Wo ist der Online-Ulysses? - Netzliteratur.net
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sen. Bis solche Kriterien für das digitale Medium gefunden worden sind, bleibt die Kritik,<br />
und da <strong>ist</strong> Jonas zuzustimmen, relativ zufällig und beliebig (vgl. Jonas 2000).<br />
2.2.3 Zusammenfassung<br />
Wie deutlich geworden <strong>ist</strong>, haben sich die vier Handlungsrollen im Netz relativ zügig<br />
herausgebildet. Dabei sind die Grenzen zwischen den einzelnen Bereichen noch schwieriger<br />
auszumachen, als dies im traditionellen Literatursystem <strong>der</strong> Fall <strong>ist</strong>: Bestimmte<br />
Funktionen, die im Literatursystem zu erbringen sind, scheinen sich nahezu diffus über<br />
die Aktanten zu verteilen. Es steht zu fragen, ob es noch sinnvoll <strong>ist</strong>, einen Bereich <strong>der</strong><br />
Vermittlung analytisch abzutrennen, wenn sich dessen Aufgaben mehr o<strong>der</strong> weniger<br />
komplett in die Produktion verlagert haben. Dazu tritt das Problem, dass die Handlungsrollen<br />
im momentan sehr dynamischen Medium Inter<strong>net</strong> noch starken Verän<strong>der</strong>ungen<br />
unterworfen sind. Eine genauere Analyse <strong>der</strong> Aktanten im <strong>Netzliteratur</strong>system steht also<br />
noch aus und kann m. E. auch erst in mittelfr<strong>ist</strong>iger Zukunft Ergebnisse liefern, die für<br />
einen längeren Zeitraum Gültigkeit haben. Dabei wird sie sich einer differenzierten Betrachtungsweise<br />
nicht entziehen können: Sowohl die Differenzierung nach Subhandlungsrollen<br />
(Gebhard Rusch, vgl. Rusch 1991) als auch die Untersuchung von verschiedenen<br />
Handlungsebenen (Achim Barsch, vgl. Barsch 1993) muten sehr Erfolg versprechend<br />
an.<br />
2.3 Kanonmodell <strong>der</strong> Literaturwissenschaft<br />
Die Bildung von Kanones zählen „zu den stärksten kulturellen Stabilisierungs- und Selektionsmechanismen“<br />
(Günther 1987, S. 138), die in je<strong>der</strong> Gesellschaft wirksam werden.<br />
Kanones selbst stellen Regulierungssysteme dar, welche sowohl „Dämme gegen<br />
den alles verän<strong>der</strong>nden Strom <strong>der</strong> Zeit bilden“ (ebenda) (stabilisierende Funktion) als<br />
auch „Traditionsströme auswählen, lenken und kanalisieren“ (ebenda) (selektierende<br />
Funktion). Sie gelten als Korpora von mündlichen und schriftlichen Überlieferungen,<br />
die „eine Gemeinschaft als beson<strong>der</strong>s wertvoll und deshalb tradierenswert anerkennt<br />
und um [<strong>der</strong>en] Tradierung sie sich kümmert“ (Heydebrand/Winko 1994, S. 131). Mithin<br />
stellen sie die Antwort auf die Frage eines (fiktiven) außerirdischen Besuchers dar:<br />
„Was <strong>ist</strong> eure Literatur?“ (vgl. einen entsprechenden Hinweis auf Patrick Parrin<strong>der</strong> bei<br />
Segers 1994, S. 163).<br />
Die Arbeiten zum Kanon in Literaturwissenschaft und –didaktik sowie in <strong>der</strong> Medienwissenschaft<br />
sind bereits Legion (vgl. dazu beson<strong>der</strong>s die Sammelbände: Assmann/Assmann<br />
1987a, Heydebrand 1998a, Arnold 2002, Berger/Lüsebrink 1987 sowie<br />
für die Literaturdidaktik: Kochan 1990. Relevante Beiträge im Einzelnen: Assmann/Assmann<br />
1987b, Gaiser 1993, Hahn 1987, Heydebrand 1998b, Heydebrand/Winko<br />
1994, Lüsebrink/Berger 1987, Schmidt/Vor<strong>der</strong>er 1995, Schmidt 1987,<br />
Scholz 1987): An dieser Stelle sollen deshalb nur einige m. E. zentrale Grundzüge <strong>der</strong><br />
Kanondiskussion zusammengestellt werden. Daraus soll ein für diese Arbeit nutzbares<br />
Modell <strong>der</strong> Kanonisierung entstehen. 40<br />
40 Bei dem noch jungen Phänomen <strong>der</strong> <strong>Netzliteratur</strong> kann m. E. noch nicht davon ausgegangen werden,<br />
dass bereits eine elaborierte Struktur des Kanons selbst ex<strong>ist</strong>iert, die durch ein festes Strukturmodell beschrieben<br />
werden könnte (Vgl. etwa das Modell, das im Rahmen des Symposions „Kanon Macht Kultur“<br />
1996 entwickelt wurde. Vgl. Heydebrand 1998b, insbeson<strong>der</strong>e S. 616). Deshalb soll das Hauptaugenmerk<br />
<strong>der</strong> theoretischen Überlegungen auf dem Modell des Kanonisierungsprozesses liegen. Die Beschreibung<br />
des dabei entstehenden Kanonkorpus kann und muss zunächst eine Momentaufnahme eines<br />
noch sehr dynamischen <strong>Netzliteratur</strong>systems darstellen.<br />
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