Berliner Zustände 2008 - Apabiz
Berliner Zustände 2008 - Apabiz
Berliner Zustände 2008 - Apabiz
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Quelle: ReachOut, Stand: 29.03.2009<br />
*Unklar: Wenn Menschen unvermittelt, ohne es sich selbst erklären<br />
zu können, ohne dass einschlägige Beleidigungen geäußert<br />
werden, von rechten ‚TäterInnen angegriffen werden.<br />
*Sonstige: Bspw. sexistisch motivierte Angriffe auf Frauen von<br />
rechten Tätern<br />
Beamten steigen daraufhin<br />
ein und fahren los. Mit dem<br />
Mann wird nach wie vor nicht<br />
gesprochen. Die Fahrt endet an<br />
der Wohnung des Mannes. Er<br />
wird aus dem Wagen gezogen.<br />
Die BeamtInnen gehen mit<br />
ihm zur Wohnungstür, die von<br />
der Beamtin aufgeschlossen<br />
wird. Sie betritt die Wohnung<br />
alleine. Sie ruft ihren Kollegen<br />
zu, es sei niemand in der Wohnung.<br />
Daraufhin wird er von einem Beamten<br />
an den Handschellen in den Flur<br />
geschoben. Der gleiche Beamte tritt<br />
ihm plötzlich von hinten in die Wade<br />
und lässt dabei die Handschellen<br />
los. Der Mann fällt mit voller Wucht<br />
zu Boden und schlägt mit dem Kopf<br />
gegen eine Wand. Er liegt nun bäuchlings<br />
am Boden. Der Polizist stellt<br />
sich auf die Waden des Opfers, beugt<br />
sich nach vorne und hält die Handschellen<br />
wieder fest und drückt den<br />
Kopf zu Boden. Kurz darauf kommt<br />
die Ehefrau des Mannes aus dem<br />
Schlafzimmer. Der Polizist steigt von<br />
dem Mann herunter. Die Frau wird<br />
nach dem Pass gefragt. Ihr Mann sagt<br />
ihr, dass er den BeamtInnen schon<br />
längst gesagt habe, dass sich der Pass<br />
im Rucksack befände. Die Beamtin<br />
nimmt ihm nun die Handschellen ab.<br />
Dabei sagt sie zu dem Mann, wenn er<br />
Widerstand leisten würde, werde sie<br />
ihn umbringen. Dann verlassen die<br />
PolizistInnen die Wohnung.<br />
Kurze Zeit später geht der Mann<br />
gemeinsam mit seiner Ehefrau zum<br />
nächsten Polizeiabschnitt, um Anzeige<br />
gegen die BeamtInnen zu<br />
erstatten. Als die Ehefrau gerade<br />
beginnt den Grund für die Anzeige<br />
zu schildern, hören sie aus dem<br />
Raum nebenan, dass die Beamtin, die<br />
den Mann kurz zuvor misshandelt<br />
und bedroht hat, sagt: Das könne ja<br />
wohl nicht wahr sein. Wenn sie jetzt<br />
Anzeige erstatten würden, werde<br />
man gegen den Mann Anzeige wegen<br />
Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte<br />
erstatten. Der Beamte, mit<br />
dem die Ehefrau gesprochen hatte,<br />
begleitet den Mann daraufhin nach<br />
draußen. Auch seine Ehefrau kommt<br />
kurz darauf zu ihm. Anzeige konnte<br />
sie nicht erstatten. Die beiden gehen<br />
zum nächsten Polizeiabschnitt und<br />
erstatten dort eine Anzeige gegen die<br />
BeamtInnen.<br />
Als der Mann schließlich eine Vorladung<br />
zur Vernehmung als Beschuldigter<br />
erhält, geht er zu einer Anwältin,<br />
weil er all das gar nicht nachvollziehen<br />
kann. Zu diesem Zeitpunkt ist<br />
die rassistische Beleidigung, die die<br />
Angreifer ihm gegenüber geäußert<br />
haben, bereits verjährt. An dem<br />
Tag, als er Anzeige gegen die Polizei<br />
gestellt hat, denkt er nicht daran,<br />
auch seine ursprünglichen Verfolger<br />
anzuzeigen. Die Anwältin schickt den<br />
Betroffenen dann im Sommer <strong>2008</strong><br />
zu ReachOut.<br />
Erst später, im Laufe des Ermittlungsverfahrens,<br />
erfährt das Opfer, dass<br />
die Polizei von seinen ursprünglichen<br />
Verfolgern gerufen wurde. Das Verfahren<br />
gegen die BeamtInnen wird<br />
zunächst von der Staatsanwaltschaft<br />
eingestellt. Der Einsatz des Pfeffersprays<br />
sei angebracht gewesen. „Der<br />
Einsatz des Pfeffersprays durch den<br />
Beschuldigten (...) war geeignet, der<br />
Gefahr zu begegnen. Dies wird schon<br />
dadurch belegt, dass Ihr Mandant,<br />
nachdem der Beschuldigte das Pfefferspray<br />
eingesetzt hatte, seinen Fuß<br />
von der Mittelkonsole entfernte und<br />
insgesamt eine korrekte Sitzposition<br />
einnahm.“<br />
Gegen diese Entscheidung legt die<br />
Anwältin des Betroffenen Beschwerde<br />
ein, die inzwischen ebenfalls zurückgewiesen<br />
wurde. Das Ermittlungsverfahren<br />
gegen den Polizeibeamten<br />
bleibt eingestellt. Inwieweit weitere<br />
juristische Möglichkeiten von Seiten<br />
des Opfers ausgeschöpft werden können,<br />
ist unklar, weil der Mann nicht<br />
über die notwendigen finanziellen<br />
Mittel verfügt.<br />
Die beiden Verfahren gegen das Opfer<br />
aufrgund der Anzeige durch die Angreifer<br />
und der Polizei werden ebenfalls<br />
eingestellt.<br />
Ein Schattenbericht über Rechtsextremismus, Rassismus und Homophobie | <strong>Berliner</strong> <strong>Zustände</strong> <strong>2008</strong> 11