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Flensburg Journal Nummer 120 downloaden

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Prävention gegen Vandalismus:<br />

Ein Zug fährt durch die Nacht<br />

21 Uhr im Zug von Kiel nach <strong>Flensburg</strong>.<br />

Nur wenige Reisende verteilen sich auf<br />

den Großraumwagen. Auf den hinteren<br />

Sitzreihen haben sich einige Jugendliche<br />

verteilt und setzen ihre Feier vom frühen<br />

Abend in Kiel mit ein paar Dosen Bier<br />

fort. Man lacht und kabbelt sich. Noch<br />

ist es friedlich. Dann zückt einer ein Messer,<br />

sieht die anderen herausfordernd an<br />

und schlitzt das Sitzpolster seines eigenen<br />

Sessels auf. „Das kann ich besser“,<br />

sagt ein anderer und hält ein Feuerzeug<br />

an den herausquellenden Schaumstoff.<br />

Es riecht nach verkohltem Plastik. Die<br />

anderen Passagiere drehen sich verstohlen<br />

um, doch keiner sagt etwas. Eines<br />

der beteiligten Mädchen versucht den<br />

Schwelbrand mit ihrem Bier zu löschen.<br />

Die Gruppe grölt. Einer der Jungs geht<br />

ein paar Schritte durch den Wagon und<br />

zieht den Feuerlöscher aus der Halterung.<br />

Ein weißer Pulverstrahl ergießt<br />

sich über den beschädigten Sitz. Noch<br />

hat der Zugführer nichts bemerkt, im Gegensatz<br />

zu den Mitreisenden. Ein älterer<br />

Mann wendet sich zu den Jugendlichen<br />

um.<br />

„Nun ist aber Schluss mit Lustig“, sagt er<br />

ärgerlich.<br />

„Alter, was willst Du denn! Willste ‚n<br />

Bier?“ pöbelt einer und wirft ihm eine<br />

Dose zu. Sie klatscht auf den Fußboden<br />

und explodiert. Der Bierschaum sprüht<br />

über die Polster zweier Sitze. Eine Frau<br />

mit einem Kind steht auf und geht in den<br />

vorderen Teil des Zuges. Jetzt hat auch<br />

der Zugführer die Situation erkannt, kann<br />

aber nicht eingreifen.<br />

Als der Zug in <strong>Flensburg</strong> einläuft, werden<br />

die Jugendlichen schon erwartet. Beamte<br />

der Bundespolizei besteigen den Zug.<br />

Plötzlich wird es ruhig im hinteren Teil<br />

des Zuges.<br />

So oder ähnlich geschieht es täglich auf<br />

den 36.000 Kilometern des Bahnstre -<br />

ckennetzes. Die Jugendlichen in unserem<br />

Beispiel sind nur ein kleiner Teil der täglich<br />

4 Millionen Reisenden der Deutschen<br />

Bahn, doch sie verursachen Schäden von<br />

jährlich rund 10 Millionen Euro. Graffiti,<br />

zerstörte Einrichtungen, im Übermaß<br />

verschmutzte Wagons schlagen sich<br />

nicht nur auf dem Konto der Bahn nieder,<br />

sondern wirken sich auch auf die Ticketkosten<br />

der Reisenden aus und: Sie gefährden<br />

die Sicherheit. Zerstörte oder<br />

entwendete Feuerlöscher, Fensterhämmer<br />

oder andere Sicherheitseinrichtungen<br />

können im Ernstfall Leben gefährden.<br />

Nicht immer sind es Jugendliche,<br />

die sich am Eigentum der Bahn vergreifen.<br />

Alkohol und Drogen lassen auch Erwachsene<br />

die Kontrolle über sich und die<br />

Situation verlieren.<br />

Die Beamten der Bundespolizei in <strong>Flensburg</strong><br />

wollen nicht abwarten, bis sie die<br />

Täter dingfest machen können, sondern<br />

starteten mit einer beispielhaften Aktion<br />

ein Präventionsprogramm.<br />

Drei Tage im August luden sie Schüler<br />

aus <strong>Flensburg</strong>er Schulen ein, um ihnen<br />

auf anschauliche, ja drastische Weise die<br />

Folgen von Vandalismus vor Augen zu<br />

führen. In Zusammenarbeit mit der Deutschen<br />

Bahn stellten sie zwei Zugwagen<br />

auf ein Nebengleis im Bahnhofsbereich.<br />

Bernd Schindler, Präventionsspezialist,<br />

griff selbst zur Spraydose und schlitzte<br />

(mit Erlaubnis der Bahn) ausrangierte<br />

Sitze in einem der Wagons auf, riss einen<br />

Feuerlöscher aus der Halterung und saute<br />

Sitze und Fußboden mit Chips und Essensresten<br />

ein. Um die finanziellen Folgen<br />

solcher Beschädigungen deutlich zu<br />

machen, klebte er über und neben jeden<br />

„Schandfleck“ einen Zettel mit den Materialkosten<br />

für dessen Beseitigung.<br />

Die Un-Kosten für Arbeitszeit, Ausfallzeiten<br />

und Ersatzbeschaffung erläuterten<br />

er und seine Kollegen in einem rund<br />

einstündigen Vortrag und einem Rundgang<br />

durch die Wagen. Nach dem Vorher-<br />

Nachher-Prinzip begann die Tour mit einem<br />

sauberen und unbeschädigten Wagen,<br />

wie ihn sich auch die Jugendlichen<br />

wünschen und endete im – inszenierten –<br />

Chaos des zweiten Wagons.<br />

Die anreisenden Jugendlichen waren be-<br />

im<br />

Norden<br />

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32 FLENSBURG JOURNAL • 09/2012

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