Zeitschrift für Islamische Studien
Zeitschrift für Islamische Studien
Zeitschrift für Islamische Studien
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
M. Fuad Sezgin: Die Quellen al-Buḫārīs<br />
Erforschung dieser Bücher, die innerhalb des eigenen Rahmens in mehrere Kapitel<br />
unterteilt werden, dass diese einen ziemlich wichtigen Entwicklungsprozess<br />
erfahren haben.<br />
Neben den erwähnten muṣannaf-Werken sind Am Anfang des dritten Jahrhundert<br />
musnad-Werke entstanden, die innerhalb des eigenen Rahmens gleichzeitig<br />
einer Klassifizierung unterzogen wurden. 108 Ferner haben die Ḥadīṯgelehrten aus<br />
demselben dritten Jahrhundert die niedergeschriebenen Ḥadīṯe zahlreicher Vorgänger<br />
wie Zuhrī (gest. 125), Šuʿba (gest. 160), Sufyān aṯ-Ṯawrī (gest. 161) und<br />
Imām Mālik (gest. 178) in Form von Musnad-Werken abgefasst. 109 Dies stellte<br />
<strong>für</strong> die Ḥadīṯliteratur ein ganz anderes Tätigkeitsfeld dar, auf dessen detaillierte<br />
Darlegung wir an dieser Stelle verzichten.<br />
Bisher wurde versucht, die Entwicklung der Ḥadīṯliteratur zu skizzieren, um die<br />
Bedingungen zu untersuchen, unter welchen der Ğāmiʿ des al-Buḫārī, deren<br />
Quellen es noch zu analysieren gilt, entstanden ist. In diesem Sinne möchten wir<br />
uns nun mit einem wichtigen Auszug aus einem Werk begnügen, das zu den späteren<br />
Zeugnissen dieser Ḥadīṯliteratur zu zählen ist:<br />
,,Im Zeitalter der Prophetengefährten und der ersten Nachfolgergeneration wurden<br />
die Sunna des Propheten und seine Ḥadīṯe aus zwei Gründen nicht in den<br />
mit Ğāmiʿ benannten Büchern gesammelt und klassifiziert. Zunächst einmal<br />
haben sie am Anfang die Verschriftlichung abgelehnt, da die Ḥadīṯe mit dem<br />
Koran verwechselt werden könnten. Zweitens hatten sie ein breites Gedächtnis<br />
und eine angemessene Auffassungsgabe. Viele waren des Schreibens unkundig.<br />
Gegen Ende des Zeitalters der Nachfolger begann die Zusammentragung der<br />
Ḥadı̇ ṯe und der Sunna (tadwīn) sowie die Aufteilung der Berichte nach Kapiteln.<br />
Die Kenner der Ḥadīṯe waren bereits in verschiedenen Ländern verbreitet<br />
und es kamen die Ḫāriǧiten, die Rāfiḍiten sowie Leute, die die Prädestination<br />
(qadar) leugneten, auf. Von den ersten, die Ḥadīṯe sammelten und klassifizierten,<br />
können ar-Rabīʿ ibn Ṣabīḥ (gest. 160) und Saʿīd ibn Abī ʿArūba (gest. 156)<br />
genannt werden. Sie haben jedes Kapitel getrennt voneinander angeordnet.<br />
Schließlich klassifizierten diejenigen, die der dritten Generation [der Nachfolger]<br />
angehörten, die rechtlichen Urteile (aḥkām). Imām Mālik hat seinen Muwaṭṭaʾ<br />
klassifiziert, indem er – sich zum Ziel setzend, die vertrauenswürdigen<br />
Ḥadīṯe der Leute des Hiǧāz zusammenzutragen – die Worte der Prophetengefährten<br />
mit den Fatwās der Nachfolger zusammenfügte.<br />
Abū Muḥammad ʿAbdalmalik ibn ʿAbdalʿazīz ibn Ğurayğ in Mekka, Abu ʿAmr<br />
ʿAbdarraḥmān ibn ʿAmr al-Awzaʾī (gest. 157) in Damaskus, Sufyān aṯ-Ṯawrī<br />
(gest. 161) in Kufa und Ḥammād ibn Salamah (gest. 168) in Basra haben<br />
muṣannaf-Werke angefertigt. Diesem folgten andere, die neue Tätigkeiten ausführten.<br />
An der Schwelle des dritten Jahrhunderts haben manche Ḥadīṯgelehrten<br />
schließlich den Versuch begonnen, die Ḥadīṯe des Propheten von denr anderen<br />
[Berichten] zu unterscheiden. ʿUbaydallāh ibn Mūsā al-ʿAbsī (gest. 213) in Kufa<br />
und ferner Musaddad ibn Musarhad ibn al-Baṣrī (gest. 228), Asad ibn Mūsā al-<br />
Umawī (gest. 212) sowie der in Ägypten wohnhafte Nuʿaym ibn Ḥammād al-<br />
Ḫuzāʿī (gest. 228) haben jeweils einen Musnad angefertigt. Daraufhin haben<br />
nahezu alle Kommentatoren ihre Ḥadīṯe gemäß den musnad-Werken klassifiziert:<br />
So beispielsweise Aḥmad ibn Ḥanbal (gest. 241), Isḥāq ibn Rāhūya (gest.<br />
238), ʿUṯmān ibn Abī Šayba (gest. 239) und zahlreiche andere.. Ein Teil von<br />
ihnen hat die genommenen musnad-Ḥadīṯe gleichzeitig untereinander in Kapitel<br />
unterteilt; so tat es zum Beispiel Abū Bakr ibn Abī Šayba (gest. 235). Nachdem<br />
al-Buḫārī diese Klassifizierung sah, die Überlieferungen entnommen und sich<br />
sorgfältig und lange genug mit diesen beschäftigt hatte, stellte er bei seiner eigenen<br />
Klassifizierung fest, dass sich unter diesen auch viel schwaches Material<br />
befand, das dem Anschein nach authentisch wirkte. So hegte er den Wunsch, die<br />
zweifelsfreien Ḥadīṯe zusammenzuführen. Der im Bereich des Ḥadīṯ und Fiqh<br />
unter Amīr al-Muʾminīn bekannte Meister Isḥāq ibn Rāhūya hat dessen Entschlossenheit<br />
auch bestärkt. Wie uns nämlich… (mittels authentischer Überliefererketten)<br />
überliefert wurde, sagte al-Buḫārī: ,,Als wir bei Isḥāq ibn Rāhūya<br />
saßen, gab er uns einmal seinen folgenden Wunsch preis: ,Fertigt doch ein kurzes<br />
Buch an, welches die authentische Sunna des Propheten beinhaltet!‘ Dieser<br />
Wunsch hat sich in meinem Bewusstsein festgesetzt und ich begann mit dem<br />
Verfassen des al-Ğāmiʿ aṣ-ṣaḥīḥ.“ 110<br />
Seite | 64