Steinkreis 231 - Das Volk von Tir Thuatha
Steinkreis 231 - Das Volk von Tir Thuatha
Steinkreis 231 - Das Volk von Tir Thuatha
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Steinkreis</strong> <strong>231</strong><br />
Der Klang der Welt<br />
<strong>Das</strong> Leiden in ihm war greifbar. Er hatte<br />
geglaubt, zu wissen, was Verzweiflung sei,<br />
und doch erfahren müssen, daß er unwissend<br />
gewesen war. Alles war vor seinen Augen<br />
zerbrochen, keine seiner Hoffnungen hatte<br />
sich erfüllt, auch nicht die seines Vaters.<br />
„Ich bitte euch um Verzeihung. Ihr seid<br />
alle meinetwegen hier. Ich … war undankbar.“<br />
Er wischte sich durchs Gesicht, dann<br />
sah er uns alle der Reihe nach an. „Ich habe<br />
eure Schmerzen vergessen und daß auch ihr<br />
etwas verloren habt. Ich …“ Er stockte. Ich<br />
sah, wie die Männer versonnen nickten.<br />
Ihnen entging nicht, wie der Junge sich<br />
zusammenriß. Die meisten kannten ihn, seit<br />
er auf der Welt war, und ein jeder <strong>von</strong> diesen<br />
hätte sich bedenkenlos für ihn verwendet,<br />
doch nun sollte er ein Krieger sein und es<br />
würde Taten brauchen, um ihre Achtung vor<br />
ihm zu erhalten. „Seit ich denken kann,<br />
wurde mir gesagt, daß ich dereinst der Fürst<br />
der Mainthir sein würde. Aber wie kann ich<br />
das jetzt sein? Ich weiß nicht genug, um euch<br />
einen Weg zu zeigen.“<br />
Erstaunt verfolgte Martell, wie sich Craig<br />
abermals auf ein Knie niederließ. „Mein<br />
Fürst! Frage, und dir wird Antwort werden.<br />
Meine Hand ist deine Hand.“<br />
Martells Zweifel erinnerten mich so sehr<br />
an meine eigenen, daß ich kurzerhand nach<br />
vorn trat, um an Craigs Seite zu knien. „Du<br />
bist nicht allein, Herr. Verfüge über mich!“<br />
„Mein Schwert gehört dir!“ <strong>Das</strong> war Oda,<br />
die ihre Waffe zog und Martell zu Füßen<br />
legte. „Der Schöpfer will, daß wir dir folgen.<br />
Ich habe es gesehen.“<br />
„Du trägst das Zeichen!“ rief der alte<br />
Hedgeri, riß sein Schwert empor und legte es<br />
dann zu Odas. Und die Mainthir folgten<br />
unserem Beispiel. Ein jeder bot seine besondere<br />
Gabe an und versicherte, Martell beizustehen.<br />
Als die Nacht hereinbrach, kniete,<br />
wer es vermochte, um das ersterbende Feuer<br />
herum. Für einen Augenblick vergaßen wir,<br />
daß wir dem Tode geweiht waren.<br />
„Erhebt euch“, sagte Martell und wartete,<br />
bis wir um ihn herumstanden. „Ihr, die ihr<br />
mit mir bis hierher gekommen seid, ihr sollt<br />
nie mehr vor Menschen knien. Ihr gelobt mir<br />
Treue und Gefolgschaft und ich werde all<br />
eure Kraft und euer Wissen brauchen, um<br />
euch gerecht zu werden. <strong>Das</strong> aber gelobe ich,<br />
daß ich gerecht sein will und daß ich nie<br />
aufhöre zu kämpfen, bis daß wir in Frieden<br />
leben können, wie es uns zusteht: frei und<br />
ungebeugt.“ Da jubelten die Männer laut<br />
und ließen Martell hochleben. Er aber hob<br />
die Hand und gebot uns zu schweigen. „Ich<br />
mag jung sein und wenig wissen <strong>von</strong> der<br />
Welt, doch seid gewiß, daß ich nicht ruhen<br />
werde, bis daß die Schmach getilgt und das<br />
vergossene Blut mit Blut vergolten ist. Die<br />
Verräter unter Gothors Söhnen schulden uns<br />
viele Leben – einen anderen Preis als diesen<br />
werde ich nicht annehmen.“<br />
In diesen Schwur fielen alle mit rauhen<br />
Stimmen ein.<br />
„Gebt mir eure Hände!“ sagte Martell und<br />
hielt seine Rechte in die Mitte. Einer nach<br />
dem anderen legte die seine darauf, bis daß<br />
alle miteinander verbunden waren. „Laßt uns<br />
tun, was diese Hände vermögen, um heil<br />
nach Hause zu kommen! Und dann werden<br />
diese Hände nicht eher ruhen, bis daß die<br />
Rache vollzogen ist!“ <strong>Das</strong> gelobten wir.<br />
Uisgmaen aber hatte Pippins Macht<br />
geehrt und vornehmen Kriegeradel aufgeboten<br />
für ihren Zug und so waren es Vornehme<br />
der Mainthir, die ihrem Sohn in dieser Nacht<br />
die Treue schworen. Der Brauch würde verlangen,<br />
daß die Herdherrinnen der Bolghinn<br />
den Eid bekräftigten, doch solch ein Gelöbnis<br />
konnte im Guten nicht mehr aufgelöst<br />
werden.<br />
Den ganzen folgenden Tag rasteten wir<br />
auf der Kuppe. Ohne Vorräte würden<br />
wir nicht weiterziehen können und wir<br />
mußten Feuerholz finden. Die Kranken<br />
brauchten Ruhe und Pflege und schließlich<br />
würden wir uns beraten müssen.<br />
Hedgeri und Eachann kümmerten sich<br />
um die Wunden der Verletzten, andere suchten<br />
nach Beeren und Wurzeln, die wir essen<br />
27