03.11.2013 Aufrufe

Zeitschrift für Islamische Studien

Zeitschrift für Islamische Studien

Zeitschrift für Islamische Studien

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Mukadder Tuncel: Die Gottessohnschaft von ʿUzayr<br />

in den Städten Mekka und Medina offenbart wurde, eine Gruppierung im Jemen<br />

kritisieren? Dies scheint eher unwahrscheinlich zu sehen. Die These kann bedingt<br />

angenommen werden, wenn davon ausgegangen wird, dass sich etwa in<br />

Medina eine jüdische Gruppierung befand, die ursprünglich jemenitisch war. Der<br />

Koran thematisiert die Juden, wenn er die Erzählungen über die israelitischen<br />

Propheten wiedergibt. Außerdem enthält er Verse, die an die in der Region<br />

Ḥiǧāz lebenden Juden adressiert sind. 52 Aus der religiös-kulturellen Perspektive<br />

stellt sich, wenn die babylonischen und die palästinensischen Juden mit den<br />

Ḥiǧāz-Juden verglichen werden, heraus, dass die Ḥiǧāz-Juden in der Geschichte<br />

des Judentums keine besonders große Bedeutung haben. Über sie kann nur durch<br />

islamische Quellen etwas erfahren werden. Die jüdischen Quellen enthalten keinerlei<br />

Informationen über sie. 53 Wahrscheinlich um 70 nach Christus siedelten<br />

sich die Juden in dieser Region an. 54 In den Anfängen des Christentums soll sich<br />

das Judentum in Nordarabien verbreitet und von polytheistischen Arabern angenommen<br />

worden sein. Nach den arabischen Quellen gab es zu jener Zeit viele<br />

jüdische Stämme in Medina und in der Umgebung. 55 Beide Gemeinschaften, die<br />

jüdische und die arabisch-polytheistische, beeinflussten sich gegenseitig. 56 Zwar<br />

blieben die Juden mit den babylonischen und palästinensischen Zentren in Kontakt,<br />

sie entwickelten allerdings ihre eigenen religiösen Überzeugungen und<br />

Praktiken, genauso wie die anderen jüdischen Gruppierungen in der Diaspora.<br />

Wie diese schenkten auch die Ḥiǧāz-Juden der apokalyptischen Mystik eine hohe<br />

Aufmerksamkeit. Dabei spielt die Henoch-Literatur eine große Rolle, die die<br />

Glaubenswelt der Juden im Ḥiǧāz widerspiegelt. 57 Wie Goitein darlegt, stammen<br />

die meisten Erzählungen im Koran aus den regionalen Quellen des Judentums<br />

bzw. des jüdischen Midraschim. Da<strong>für</strong> gibt er das Beispiel der Sabbatschänder<br />

an: Der 65. Vers der zweiten Sure beschreibt, dass die Juden, die sich nicht an<br />

die Sabbatruhe gehalten haben, in Affen transformiert worden sind. Zweitens<br />

stellt der 163. Vers der siebten Sure dar, dass die Fische am Sabbat kamen und<br />

die Bewohner der Stadt, die am Meer lag, den Sabbat brachen. Affen fände man<br />

jedoch nicht in Palästina, sondern im südlichen Arabien. Außerdem wurde der<br />

Hafen Elath, der am Roten Meer liegt, zur Zeit von Muhammad von jüdischen<br />

Fischern bewohnt. 58 Das bedeutet, dass der Koran hauptsächlich das jüdische<br />

Leben im Ḥiǧāz widerspiegelt.<br />

Newby versucht in seinem Werk A History of the Jews of Arabia u. a. die Geschichte<br />

der Ḥiǧāz-Juden zu rekonstruieren. Er legt dar, dass die Hauptfigur der<br />

apokalyptischen Mystik, Metatron (Henoch), in vielen Eigenschaften mit der<br />

Gestalt Esra übereinstimmt. Anknüpfend an Newbys Erläuterungen entwickelt<br />

Adam seine eigene Theorie.<br />

Zunächst arbeitet er die Merkmale von Metatron heraus, die die jüdischen Mystiker<br />

ihm zugeschrieben haben. Sich stützend auf die Untersuchungen über die<br />

Anfänge und die Entstehung des Christentums, fasst er zusammen, dass das<br />

Christentum in seiner Formung des Glaubens vor allem von der Henoch-<br />

Literatur und der jüdischen Mystik beeinflusst sei. Er fährt fort und behauptet,<br />

dass es zwischen den mystischen Erfahrungen der Rabbis Abuyah und Ismael<br />

und den Ausführungen des Neuen Testaments wichtige Gemeinsamkeiten gibt.<br />

Die interessanteste Übereinstimmung zwischen der mystischen und der christlichen<br />

Tradition liege in der Charakterisierung von Jesus und Metatron. Die alttestamentliche<br />

Passage des Exodus 23, 20-21 wird <strong>für</strong> die Beschreibung der kosmischen<br />

Stellung und die Natur beider Gestalten zur Grundlage genommen:<br />

„Ich werde einen Engel schicken, der dir vorausgeht. Er soll dich auf dem<br />

Weg schützen und dich an den Ort bringen, den ich bestimmt habe. Achte<br />

auf ihn und hör auf seine Stimme! Widersetz dich ihm nicht! Er würde es<br />

nicht ertragen, wenn ihr euch auflehnt; denn in ihm ist mein Name gegenwärtig.“<br />

Die Schriften der Merkabah-Mystik, das 3. Henoch-Buch, erläutern, dass dieser<br />

Engel Metatron sei. Einige Kirchenväter der ersten Generation benutzen diese<br />

Passage ebenso, um darzulegen, dass dieser Engel Jesus ist. Laut dem afrikani-<br />

Seite | 38

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!