Zeitschrift für Islamische Studien
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Mukadder Tuncel: Die Gottessohnschaft von ʿUzayr<br />
den apokalyptischen Esra oder an das hebräische Henoch-Buch (3. Henoch-<br />
Buch).<br />
Die Analyse hat versucht, die andere Bedeutung des Ausdruckes „Sohn Gottes“<br />
herauszuarbeiten. Diese Formel besitzt sowohl im arabischen, also im Koran, als<br />
auch im hebräischen Sprachgebrauch, also in der jüdischen Tradition, auch eine<br />
metaphorische Bedeutung. Berücksichtigt man diese Tatsache, so ist die Zuschreibung<br />
im Vers 9:30 nachvollziehbar: Der Ausdruck „Sohn Gottes“ wird in<br />
der jüdischen Tradition nicht nur <strong>für</strong> auserwählte Personen, sondern auch <strong>für</strong> das<br />
auserwählte Volk, also <strong>für</strong> die einzelnen Mitglieder des Volkes, gebraucht. Das<br />
heißt, unabhängig davon, ob mit ʿuzayr Esra gemeint ist oder nicht, derartige Beschreibungen<br />
sind der jüdischen Tradition nicht unbekannt, und der Koran lehnt<br />
somit nicht nur die wörtliche, sondern auch die metaphorische Verwendung von<br />
„Sohn Gottes“ ab. Es ist jedenfalls eine sprachwissenschaftliche Tatsache, dass<br />
der Ausdruck nicht unbedingt in seinem wörtlichen, konkreten Sinn gemeint sein<br />
muss.<br />
D) Die Analyse betont außerdem die Wichtigkeit der Ermittlung des historischen<br />
Kontextes des Verses 9:30. Die Identifizierung von ʿUzayr ist schließlich nicht<br />
nur durch die Etymologie, sondern auch durch die Rekonstruktion der Geschichte<br />
der Juden in Arabien möglich. Mittels dieser Rekonstruktion und der Ermittlung<br />
des historischen Kontextes gelangen Newby und Adam zu dem Ergebnis,<br />
dass ʿUzayr nicht mit Esra, sondern mit Metatron (Henoch) zu identifizieren ist.<br />
Vor allem die Theorie von Adam, die aus einer etymologischen sowie aus einer<br />
historischen Untersuchung besteht, scheint im Vergleich zu anderen Theorien in<br />
beiden Bereichen (der Etymologie und dem historischen Kontext) standhalten zu<br />
können.<br />
Literaturangaben:<br />
1 Vgl. Adam, Baki: Müslümanlarɪn Yahudilere Yönelttiği Eleştiriler. Website<br />
von Kuran Nesli; Kategorie: Müslümanlarɪn Yahudiliği Eleştirisi. Kurannesli.Info<br />
(2003). http://www.kurannesli.info/teksir/asp?id=1116. o. Seitenangabe;<br />
5.5.10.<br />
2 Siehe Adam, Baki: Yahudilik ve Hɪristiyanlɪk Açɪsɪndan Diğer Dinler. Istanbul:<br />
Pɪnar Yayɪnlarɪ, 2002. S. 48.<br />
3 Vgl. Finkel, Joshua: The Jews Say That Esra is the Son of God. In: The<br />
Muslim World [MW]; 16,1.1926. S. 306.<br />
4 Vgl. Öztürk, Mustafa: Kɪssalarɪn Dili. Ankara: Ankara Okulu Yayɪnlarɪ,<br />
2006. S. 172.<br />
5 Vgl. ebenda.<br />
6 Vgl. Jeffery, Arthur: The Foreign Vocabulary of the Qurʼān. Baroda:<br />
Oriental Institue, 1938. S. 214.<br />
7 Vgl. Casanova, Paul: Idrîs et ‛Ouzaïr. In: Journal Asiatique [JA];<br />
204.1924. S. 358-359.<br />
8 Vgl. Az-Zabīdī, Muḥammad Murtaḍā al-Ḥusaynī: Tāǧ al-ʿarūs min<br />
ǧawāhir al-qāmūs. Editiert von Dhahi Abdul Baki. Bd. 13. Kuwait: ‛Āṣima al-<br />
ṯaqāfa al-‛arabiyya, 1974. S. 27; Ibn Manzūr, Ǧamāl ad-dīn: Lisān al-ʿarab. Editiert<br />
von ‛Āmir Aḥmad Ḥirār. Bd. 4. Beirut: Dar Al-Kotob Al-Ilmiyah, 2009. S.<br />
648.<br />
9 Siehe Öztürk: Kıssaların Dili (2006), S. 173f.<br />
10 Es sind insgesamt vier Esrabücher als Quellen zu nennen, die zur jüdischen<br />
Überlieferung gehören und Informationen über die Person Esra und sein Werk<br />
geben. Diese sind 1. Esra, 2. Esra (=Nehemia-Buch), 3. Esra (I Esdras bzw.<br />
apokryphes Esra-Buch) und 4. Esra (II Esdras bzw. Esraapokalypse)-Bücher.<br />
Neben diesen Schriften gibt es noch die Haggada-Literatur, die sich als eine zusätzliche<br />
Informationsquelle über Esra erweisen kann.<br />
11 Vgl. Van Seters, John: Ezra. In: The Encyclopedia of Religion [ER];<br />
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