Mit dem Roller durch Südwesteuropa - Lenel
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<strong>Mit</strong> <strong>dem</strong> <strong>Roller</strong> <strong>durch</strong> <strong>Südwesteuropa</strong> 40<br />
Gottesdienst stattfindet. Quer <strong>durch</strong> die Hügel laufe ich zum Musée Marc Chagall. Das Eintrittsgeld, fast 10 Euro,<br />
ist extrem hoch. Es hat allerdings eine sehr kleine, aber hochwertige Sammlung von Bildern Marc Chagalls.<br />
Zu<strong>dem</strong> läuft ein fast einstündiger Film über ihn. Schade ist, dass man das Mosaik im Innenhof nur <strong>durch</strong> die<br />
(dreckige) Scheibe betrachten kann. Ich laufe den Berg hinauf zum Ortsteil Cimiez. Als erstes sehe ich die nicht<br />
sehr gut erhaltenen Überreste der römischen Arena. Ich besuche das danebenliegende Musée Matisse, das einen<br />
Querschnitt aus seinem Lebenswerk zeigt. Danach setze ich mich zu einem Konzert, das ein offensichtlich aus<br />
Hobbymusikern bestehendes Orchester der Stadt kostenlos im Park gibt. Da die Zeit drängt, muss ich vor seinem<br />
Ende weiter – die Museen schliessen um 18 Uhr. Ich besuche die Kirche des Monastère de Cimiez. Sie hat – in<br />
Frankreich ungewöhnlich – bemalte Decken. Daneben liegt der Friedhof von Cimiez, dort besuche ich das Grab<br />
von Henry Matisse, dessen Deckel mit Steinen und Tannzapfen belegt ist. Ich besuche noch das Musée Archeologique,<br />
wo man einerseits die römischen Ruinen von Cemenelum betrachten kann – das meiste sind Bäder –<br />
und es andererseits Exponate aus der Römerzeit und eine Sonderausstellung zum Thema Schifffahrt hat. Ich<br />
schaffe es, den Pfad zwischen Cimiez und <strong>dem</strong> Stadtviertel, wo mein Hostel liegt zu finden und komme zu Fuss<br />
zurück.<br />
Norditalien und Tessin<br />
24.09.12 Nizza-Genua Ich bin einer der ersten beim Frühstück. Die Grippe ist etwas weniger schlimm als gestern.<br />
Um acht Uhr fahre ich ab. Es regnet. Die Strasse ist wie mit Schmierseife eingeseift, jegliche Bremsmanöver<br />
sind zwecklos. Der Morgenverkehr in Nizza ist – obwohl Scootern alles erlaubt ist – völlig verstopft. Ich bin<br />
unrasiert wegen fehlender Batterien und der Casino Supermarkt ist noch geschlossen, genauso der Intermarché.<br />
Ich fahre weiter. Irgendwann hören die Schilder Monaco auf und ich folge den Schildern Monaco par Corniche.<br />
Die führen mich über einen Pass – dies wäre unnötig gewesen, ich hätte <strong>dem</strong> Ufer folgen können. In Monaco<br />
halte ich kurz an, doch ich fahre gleich weiter, denn ich habe heute eine grosse Reise vor mir: Die ganze Strecke<br />
bis Genua, über 200km, ist alles innerorts. Ausgangs Monaco muss ein Polizist gesehen haben, wie ich zweimal<br />
um den Kreisel herumfuhr, weil ich die richtige Richtung nicht fand. Er nimmt mich heraus, um mich zu kontrollieren,<br />
doch eigentlich will er nur wissen, wie ich reise und wo ich gewesen bin. Offensichtlich ist ihm langweilig.<br />
Ich erzähle alles bereitwillig. Dann fahre ich weiter, Richtung Menton, wo ich vor der Festung halte. Nach<br />
einer Foto geht es weiter. In Ventimiglia kaufe ich mir in einem Supermarkt Sandwiches (ich weiss, verboten)<br />
und esse sie mit doppeltem Genuss (deswegen) am Meeresufer und lese dann in meinem Buch. Doch der Himmel<br />
verdunkelt sich und es ertönt Donner. So packe ich rasch zusammen und fahre weiter, in der Hoffnung, <strong>dem</strong><br />
Unwetter zu entkommen. Doch das Unwetter holt mich ein, denn es kommt von der entgegengesetzten Seite. Der<br />
