Leseproben Jane Austen E-Book - Reclam
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Verlies gefangen? –, aber der zweite Sohn des Hauses heilt<br />
sie von ihrem Wahn, gotische Romane für Wirklichkeit zu<br />
halten und – heiratet sie. Es ist die Autorin selbst, die mit<br />
der Heldin denkt: »So reizend all die Werke von Mrs. Radcliffe<br />
und so reizend sogar die Werke all ihrer Nachahmer<br />
waren, nach der Wirklichkeitstreue der Charaktere (›human<br />
nature‹) durfte man darin nicht fragen.«<br />
Nicht minder beliebt war der sentimentale Frauenroman<br />
in der Nachfolge der für uns heute so langatmigen<br />
Briefromane Samuel Richardsons. Ein armes Mädchen,<br />
wenn möglich Waise, wird darin meist in die große Welt<br />
eingeführt und entpuppt sich gern als reiche Erbin. Die populären<br />
Vertreterinnen dieses Genres waren die melodramatische<br />
Elizabeth Inchbald, Fanny Burney, die von der<br />
Autorin von Pride and Prejudice geschätzt wurde, und Maria<br />
Edgeworth, deren Anerkennung sie suchte und nicht<br />
fand und die das Verdienst hat, mit Castle Rackrent (1800)<br />
das irische Lokalkolorit – wie Scott das schottische – für die<br />
Literatur entdeckt zu haben, was etwa bei Charles Maturins<br />
Melmouth the Wanderer (1820) und William Thackerays<br />
Barry Lyndon (1844) weiterwirkt. Die Frivolität des städtischen<br />
Lebens wird darin mit leichtem Schaudern ausgemalt,<br />
zarte Gefühle werden ausgiebig beschrieben, und Damen<br />
brechen gern in Tränen aus oder fallen in Ohnmacht.<br />
Die sanfte und naive Heldin begegnet dem charmanten Bösewicht<br />
und der raffinierten Dame von Welt, ist aber keineswegs<br />
korrumpierbar und findet schließlich ihr Glück.<br />
Mrs. Burneys Evelina (1778) heißt schon im Untertitel<br />
»Geschichte einer jungen Dame beim Eintritt in die Gesellschaft«,<br />
und auch M. Edgeworths Belinda (1801) wird im<br />
Laufe der Handlung »eine junge Dame, die gerade in die<br />
Gesellschaft eintritt« genannt. Die kühle Elizabeth Bennet<br />
ist auch hier ein Gegentyp.