Katholische Kirche im Lebensraum St.Gallen Jugendarbeit - (Dekanat ...
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zuprobieren. Die Feier mit der Vinzenzgruppe<br />
war die erste dieser Art. Eine weitere Idee wäre<br />
laut Christian Leutenegger, Institutionen <strong>im</strong><br />
Quartier in einem Gottesdienst zum Thema zu<br />
machen, Spitäler, Schulen und mehr.<br />
2Nr. 8/2012k a th olische kir c he <strong>im</strong> lebensra um s t.ga llen<br />
Brot und Rosen: Viko-Präsidentin Martha Daugaard be<strong>im</strong> Gottesdienst inmitten festlich gedeckter Tische.<br />
das bittere gekostet und das süsse<br />
Eucharistiefeiern wird es angesichts des Priestermangels <strong>im</strong>mer weniger geben. Viele Pfarreien<br />
müssen sich <strong>im</strong>mer mehr mit Wortgottesfeiern behelfen. Doch wie könnte man diese<br />
gestalten? In <strong>St</strong>. Fiden fand anlässlich des Jubiläums 120 Jahre Viko eine Agapefeier statt –<br />
eine Mahlfeier, die stärker an ein Nachtessen erinnert als eine Kommunionfeier.<br />
Für einmal bleiben die <strong>Kirche</strong>nbänke gewollt<br />
leer: In den Gängen stehen Tische, festlich weiss<br />
gedeckt, mit Rosenblättern, Grünzeug, Gläsern,<br />
Wasser- und Weinflaschen, Körben voller Brötchen.<br />
Die Vinzenz-Gruppe (Viko) <strong>St</strong>.Fiden feiert<br />
ihr 120-Jahr-Jubiläum, und vor dem Risottoessen<br />
<strong>im</strong> Pfarreihe<strong>im</strong> nehmen Gäste und weitere<br />
Interessierte Platz zu einer sinnlich erlebbaren<br />
Wortgottesfeier unter dem Titel «Brot und Rosen».<br />
Ein Schluck Wasser erinnert an die Taufe. In Anlehnung<br />
an das jüdische Sedermahl, bei dem <strong>im</strong><br />
Familienkreis des Auszugs der Israeliten aus<br />
Ägypten gedacht wird, wird dann das Bittere <strong>im</strong><br />
Leben mit Bitterkräutern (Peterli, in Salzwasser<br />
getaucht), das Süsse mit Honig (Willisauerringli)<br />
gekostet. Man salbt sich gegenseitig mit Öl<br />
und teilt dann Brötchen und Wein. Dazwischen<br />
sind die Lebensgeschichte des heiligen Vinzenz<br />
von Paul, dem Patron der Vinzenzkommissionen,<br />
und dessen Lieblingsstelle aus dem Evangelium<br />
zu hören: «Was ihr einem meiner geringsten<br />
Brüder getan habt . . . ». Man singt und<br />
betet.<br />
Mehr als ein Gag<br />
«Es braucht die nötige Sensibilität, damit es<br />
nicht nur ein Gag wird», sagt Christian Leutenegger,<br />
der die Feier geleitet hat. Der Unterschied<br />
zwischen einem Gottesdienst und irgend<br />
einem beliebigen Event liegt für ihn <strong>im</strong> bewussten<br />
Bezug zu Gott.<br />
Doch auch wenn allen klar ist, dass sie zu einem<br />
Gottesdienst kommen, ergibt sich gleich eine<br />
andere Dynamik als gewohnt: Man begrüsst<br />
sich be<strong>im</strong> Platznehmen, wechselt ein paar<br />
Worte. Bei den Bitterkräutern lacht man sich zu,<br />
weil die unbekannte Dame gegenüber auch das<br />
Gesicht verzieht. Als Wein ausgeschenkt wird,<br />
stösst man, nicht ohne vorsichtigen Blick nach<br />
links und rechts, miteinander an.<br />
Ganz anderes Miteinander<br />
Respektlos ist das nicht, dafür ein ganz anderes<br />
Miteinander als in klassischen Gottesdiensten.<br />
Man kann nicht wie sonst an seinem Nachbarn<br />
vorbeischauen, und das ist wohltuend. Dass die<br />
Lieder dieses Mit- und Füreinander besingen,<br />
bestätigt einen darin und berührt entsprechend.<br />