Regen ist so dicht, dass man überhaupt nichts mehr sieht. Ich blinzle über den Rand meiner Brille hinweg und<br />
fahre trotz <strong>dem</strong> Regen, der so dicht ist, dass man selbst so nur zwei oder drei Meter weit sieht, weiter. Das Wasser<br />
steht bis zu 20cm hoch in der Strasse und das Motorrad schwimmt auf, wenn man hin<strong>durch</strong> fährt, was einem<br />
für einen Moment die Kontrolle verlieren lässt. Es ist einer der schlimmsten Regenstürme, die ich je erlebt habe.<br />
Als ein Blitz direkt vor meinem Motorrad einschlägt, kriege ich einen Riesenschreck und halte in San Lorenzo<br />
an. Unter einem Vordach warte ich, bis das Schlimmste vorbei ist. Kaum regnet es nicht mehr ganz so stark, fahre<br />
ich weiter. Trotz Regenkombi bin ich völlig <strong>durch</strong>nässt. Bei Alassio kommt die Sonne wieder heraus. Der Regen<br />
hatte auch etwas Gutes, er hat die glitschige Staubschicht von der Strasse weggeschwemmt. In Albenga tanke<br />
ich auf – der Tankwart ist stinkehässig, dass ich ihm kein Trinkgeld gebe, denn ich musste selbst auftanken,<br />
lediglich habe ich auf der in Italien unüblichen Barzahlung bestanden – einerseits wollen sie, dass man mit <strong>dem</strong><br />
Automaten auftankt, andererseits akzeptieren die Automaten nur italienische Kreditkarten. Kurz danach, in Bergeggio<br />
läuft mir unvermittelt eine riesengrosse Hirschkuh von links her vor den Scooter. Da ich langsam fahre<br />
und Bremsbereitschaft habe, kann ich einen Zusammenstoss knapp verhindern und hupe das Tier weg von der<br />
Fahrbahn. Ich kann sogar die nachfolgenden Fahrzeuge warnen, befürchte aber, dass das Tier danach auf die<br />
Fahrbahn zurückgekehrt ist. Keine Ahnung, was eine Hirschkuh in einem Touristenort macht, vielleicht ist sie<br />
aus einem Tierpark entwichen. Immer noch heisst es „Genova 99km“. Ich komme nicht vorwärts, weil – wie<br />
schon aus der Karte ersichtlich – die ganze ligurische Küste von Dörfern belegt ist, so dass beim Dorfausgang<br />
das gestrichene 50er Schild links und das neue 50er Schild rechts steht. Ich hoffe nur, dass ich in keine der zahlreichen<br />
Radarfallen getrappt bin. Eine Gruppe von Motorradfahrern überholt mich, offenbar sind sie zusammen<br />
unterwegs. Als sie eingangs Genua halten, mache ich das auch und schalte das Navi ein. Erst führt mich das Navi<br />
auf die Autobahn, wo ich gleich wieder umkehre. Dann verliert es die Satelliten mitten in der Route. Ich fahre<br />
einfach weiter und finde auf einmal Wegweiser zur Jugendherberge. Diese ist miserabel schlecht gelegen, am<br />
oberen Stadtrand (d.h. zuoberst auf <strong>dem</strong> Hügel). Sie hat keine Küche, keine Mahlzeiten, keinen Kühlschrank und<br />
ist weit von je<strong>dem</strong> Restaurant weg. Es wird mir gesagt, der Supermarkt befinde sich einen Kilometer bergabwärts.<br />
Doch einen Kilometer bergabwärts ist weit und breit nichts zu sehen. Ich versuche die andere Seite des<br />
Berges, mit <strong>dem</strong> gleichen Resultat. Erst als ich zwei Kilometer bergabwärts fahre, finde ich einen winzigen Carrefour<br />
Express, wo ich etwas zu Essen kaufe und mit grössten Schwierigkeiten mit <strong>dem</strong> einzigen bestehenden<br />
Kochinstrument zubereite – einem Mikrowellenofen. Es gibt weder Teller noch Gläser oder sonst etwas.<br />
25.09.12 Genua Der Himmel ist schwarz, es ist dunkel wie in der Nacht und kühl. <strong>Mit</strong> <strong>dem</strong> Bus fahre ich in das