Herbstausgabe 2010 - Fachverein Jus | Universität Zürich ...
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Gesucht – gefunden? Was ich<br />
nicht finde – gibt es nicht!<br />
Zur Entwicklung der Informationskompetenz<br />
am Beispiel der Bibliothek<br />
des RWI<br />
<br />
Bibliothekskatalog, war noch frisch und verunsichernd, zumal<br />
die unsrige Generation nicht so selbstverständlich mit<br />
Computern aufgewachsen war wie die heutige. Der damalige<br />
elektronische Bibliothekskatalog, welcher mit Sicherheit<br />
nicht mit dem Bedienungskomfort der heutigen Online-Kataloge<br />
zu vergleichen ist, erzeugte wegen der fehlenden Medienkompetenz<br />
Berührungsängste.<br />
74, einen kleinen Schock davongetragen haben. Denn eine<br />
jahrelang nicht vorhandene Recherchetechnik macht sich<br />
bemerkbar und fordert ein persönliches Umdenken. Alt bewährte<br />
Standorte, jahrelang mühsam erworbenes Wissen,<br />
darüber, in welchem Regal, welches Buch steht, sind hinfällig,<br />
nichts ist mehr so wie es einmal war. Aber, wie sagt man<br />
so schön: Veränderungen sind zwar eine Herausforderung,<br />
aber bringen auch Chancen mit sich!<br />
Der Projektauftrag für diesen Neubau wurde übrigens<br />
bereits im Jahre 1989 erteilt, also etwa zeitgleich mit<br />
der Einführung der ersten elektronischen Bibliothekskataloge.<br />
Aber erst 2004 bezog die Bibliothek die neuen Örtlichkeiten,<br />
15 Jahre später, was nochmals ein signifikanter Schritt<br />
in der Entwicklung der Informationskompetenz der Bibliothek<br />
des RWI bedeuten sollte.<br />
Der weisse Naturstein und das helle Holz der Brüstungen<br />
lassen beim Betreten des Gebäudes zunächst einmal<br />
die Bücher nicht vermissen. Erst wenn man sich dann mit<br />
immer noch offenem Mund staunend erinnert, welchen Nutzen<br />
dieser imposante Bau erfüllen sollte, bemerkt man, dass<br />
die Bücher offenbar nicht das einzige Angebot dieser Bibliothek<br />
darstellen. In diesem Moment ist man wahrscheinlich<br />
bereits auf dem Hochparterre angelangt, dem sogenannten<br />
Infoboden. Dieser Infoboden ist mit zahlreichen Computern<br />
und einem Infodesk bestückt. Und doch beherbergt diese Bibliothek<br />
etwa 200 000 Bücher, auf über 5 Laufkilometer Regal<br />
verteilt, nämlich ganze 5 Stockwerke weiter oben, hinter den<br />
Brüstungen. Das ist viel, zuviel, um sich möglichst schnell<br />
zurechtfinden zu können.<br />
Die Bibliothek als Kompetenzzentrum im Netzwerk<br />
des Lernens<br />
Der effiziente und zuverlässige Zugriff auf dieses<br />
Wissen, ein wichtiger Wettbewerbsfaktor in Wirtschaft und<br />
Wissenschaft, ist unabdingbar. Vor allem in einer durch kos-<br />
tenlose Suchmaschinen geprägten Zeit, bei welcher sich<br />
immer mehr Menschen mit Websuchdiensten wie Google so<br />
schnell, wie diese Maschinen in wenigen Sekunden ihre Rechercheantwort<br />
senden, zufrieden geben.<br />
Um sicherzugehen, dass dieses angebotene und gebündelte<br />
Wissen auch genutzt wird, muss die Bibliothek entsprechenden<br />
Aufwand betreiben, um seine vielfältigen Informationsmittel<br />
zu bewerben. Benutzergruppenspezifische Kurse und<br />
entsprechende Informationsauskünfte erklären die Nutzung<br />
und vermitteln die dazu nötige Arbeitstechnik (effiziente Gewinnung<br />
der Informationen, Bewertung, Verstehen und Verarbeiten<br />
derselben). 1<br />
Das Bereitstellen von digitalen Ressourcen und<br />
der Infrastruktur ist nur eine Aufgabe der Bibliothek, dazu<br />
kommt auch noch die aktive Unterstützung des Lernprozesses<br />
der Studierenden. Damit soll gewährleistet werden,<br />
dass die Studierenden die Hochwertigkeit der zur Verfügung<br />
gestellten Informationen erkennen und Kenntnis über alle<br />
vorhandenen Informationsquellen erwerben können.<br />
Dies alles vor allem auch in Abgrenzung zu den Möglichkeiten<br />
und Grenzen der kostenlosen Internetsuchmaschinen:<br />
Relevante Rechtsinformationen sind häufig nur kostenpflichtig<br />
zugänglich. 2 Die kostenlosen Internetsuchmaschinen<br />
durchsuchen nicht das Angebot kostenpflichtiger Datenbanken,<br />
was sich so mancher Benutzer nicht bewusst ist!<br />
Informationsdschungel damals und heute<br />
Früher arbeitete jede Bibliothek mit Zettelkatalogen, um den<br />
Bestand nachzuweisen und auffindbar zu machen, auch die<br />
Bibliothek des RWI. Nach 1988 wurden diese Zettelkataloge<br />
nicht mehr weitergeführt, an deren Stelle hielt die «Elektronische<br />
Datenverarbeitung» mehr und mehr Einzug in wissenschaftliche<br />
Bibliotheken. Für den Bestand vor 1988 war<br />
nun der entsprechende Zettelkatalog zu konsultieren, während<br />
