01.11.2013 Aufrufe

Steinkreis 231 - Das Volk von Tir Thuatha

Steinkreis 231 - Das Volk von Tir Thuatha

Steinkreis 231 - Das Volk von Tir Thuatha

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Steinkreis</strong> <strong>231</strong><br />

Der Klang der Welt<br />

Adleraugen haben …“ Statt zu antworten<br />

wies er nach vorne zu ein paar verkrüppelten<br />

Birken. Wir eilten hinüber, und wirklich: da<br />

lag eines der Tiere mit einem Pfeil im Hals.<br />

Der Vogel flatterte noch, da packte ich zu<br />

und brach ihm mit einem beherzten Ruck<br />

das Genick. Ich wog ihn und fand ihn leicht.<br />

„Drei Pfund, mehr nicht, ein Pfund<br />

Fleisch, wenn wir Glück haben – nicht viel<br />

für zwanzig hungrige Mäuler …“<br />

Craig hieb mir auf die Schulter und zeigte<br />

nach oben. „Den da nehmen wir auch noch!“<br />

Unbeholfen mit den Flügeln schlagend<br />

taumelte zwanzig Schritt <strong>von</strong> uns eine zweite<br />

Gans zu Boden. Der Pfeil steckte noch in<br />

ihrem linken Flügel, dicht bei der Schulter –<br />

kein guter Treffer, aber er behinderte den<br />

Vogel so sehr, daß er nicht fliegen konnte.<br />

„Den hole ich!“ rief Craig und stürmte los.<br />

Ich atmete auf, beseelt <strong>von</strong> meinem Glück.<br />

Wenn die anderen ebenso glücklich waren,<br />

dann würden wir nicht hungrig schlafen<br />

gehen.<br />

Craig kehrte zurück, die Gans an den<br />

Füßen gepackt. Er grinste. „Edar wird böse<br />

mit dir sein!“ lachte er und hielt mir den zerbrochenen<br />

Pfeil entgegen. „Steck die Spitze<br />

ein. Er kann neue Pfeile machen – Federn<br />

haben wir jetzt genug.“<br />

Auf dem Weg zurück fanden wir keine<br />

Beute mehr. Wir ritten langsam unter der<br />

Nachmittagssonne auf die Kuppe zu, die weithin<br />

sichtbar stand. Craig lobte mein Geschick<br />

mit dem Bogen voll Überschwang, dabei war<br />

ich sicher, er hätte dasselbe mit dem Speer<br />

vollbracht, mit größerer Sicherheit.<br />

Da er so guter Dinge war, wagte ich es,<br />

ihn eine Sache zu fragen, die mich seit dem<br />

Abend beschäftigte: „Wenn ein Krieger sagt,<br />

er habe sein Oberhaupt geliebt wie nichts auf<br />

der Welt, ist das dann, was jeder Gefolgsmann<br />

sagen würde?“<br />

Überrascht sah Craig mich an und<br />

erforschte meinen Blick. Zuerst vermeinte<br />

ich Argwohn zu erkennen, doch dann sah<br />

ich, daß es Schmerz war. „Habe ich nie<br />

da<strong>von</strong> gesprochen?“<br />

„Wo<strong>von</strong>?“<br />

Der Bolger schloß die Augen und legte<br />

den Kopf in den Nacken. Dann atmete er<br />

tief durch und sah nach vorne, dem Pferd die<br />

Zügel lassend – es fand seinen Weg gut alleine.<br />

„Ich war nicht immer ein Mainthir. Mein<br />

Stamm waren die Marchoginn der Lichten<br />

Ebene, weit jenseits der Länder der Mainthir.<br />

Eines Tages, zwei Dutzend Sommer ist es<br />

her, gingen wir auf Beutezug.“ Er lachte leise.<br />

„Die Mainthir sind die größten Pferdediebe<br />

weit und breit und sie stahlen immer unsere<br />

schönsten Tiere. Die Rösser der Marchoginn<br />

sind Legende! Nirgends findest du prächtigere<br />

Tiere als in der Magh Vaneggadd …<br />

Wir wollten ihnen einen großen Raub heimzahlen<br />

und gedachten, ihnen ein paar ihrer<br />

Schätze abzunehmen und ihre Fir Waoedd zu<br />

entführen.“<br />

Ich fragte, was er damit meinte.<br />

„Ihre Männer der Kunst, die Celfydd, die<br />

ihnen Schmuck und Waffen machen, denn<br />

die Mainthir versammeln nur die kunstfertigsten<br />

um ihre Feuer und es ist eine große<br />

Schmach, sie ihnen fortzunehmen. Und es<br />

glückte uns, doch ihr Kriegsfürst ließ uns<br />

verfolgen und da stellten sie uns und wir<br />

unterlagen. Mir nahmen sie das Schwert aus<br />

der Hand, als ich mich töten wollte, denn es<br />

war mein erster Zug und ich wollte ihnen<br />

nicht als Unterlegener in die Hände fallen,<br />

doch sie zwangen mich zu leben.“<br />

Ich schüttelte den Kopf. Diese Eigenart,<br />

Leben zu verschwenden, war mir <strong>von</strong> den<br />

Cladhinn des Hochlandes vertraut.<br />

„Und warum bist du heute ein freier<br />

Mann?“ wollte ich wissen.<br />

„Erst war ich es nicht. Mein Vater aber<br />

war ein Häuptling und er mochte es nicht<br />

leiden, daß ich ein Gefangener war, der für<br />

die Mainthir schuften mußte, also schickte er<br />

einen Boten und bot zwanzig Rinder und<br />

drei Ringe aus Gold, um ich auszulösen. Ich<br />

aber wollte gar nicht gehen …“ Er schürzte<br />

die Lippen und schwieg einen Augenblick.<br />

„Ich hatte mein Herz verloren an die schönste<br />

Frau, die der Nor je gesehen hat. Ich<br />

29

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!