Solche alternativen Gottesdienste gibt es nicht<br />
allzu oft in <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong>. Da wären allenfalls die regelmässigen<br />
Taizé-Gottesdienste in der Halden.<br />
Gottesdienste zu best<strong>im</strong>mten Gelegenheiten<br />
wie etwa für Verliebte zum Valentinstag in der<br />
Schutzengelkapelle. Oder Eventgottesdienste<br />
an Festen wie <strong>St</strong>.Gallerfest, Olma oder CSIO.<br />
Doch die Sonntagsgottesdienste treten selten<br />
aus dem Gewohnten heraus.<br />
Wortgottesfeiern mit neuen Formen<br />
Und das ist doch eigentlich erstaunlich, sind<br />
doch Eucharistiefeiern je länger je schwieriger<br />
jedes Wochenende in allen Pfarreien anzubieten.<br />
Alternative Formen könnten aus diesem<br />
Mangel heraus neue Wege gehen.<br />
Vor einiger Zeit hat man in <strong>St</strong>.Fiden die Wortgottesdienste<br />
an Samstagabenden abgeschafft,<br />
weil sie schwach besucht waren, und sich stattdessen<br />
vorgenommen, alternative Formen aus-<br />
Eine gewisse Vielfalt anbieten<br />
Solches zu etablieren, ist allerdings aufwendig<br />
und auch nicht einfach: Die üblichen Kirchgänger<br />
bevorzugen Eucharistiefeiern oder zumindest<br />
Wortgottesdienste mit Kommunionfeiern.<br />
Dennoch haben sich die Gottesdienstbesucher<br />
am Viko-Jubiläum auf das Neue eingelassen.<br />
Christian Leutenegger hat nur positive Echos<br />
bekommen: Viele hätten es spannend gefunden,<br />
«mal etwas anderes» mitzumachen.<br />
Natürlich sollen neue Formen die traditionelle<br />
Eucharistiefeier nicht entwerten, betont Christian<br />
Leutenegger. Aber: «Die Menschen haben<br />
ganz unterschiedliche Bedürfnisse. Wir müssen<br />
eine gewisse Vielfalt anbieten», ist er überzeugt.<br />
Die Bedürfnisse würden sich oft <strong>im</strong> Lauf<br />
des Lebens verändern, man brauche manchmal<br />
mehr Sinnlichkeit, manchmal mehr Spiritualität.<br />
«Es gibt ganz verschiedene Formen, mit<br />
Gott in Verbindung zu kommen.»<br />
Sonn- und Werktag nicht trennen<br />
Und neue Formen können auch noch etwas anderes<br />
leisten: «Unsere Gottesdienste kranken<br />
manchmal daran, dass Werk- und Sonntag unterschieden<br />
werden», sagt Christian Leutenegger.<br />
«Man kann überall Gott begegnen, auch<br />
be<strong>im</strong> gemeinsamen Essen.» Auch das habe der<br />
Gottesdienst zum Viko-Jubiläum zeigen wollen.<br />
Die Eucharistiefeier geht natürlich auch auf ein<br />
Sedermahl zurück – auf jenes, das Jesus vor seinem<br />
Tod mit den Jüngern gefeiert hat. Die Ritualisierung<br />
der Eucharistiefeier lässt die Verbindung<br />
zum Abendessen aber für viele in den<br />
Hintergrund treten. Solche stärker am Sedermahl<br />
orientierten Wortgottesfeiern könnten<br />
das wieder stärker bewusst machen. Zum Beispiel<br />
könnten in Zukunft am Hohen Donnerstag<br />
solche Feiern angeboten werden. Schon drei<br />
Jahre lang hat es in <strong>St</strong>.Fiden keine Eucharistiefeier<br />
mehr am Hohen Donnerstag gegeben.<br />
Kommt hinzu, dass diese Form auch Kinder<br />
spannend finden würden, das hätten Erfahrungen<br />
in Luzern gezeigt, sagt Christian Leutenegger.<br />
Am Ende haben jedenfalls alle etwas mitgenommen:<br />
Als Zeichen der Liebe, um die es sowohl<br />
Jesus wie auch Vinzenz von Paul gegangen<br />
ist, erhielt am Ende jeder eine wunderbar<br />
duftende rote Rose. (pem)