für Bücher, die danach erworben wurden, ausschliesslich<br />
im elektronischen Bibliothekskatalog gesucht werden<br />
musste. Während der Studienzeit meiner Generation (1990–<br />
1995) befanden sich die Studierenden in einer anderen Art<br />
von Informationsdschungel als es die Informationsvielfalt<br />
der heutigen Zeit mit sich bringt. Die Schnittstelle, gemeint<br />
ist der Wechsel vom alten Zettelkatalog zum ersten Online<br />
<br />
Der Katalogsaal von damals, noch im Gebäude an<br />
der Ecke Freie- und Steinwiesstrasse, bot alles Erdenkliche<br />
vom monumentalen Zettelkatalog (Schlagwort- und Autorenkatalog),<br />
zahlreichen Bibliographien und Nachschlagewerken,<br />
laufende Jahrgänge von Zeitschriften, 2 Kopierern<br />
und natürlich 4 ETHICS-Abfragestationen. ETHICS hiess das<br />
Bibliothekssystem Anfang der 90er Jahre bevor NEBIS dies<br />
dann im Jahre 2000 abgelöst hatte.<br />
Irgendwie fand man sich zurecht, aber eher ohne<br />
bewährtes System und vielleicht auch durch den guten Tipp<br />
eines Mitkommilitonen. Damals durfte, wegen der räumlichen<br />
Abgeschlossenheit, in diesem Katalograum geredet<br />
werden.<br />
Die Suche am Buchregal selbst war ebenfalls von<br />
entsprechender Bedeutung, Zufallstreffer ermutigten. Rochaden<br />
von ganzen Signaturen und Buchbeständen an andere<br />
Standorte innerhalb der Bibliothek, wie es in der heutigen<br />
RWI-Bibliothek z.B. aufgrund der Neusystematisierung mehr<br />
und mehr vorkommt, waren damals kein Thema. So konnte<br />
man sich doch wenigstens auf den Standort eines Titels verlassen,<br />
wenn man ihn auf welchem Wege auch immer - aber<br />
vermutlich nicht dem von den Bibliothekaren Empfohlenen<br />
- gefunden hatte. Diesen Titel nach einer Standortänderung<br />
wiederzufinden wäre fast chancenlos oder zumindest sehr<br />
aufwändig gewesen, weil man sich spätestens dann doch<br />
mit den entsprechenden Recherchemitteln hätte auseinandersetzen<br />
müssen.<br />
So mancher Bibliotheksbenutzer, der sich den<br />
Standort des einmal gefundenen Buches eingeprägt hatte,<br />
dürfte spätestens mit dem Umzug der gesamten Bibliothek<br />
in die neuen Räumlichkeiten im Innenhof der Rämistrasse<br />
Internet statt Bibliotheksbesuch?<br />
1989 entwickelte Tim Burners-Lee in Genf die<br />
Grundlagen für das World Wide Web. Er schrieb «Informationsmanagement:<br />
Ein Vorschlag» und konnte nicht ahnen,<br />
dass sein Entwurf später mit der Erfindung des Buchdrucks<br />
durch Johannes Gutenberg verglichen werden sollte. 3 Dabei<br />
wollte er nur das Informationschaos am Institut in den Griff<br />
bekommen. Aber erst etwa ab Mitte der 90er Jahre beginnt<br />
sich das Internet als bevorzugter Weg der elektronischen<br />
Kommunikation durchzusetzen, was auch auf die konkrete<br />
Arbeit wissenschaftlicher Bibliotheken erhebliche Auswirkungen<br />
hat. Die Online-Kataloge sind mittlerweile nur<br />
noch ein Element im gesamten Dienstleistungsangebot.<br />
Dazu kommen nun auch noch elektronische Zeitschriften,<br />
CD-ROM-Datenbanken im Netz, Volltextserver, Online-Datenbanken,<br />
die parallel zum Online-Bibliothekskatalog zur<br />
Verfügung stehen. 4<br />
Für die Bibliothek des RWI an der Freiestrasse bedeutete<br />
dies auch, dass im Laufe der Jahre die Anzahl der<br />
Katalog- und CD-Rom-Abfragestationen erhöht wurde.<br />
Ebenso kamen Internet-Abfragestationen dazu, diese natürlich<br />
noch in viel geringerer Anzahl als sie in der heutigen<br />
Bibliothek vorzufinden sind.<br />
Was ich nicht finde – gibt es nicht?<br />
Heute sind die Anforderungen an die Studierenden<br />
nicht minder, aber eben anders. Eine optimale Recherche<br />
Anfang bis Mitte 90er Jahre umfasste zum Beispiel die einschlägigen<br />
Allgemein- und Spezialbibliographien, die Suche<br />
im Schlagwort- oder Autorenzettelkatalog, die zahlreichen<br />
amtlichen Publikationen des Bundes und der Kantone (was<br />
hiess: Loseblattsammlungen wälzen!), viele Register bzw.<br />
Verzeichnisse und natürlich den ETHICS-Katalog, welcher<br />
die einzige elektronische Informationsquelle darstellte. Und<br />
dieser war ja auch nur eine Nachweis- und keine Volltextdatenbank.<br />
Ansonsten musste alles über Printpublikationen<br />
recherchiert werden, es gab noch kein Google, welches einem<br />
wenigstens einen Hinweis in der Orientierungslosigkeit<br />
des Suchens geben konnte. Denn zum Anrecherchieren eines<br />
Themas ist zum Beispiel Google sicherlich sehr nützlich.<br />
Aber dies darf nicht laut gesagt werden, denn die heutige<br />
38 Studium Studium<br />
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