Steinkreis 231 - Das Volk von Tir Thuatha
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<strong>Steinkreis</strong> <strong>231</strong><br />
Der Klang der Welt<br />
„Dich reut, den Göttern entsagt zu haben?<br />
Warum bist du Clanthone geworden?“<br />
Fulrad zuckte mit den Schultern. „Der<br />
Vater sagte, es sei eine gerechte Sache. Er<br />
war ein kluger Mann.“<br />
„Gräme dich nicht! Du wirst nicht<br />
getrennt sein <strong>von</strong> den Kriegern an Hodyrs<br />
Tafel. In Wahrheit sind sie alle Teil des<br />
Schöpfers, und am Ende sind wir bei ihm<br />
vereint.“<br />
Er maß mich mit vorsichtigem Blick. „Ist<br />
das wahr? Woher weißt du das?“<br />
„<strong>Das</strong> haben mich die Weisen gelehrt, als<br />
ich ein Junge war.“<br />
„Und glaubst du daran?“<br />
„Nicht weniger, als Gothors Söhne den<br />
Goden glauben, wenn sie <strong>von</strong> den Göttern<br />
erzählen.“<br />
Fulrad lachte leise. „<strong>Das</strong> hat der Vater auch<br />
gesagt.“ Er stieß mir den Ellenbogen in die<br />
Seite. „Denk an Pippins Sohn! Wenn er<br />
wahrhaftig Gothors Burg erstiegen hat und<br />
da war nichts, dann hat der Vater recht<br />
gehabt …“<br />
„<strong>Das</strong> hat er. Sollen wir glauben, daß Götter<br />
auf einem Berg wohnen, in einem Haus,<br />
wie Menschen es tun? Die Berge aber …<br />
Mein Stamm weiß, daß sie die Riesen sind<br />
und daß sie feind sind mit den Göttern. …<br />
Nein, was die Goden sagen, das ist für<br />
gewöhnliche Menschen gesagt. <strong>Das</strong> Wesen<br />
der Götter können wir nicht verstehen.<br />
Darum hat Martell auf dem Thingur nichts<br />
gesehen als einen Berg.“<br />
Wir schwiegen und sahen zu, wie die Sonnenscheibe<br />
fast den Rand der Welt berührte.<br />
<strong>Das</strong> Land verschwand im Dunst; bis zum<br />
Kerri war es noch weit. Zu weit für Fulrad.<br />
„Camo …“<br />
„Ja?“<br />
„Wenn der Schöpfer alle Menschen gleich<br />
ansieht, was macht es dann für einen Unterschied,<br />
daß der eine ein Feigling ist und der<br />
andere ein tapferer Mann?“<br />
„Den Unterschied macht es im Leben,<br />
mein Freund, nicht im Tod. Es ist gut, Fulrad,<br />
den Krieger, an seiner Seite zu haben.<br />
Deine Taten haben unser Leben besser<br />
gemacht. <strong>Das</strong> ist es, woraus es ankommt.“<br />
Grübelnd sah er mich an. Dann war es, als<br />
ob ein Licht in seinen Augen erschien.<br />
„Dann wird man sich an mich erinnern.“<br />
Ich nickte. „<strong>Das</strong> werden wir. Wir alle<br />
gehen mit unserem Leben zum Schöpfer und<br />
bringen unsere Taten mit und daraus wird<br />
ein so viel größeres Bild, als jenes, das am<br />
Anfang aller Dinge war, als noch nichts<br />
getan war. Und dann kommen alle zusammen,<br />
die etwas <strong>von</strong> dir mitbringen, etwas, das<br />
sie mit dir erlebt haben, und sie erzählen eine<br />
Geschichte <strong>von</strong> Fulrad, die größer ist, als du<br />
es jetzt bist.“ <strong>Das</strong> rührte ihn an. Wie ich es<br />
aber für sein einfaches Gemüt ausmalte,<br />
wurde mir klar, daß ich es so längst nicht<br />
mehr glaubte. Als ob eine Seele mit ihren<br />
wenigen Erinnerungen einen Unterschied<br />
machen würde … Er aber hielt sich daran<br />
fest.<br />
„Sei so gut und rufe Martell für mich! Ich<br />
will eine Bitte an ihn richten.“<br />
<strong>Das</strong> tat ich und Martell kam und sprach<br />
mit Fulrad und ich ließ sie allein.<br />
Als die Sonne im Wes versank, rief Martell<br />
die Gemeinschaft zusammen. <strong>Das</strong> Feuer war<br />
entzündet, das karge Mahl verzehrt, alle<br />
Augen ruhten auf Martell, wie er da neben<br />
dem sterbenden Krieger stand. Er mußte<br />
nicht lange um Worte ringen, tiefer Ernst<br />
zeichnete sein Gesicht, ein Zittern war in<br />
seiner Stimme:<br />
„Eine Schicksalsgemeinschaft sind wir,<br />
nicht freiwillig sind wir diesen Weg gegangen.<br />
Ein jeder <strong>von</strong> uns hätte Frieden und<br />
eine glückliche Heimkehr verdient, doch wir<br />
zahlen einen Preis, den andere uns abverlangen.“<br />
Er hielt nun ein Schwert in die Höhe.<br />
„Wir nehmen Abschied <strong>von</strong> Fulrad, Dalfins<br />
Sohn, geboren als Kimbure, groß geworden<br />
als Clanthone, frei vom Joch der Götter. Dies<br />
ist sein Schwert …“ Er ging in die Knie und<br />
reichte es dem Krieger.<br />
„<strong>Das</strong> ist mein Schwert und es soll mein<br />
Leben beenden, so lange ich klaren Geistes<br />
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