Steinkreis 231 - Das Volk von Tir Thuatha
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<strong>Steinkreis</strong> <strong>231</strong><br />
Der Klang der Welt<br />
ihm. Hin und wieder klaubte einer eine<br />
Handvoll Beeren auf und teilte sie, einmal<br />
trat Wala fast in ein paar Nester im Gestrüpp<br />
und erntete Schulterklopfen für ein paar halb<br />
ausgebrütete Schneehuhneier. Dann wanderten<br />
wir schweigend weiter.<br />
Am Abend war es so weit: Hedgeri legte<br />
seinen Schwestersohn ins Gras und lauschte<br />
auf seine letzten Atemzüge – sein Geist hatte<br />
den jungen Krieger schon verlassen, als die<br />
Sonne noch am Himmel stand.<br />
„Mach der Qual ein Ende“, murmelte ich,<br />
als ich neben ihm kniete. „Laß seine Seele<br />
zum Schöpfer gehen.“<br />
Unter Tränen nahm der alte Kämpe den<br />
Jungen in den Arm und drückte ihn an sich,<br />
hielt sein Gesicht eng an seine Brust gepreßt,<br />
nahm ihm den Atem und wiegte ihn so<br />
lange, bis kein Leben mehr in ihm war.<br />
<strong>Das</strong> war das zweite Grab, das wir in<br />
Dwyllûgnach aushoben. Hinein legten wir<br />
Jotagrim mit seinen Waffen. Als Wegzehrung<br />
aber gaben wir ihm mit, was wir an<br />
Erinnerung an ihn besaßen, waren wir doch<br />
viele Wochen gemeinsam gezogen, hatten<br />
gemeinsam gefeiert und Seite an Seite mit<br />
ihm gekämpft. Wir lobten sein Lachen: er<br />
hatte gelacht, wenn er das Horn hob und er<br />
hatte auch gelacht, als er die Illyäer niedermachte<br />
– das war kein Wahnsinn gewesen,<br />
ich hatte es gesehen, sondern Freude über die<br />
eigene Kraft und darüber, nicht derjenige zu<br />
sein, der fiel. Kampf hatte ihm den Tod<br />
gebracht, das würde ihn freuen, denn so<br />
waren Gothors Söhne: voller Angst, im Bett<br />
zu sterben. Und auch wenn Jotagrim den<br />
Göttern abgeschworen hatte wie alle Clanthonen:<br />
er würde froh sein, ruhmreich vor<br />
den Schöpfer zu treten.<br />
„Im Licht ins Dunkel zum Licht“, sprach<br />
ich und warf die erste Handvoll Erde auf den<br />
Toten. Als er aber begraben war, beschlossen<br />
wir, nicht weiterzuziehen. Ein kleines Stück<br />
kaltes Fleisch gab es für jeden zur Nacht,<br />
dann hielten wir Totenwache in Dwyllûgnach.<br />
Es war Regen, der uns weckte, noch vor<br />
dem Morgengrauen, sanft sprühender<br />
Regen, der alles in einen glitzernden<br />
Schleier winziger Tropfen kleidete. Craig<br />
hatte den Himmel richtig gelesen.<br />
Die Männer knurrten mürrisch. Zum<br />
ständig nagenden Hunger gesellte sich nun<br />
also auch Kälte. Wohl schützte die Wolle<br />
unserer Mäntel auch vor Nässe, doch nicht<br />
jeder besaß seinen noch, mancher war zerissen<br />
in der Schlacht oder lag noch im Hof der<br />
Kimburen, vergessen beim hastigen Aufbruch.<br />
<strong>Das</strong> Eisen, das einige trugen, rostete<br />
und bald bürdeten sie es den Pferden auf,<br />
unwillig, die kostbaren Ringelhemden<br />
zurückzulassen – für manches war ein Pferd<br />
gegeben worden, oder gar zwei.<br />
Murrend schnürten wir also unsere Bündel<br />
und machten uns auf den Weg. Hargmer<br />
vermochte nun nicht mehr zu laufen. Den<br />
Hunger spüre er gar nicht, sagte er, und wir<br />
beneideten ihn fast um seinen fetten Bauch,<br />
doch seine Sohlen lösten sich in eitrige Fetzen<br />
auf. Eachann packte sie in Moos und<br />
redete dem Clanthonen gut zu, doch ich sah<br />
des Kriegers Angst, er könne seine Füße verlieren.<br />
Und sterben. Wenn einer <strong>von</strong> uns so<br />
sehr an der Süße des Lebens hing, daß er<br />
Angst hatte, sie zu verlieren, dann Hargmer.<br />
So stapften wir voran, suchten uns einen<br />
Weg um die tiefsten Tümpel herum, um<br />
dann doch durch einen der vielen Bäche<br />
gezwungen zu werden, die <strong>von</strong> den Ausläufern<br />
des Osmir nach Wes flossen, dem Blauen<br />
Kerri entgegen – um keinen Preis wollten<br />
wir die Spur der Rene verlieren, also gingen<br />
wir weiter in yddliche Richtung.<br />
<strong>Das</strong> dritte Grab hoben wir am achten<br />
Tag nach dem Thingur aus und hinein<br />
legten wir Fulrad, denn der Wundbrand<br />
hatte begonnen, sein ganzes linkes<br />
Bein zu verzehren, purpurn war die Haut,<br />
übel süßlich riechendes, dunkles Blut lief aus<br />
aus einer der schwarzen Blasen. Auch er<br />
konnte nicht mehr laufen, so sehr war sein<br />
Bein zerstört. Mit schwacher Stimme beriet<br />
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