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Zeitschrift für Islamische Studien

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Mukadder Tuncel: Die Gottessohnschaft von ʿUzayr<br />

schen Kirchenvater Cyprian (200-258) sei Jesus einst ein Engel gewesen. Jesus<br />

habe als Engel Gottes zu Abraham und Jakob gesprochen. Adam listet die gemeinsamen<br />

Eigenschaften von Metatron und Jesu wie folgt auf:<br />

a) Beide sind „Sohn Gottes“ und sitzen zu seiner Rechten.<br />

b) Beide sind die einzigen Mittler zwischen Gott und den Menschen.<br />

c) Beide besitzen auch menschliche Merkmale.<br />

d) Beide wurden von Gott in den Himmel entrückt.<br />

e) Beide sind Herrscher der Welt.<br />

f) Beide werden als göttlich beschrieben.<br />

Außer Metatron gebe es in der jüdischen Tradition keine andere religiöse Figur,<br />

die mit Jesus Christus der Christen derart identische Eigenschaften besitzt. Zwar<br />

wurden Ilija, Hezekiel oder auch Esra ebenfalls zum Himmel emporgehoben,<br />

allerdings genießen sie nicht die gleichen und hohen Zuschreibungen wie Metatron<br />

(Henoch). Während die Henoch-Literatur den in Ex 23, 20-21 beschriebenen<br />

Engel mit Metatron identifiziert, verteidigen Kirchenväter wie Justin, Tertullian,<br />

Cyprian und Novatian im Diskurs mit den Juden, dass dieser Engel Jesus<br />

sei. 59<br />

Laut Adam ist der Begriff ʿuzayr in 9:30 kein Eigenname, sondern er ist wie<br />

masīḥ ein Titel. Im 3. Henoch-Buch werden die 70 Namen bzw. Titel Metatrons<br />

aufgelistet, u. a. azaryahu;ʿUzayr sei wahrscheinlich die arabisierte Form dieses<br />

Namens bzw. Titels. 60 Hier soll daran erinnert werden, dass auch der Name Esra<br />

aus dem Ausdruck azaryahu abgeleitet wird. Vermutlich wird dieser Name bzw.<br />

Titel wichtigen Gestalten verliehen.<br />

Adam beendet seinen Aufsatz mit der Anmerkung und Erinnerung, dass der Koran<br />

gewöhnlich regionale Juden und die jüdischen Gruppierungen in seiner Umwelt<br />

kritisiert. Die Tatsache, dass das orthodoxe Judentum diesen Glauben nicht<br />

vertritt, sei nicht verwunderlich, und daraus könne nicht geschlussfolgert werden,<br />

dass keine anderen jüdischen Gruppierungen mit anderen Vorstellungen<br />

existierten. Gleichzeitig kritisiert er muslimische Gelehrte, dass sie solche Kritiken<br />

des Korans an das gesamte Judentum gerichtet und allgemein verstanden<br />

haben. 61<br />

Diesbezüglich kann auch der Aufsatz von Ömer Özsoy einbezogen werden: Da<br />

der Koran peu à peu stückweise innerhalb von 23 Jahren und zu unterschiedlichen<br />

Fragen und Ereignissen offenbart wurde, stehe er „eher mit diesem geschichtlichen<br />

Kontext in Verbindung (..) als miteinander.“ 62 Beispielsweise ist<br />

aus dem koranischen Ausdruck ahl al-kitāb (Schriftbesitzer), der sowohl <strong>für</strong> die<br />

Juden als auch <strong>für</strong> die Christen gebraucht wird, nicht eindeutig abzuleiten, welche<br />

von den beiden Religionsgemeinschaften an einer bestimmten Stelle gemeint<br />

ist. Daher dürfe aus der gemeinsamen Bezeichnung nicht der Schluss gezogen<br />

werden, dass der Koran damit immer beide Religionen adressiere. 63 Die Ausführungen<br />

von Özsoy können auch auf den Ausdruck al-yahūd, welcher auch in<br />

9:30 gebraucht wird, übertragen werden. Denn wenn der historische Kontext herangezogen<br />

wird, dass in Medina verschiedene jüdische Stämme vertreten waren,<br />

ist zu beachten, dass der Koran nicht immer alle jüdische Stämme gemeinsam<br />

adressiert. Mit diesem Ausdruck differenziert er zwar zwischen den beiden<br />

Religionsgemeinschaften, den Juden und den Christen, allerdings nicht zwischen<br />

den verschiedenen jüdischen Stämmen. Vermutlich hat der nächste Satz „Und<br />

die Christen sagen: Christus ist der Sohn Gottes.“ zu der Annahme geführt – weil<br />

die Mehrheit der heutigen Christen dies immer noch bezeugt –, dass damit auch<br />

alle Christen gemeint sind. Dieser Satz bezieht sich jedenfalls auf die damaligen<br />

Christen im Ḥiǧāz.<br />

b) Intertextualität<br />

Von der muslimischen Tradition ist ʿUzayr als derjenige identifiziert worden, der<br />

an einer verlassenen Stadt in Ruinen vorbeiging. Die Überlieferung von Ibn<br />

ʿAbbās, die auf die Autorität Kaʿb al-Aḥbār zurückgeht, 64 sieht in dem unbekannten<br />

Mann des Koransverses ʿUzayr (Esra). Laut Wahb ibn Munabbih ist er<br />

Jeremiah. Die unbekannte Stadt sei Jerusalem, eine Stadt in Persien, Dayr Hiraqī<br />

oder eine Stadt in Mesopotamien. 65 Kaʿb al-Aḥbār und Wahb ibn Munabbih sind<br />

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