Angewandte Ethik | WS |<br />

toritäten, und zugleich die Begegnung <strong>mit</strong> manifest widersprüchlichen und relativistischen Werten<br />

und Urteilsmaßstäben. In Konflikt gerieten hier die konventionelle Moral der Person und eine Welt<br />

voll von Handlungsmöglichkeiten, welche <strong>mit</strong> konventioneller Moral nicht zusammengingen. Manche<br />

unserer anderen Probanden veränderten sich in zugespitzteren moralischen Situationen, die<br />

einen Konflikt über die Angemessenheit der konventionellen Moral entfachten. Einer ging beispielsweise<br />

vom konventionellen zum prinzipienorientierten Denken über, als er als Offizier in<br />

Vietnam diente - ersichtlich deshalb, weil er sich des Widerspruchs bewusst wurde, in dem die<br />

,,Armee-Moral" und ihre auf "Gesetz und Ordnung" ausgerichtete Mentalität <strong>mit</strong> den universelleren<br />

Rechten der Vietnamesen standen.<br />

Moralentwicklung und Ich-Entwicklung<br />

Wenn man von den allgemeinen Merkmalen einer Umwelt zu den besonderen Lebenserfahrungen<br />

der Individuen, die moralische Veränderungen fördern, übergeht, dann beginnt eine Theorie der<br />

kognitiven Entwicklung in ihrer Abstraktheit als relativ begrenzt zu erscheinen. An diesem Punkt<br />

fängt man an, sich Theorien wie derjenigen Eriksons (1973, 1971)zuzuwenden, in denen alterstypische<br />

emotionale Erfahrungen der sich entwickelnden Persönlichkeit (oder des "Selbst") geschildert<br />

werden. Es wird dann hilfreich, neben der Moralstufe auch das Ich-Niveau des Individuums zu<br />

betrachten. Theorien der Ich-Entwicklung stellen in dieser Hinsicht mögliche Erweiterungen der<br />

kognitiv-entwicklungsorientierten Theorie bei ihrem Aufbruch <strong>zur</strong> Untersuchung individueller Leben<br />

und Lebensgeschichten dar. Es gibt in der Entwicklung der sozialen Wahrnehmung und Werte<br />

eine umfassende Einheit, die man zu Recht <strong>mit</strong> dem Terminus "Ich-Entwicklung" belegt. Diese<br />

Einheit stellt man sich vielleicht besser als eine Sache von Niveaus denn von strukturellen Stufen<br />

vor, da die Einheit der Ich-Niveaus anderer Natur ist als die der logischen oder moralischen Stufenstrukturen.<br />

Die Konsistenzanforderungen sind im Bereich von Logik und Moral viel strikter als<br />

im Bereich der Persönlichkeit, die eine psychologische und eben keine logische Einheit darstellt.<br />

Obendrein gibt es in logischen und moralischen Hierarchien [58] relativ eindeutige Kriterien für<br />

zunehmende Angemessenheit, die hinsichtlich der Ich-Entwicklung fehlen.<br />

Da die Moralstufen eine straffere, vereinheitlichende Struktur aufweisen, wäre es falsch, sie einfach<br />

als Spiegelungen der umfassenderen Ich-Niveaus zu begreifen. Dennoch haben Autoren wie<br />

Peck und Havighurst (1960) oder Loevinger und Wessler (1970) die Moralentwicklung als Teil, ja<br />

sogar als Bezugsgröße allgemeiner Stufen der Ich- oder Charakter-Entwicklung behandelt. Wenn<br />

man die Ich-Entwicklung als sukzessive Umstrukturierung der Beziehung zwischen dem Selbst<br />

und normativen Standards begreift, dann liegt es von der Natur der Sache her nahe, Veränderungen<br />

im Bereich der Moral als Bezugsgröße für Ich-Entwicklung zu verwenden. Man geht ja auch<br />

davon aus, dass es in den Beziehungen des Selbst zu Werten in anderen Bereichen wie Arbeit,<br />

Geselligkeit, Kunst, Politik, Religion usw. zu ähnlichen Umstrukturierungen kommt.<br />

Wir vertreten demgegenüber die Auffassung, dass den Moralstrukturen eine besondere Einheitlichkeit<br />

und Konsistenz zukommt, dass die formale Moralphilosophie die Kennzeichen definiert hat,<br />

die allein moralischen Strukturen eigen sind, und dass man einen großen Teil der besonderen<br />

Probleme und Merkmale von Moralentwicklung verfehlt, wenn man sie einfach als Facette der Ich-<br />

Entwicklung (oder der kognitiven Entwicklung) behandelt. Wir glauben, dass<br />

(1.) kognitive Entwicklung und kognitive Strukturen von allgemeinerer Natur sind als die Strukturen<br />

des Ich bzw. Selbst und als das moralische Urteil, und dass sie sich in letzteren niederschlagen;<br />

(2.) generalisierte Ich-Strukturen (Weisen der Wahrnehmung des Selbst und sozialer Beziehungen)<br />

von allgemeinerer Natur sind als Moralstrukturen und in diesen zum Ausdruck kommen;<br />

(3.) kognitive Entwicklung eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung von Ich-<br />

Entwicklung ist;<br />

(4.) bestimmte Merkmale von Ich-Entwicklung eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung<br />

für die Entwicklung moralischer Strukturen sind;<br />

| Pädagogische Hochschule Steiermark | Materialbox | Seite 51 von 80 |

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