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Karl May Zweite „Reise“ nach K U R D I S T A N - MJB-Verlag Mehr

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„Nicht ganz, Sir David. Übrigens ist es ausgemacht worden, daß wir uns vor Feindseligkeiten<br />

möglichst hüten wollen.“<br />

„Well, habe nichts dagegen gehabt. Aber wenn diese Kurden einmal kommen und mit uns anbinden<br />

wollen, so habe ich auch noch eine Rechnung mit ihnen auszugleichen. Gentlemen haben mich um<br />

zwei Finger gebracht, außerdem um Ecke von meinem Kopf. Will keineswegs ein Bluträcher sein,<br />

aber klingt doch nicht übel, wenn man sagen kann: Auge um Auge, Zahn um Zahn, Finger um Finger,<br />

Ecke um Ecke. Wenn sie uns in Ruhe lassen, werde ich ihnen nichts tun, halten sie es aber für gut, sich<br />

mit mir zu boxen, so sollen sie Hiebe bekommen, daß die Schwarten fliegen! Also, ich darf jetzt mit<br />

Euch gehen?“<br />

„Meinetwegen. Da Ihr Euch mit den Beduinen doch nicht recht unterhalten könnt, würde Euch hier<br />

die Zeit zu lang werden.“<br />

„Und wer geht noch mit?“<br />

„Halef natürlich.“<br />

„Und sein Boy?“<br />

„Wahrscheinlich, denn den läßt sein Vater doch nicht zurück.“<br />

„Well, hat sehr recht. Junge ist ganz tüchtiger Kerl und will von Euch lernen. Nehmt ihn also immer<br />

mit!“<br />

Der kleine Kara Ben Halef freute sich allerdings sehr, als er hörte, daß er uns mit seinem Vater<br />

begleiten dürfe. Wir vier stiegen den Berg hinab, <strong>nach</strong>dem ich Amad el Ghandur gebeten hatte, ja<br />

seine Leute nicht auf die Jagd gehen zu lassen. Ich traute ihm aber nicht so recht, denn seit er sich am<br />

Grab seines Vaters befand, schien er nicht nur abermals auf Rache zu sinnen, sondern auch gegen<br />

mich steifsinnig geworden zu sein.<br />

Als wir unten im Tal angekommen waren, drangen wir in den Wald ein, der den erwähnten<br />

Höhenzug bedeckte. Dort hatte ich damals auch gejagt. Ich hatte mich für diese Richtung entschieden,<br />

weil die Kurden, wenn sie ja nahten, aus einer andern kommen mußten.<br />

Wir hatten Glück. Halef war ein guter Jäger geworden; der Lord verstand sich auch auf das edle<br />

Weidwerk, und der kleine Kara Ben Halef machte seine Sache so gut, daß ich ihn öfter loben konnte.<br />

Nach Verlauf von vier Stunden stiegen wir, mit reicher Beute beladen, wieder zur Felsenhöhe empor.<br />

Oben angekommen, sah ich, daß ein Feuer brannte, über dem ein frischer Braten schmorte.<br />

„Also ist doch jemand von euch fort gewesen?“ fragte ich Amad el Ghandur. „Ich hatte doch<br />

gebeten, dies unbedingt zu unterlassen!“<br />

„Sollten wir hier sitzen und faulenzen, während ihr euch plagt?“ antwortete er. „Du erlaubst diesem<br />

Knaben, Wild zu holen, und den erwachsenen Kriegern soll es nicht gestattet sein!“<br />

„Der Knabe befand sich bei mir; da war ich sicher, daß er keinen Fehler beging.“<br />

„Die vier Männer, die ich fortschickte, haben auch keinen begangen.“<br />

„Das ist fraglich. Es wäre jedenfalls besser gewesen, wenn sie den Gang unterlassen hätten.“<br />

„Nein! Es ist im Gegenteil gerade sehr vorteilhaft für uns, daß sie ihn unternommen haben, denn sie<br />

haben eine sehr wichtige Botschaft mit zurückgebracht.“<br />

„Ah? Welche?“<br />

„Daß die Bebbeh heuer nicht hierher kommen. Du siehst also, daß deine große Ängstlichkeit gar<br />

keinen Grund hatte!“<br />

Er lächelte mich dabei ein wenig von oben herab an. Mir schien die Sache nicht ganz geheuer zu<br />

sein; darum antwortete ich:<br />

„Von Ängstlichkeit kann keine Rede sein. Ich bin vorsichtig, aber Angst habe ich nicht. Du<br />

gebrauchst den Ausdruck ‚Botschaft‘. Zu einer Botschaft gehören aber zwei, einer, der sie gibt, und<br />

einer, der sie weiterträgt. Von wem haben deine Leute diese Botschaft erhalten?“<br />

„Von zwei Soran-Kurden.“<br />

„Ah! Wo haben sie diese getroffen?“<br />

„Unten am Wasser, wo der Kampfplatz war.“<br />

„Zum Teufel!“ brauste ich da auf, ganz gegen meine Gewohnheit, da ich mich sonst in jeder Lage<br />

bestrebe, gelassen zu sein. „Wer hat ihnen denn erlaubt, gerade diesen Platz wieder aufzusuchen?“<br />

„Ich!“ antwortete er und bohrte einen festen, beinahe herausfordernden Blick in mein Gesicht.

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