Berliner Zustände 2008 - Apabiz
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Eine Dunkelziffer bleibt<br />
Die Ergebnisse eines Registers spiegeln<br />
das Klima in einem Bezirk auf<br />
mehreren Ebenen wider. Das Bild, das<br />
im Register vom Bezirk gezeichnet<br />
wird, sagt nicht nur etwas über die<br />
Aktivitäten der lokalen rechtsextremen<br />
Szene aus. Eine hohe Anzahl<br />
von Meldungen bedeutet auch, dass<br />
es viele BürgerInnen und AntifaschistInnen<br />
im Bezirk gibt, die mit<br />
offenen Augen durch die Straßen<br />
gehen und entsprechende Vorkommnisse<br />
an die Registerstelle weitergeben.<br />
Oft wird rechtsextreme Propaganda<br />
nicht nur gemeldet, sondern<br />
auch sofort entfernt. Wir machen<br />
dieses Engagement mit dem Zusatz<br />
„Die Propaganda wurde umgehend<br />
entfernt“ im Register sichtbar.<br />
Wenn in bestimmten Stadtteilen<br />
wenig Vorfälle gemeldet werden, ist<br />
dies nicht zwangläufig ein positives<br />
Signal und ein Hinweis für das<br />
Nichtvorhandensein rechtsextremer<br />
Aktivitäten, sondern deutet möglicherweise<br />
auf eine geringe Sensibilisierung,<br />
eine Gewöhnung oder sogar<br />
Akzeptanz der BewohnerInnen hin.<br />
Eine Dunkelziffer ist daher immer mit<br />
einzukalkulieren<br />
Die Zählung der Register birgt weitere<br />
Schwierigkeiten. So werden eine<br />
Sprüherei, Aufkleber sowie ein Aufmarsch<br />
mit 500 Rechtsextremisten<br />
in der Statistik jeweils mit einem<br />
Eintrag erfasst. Die Auswirkung des<br />
jeweiligen Vorkommnisses, die Traumatisierung<br />
eines Übergriffsopfers<br />
oder die propagandistische Wirkung<br />
eines Aufmarschs ist nur schwer an<br />
einer Register-Meldung abzulesen.<br />
Aus diesem Grund ist eine ausführliche<br />
Kommentierung und Analyse<br />
der bloßen Registerzahlen nicht nur<br />
Beiwerk, sondern ein wesentliches<br />
Element der halbjährlichen Berichte.<br />
So können Schwerpunkte rechtsextremer<br />
Aktivitäten und besonders<br />
schwere Übergriffe herausgehoben<br />
und in einen Kontext gestellt werden.<br />
Trotz einer hohen Anzahl von<br />
Angriffen mit rassistischem Hintergrund,<br />
kann von einer noch höheren<br />
Dunkelziffer ausgegangen werden.<br />
Neben der hohen Hemmschwelle, die<br />
viele MigrantInnen haben mit ihren<br />
Diskriminierungserfahrungen an die<br />
Öffentlichkeit zu gehen, sind vor<br />
allem (alltags)rassistische Stereotype<br />
und Einstellungen so weit in der<br />
Mitte der Gesellschaft vorhanden,<br />
dass sie meist kaum noch als solche<br />
wahrgenommen werden.<br />
Durch ihre lokale Verankerung in<br />
den Bezirken und ihren partizipativen<br />
Ansatz können Registerstellen<br />
maßgeblich dazu beitragen, Sensibilisierungsprozesse<br />
vor Ort anzustoßen<br />
sowie die demokratische Kultur und<br />
das Engagement gegen Rechtsextremismus<br />
zu stärken.<br />
1 Detaillierte Informationen zum Verhalten<br />
der NPD–Verordneten in der Lichtenberger<br />
BVV finden sich bei dem Projekt: „Auseinandersetzung<br />
mit Rechtsextremismus in<br />
kommunalen Gremien Berlins - Dokumentation<br />
und Analyse“ (www.mbr-berlin.de/Verein/Rechtsextremismus_in_den_BVVen)<br />
2 Am 29.11.2009 fand in der Kneipe „Jägerheim“<br />
in Lichtenberg eine Mobilisierungsveranstaltung<br />
für den rechtsextremen Aufmarsch<br />
statt, auf der u.a. der norddeutsche<br />
Kameradschaftsführer Thomas „Steiner“<br />
Wulff sprach.<br />
Licht-Blicke-Netzwerk für Demokratie und Toleranz<br />
(pad e.V.) unterstützt seit 2002, finanziert durch das Bezirksamt<br />
Lichtenberg, Initiativen, Einrichtungen und Privatpersonen, die das<br />
zivilgesellschaftliche Engagement vor Ort stärken und sich für demokratische<br />
Werte und Menschenrechte einsetzen. Alle die in ihrem Kiez<br />
aktiv werden möchten, begleiten wir bei der Entwicklung von Ideen<br />
und Aktionen. Wir bieten Informationen und Argumentationstrainings<br />
zu den Themen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus, die<br />
Moderation kommunaler Diskurse zur Entwicklung einer demokratisch<br />
organisierten Zivilgesellschaft sowie Beratung und Coaching für LehrerInnen<br />
und MultiplikatorInnen der sozialen Arbeit.<br />
Lichtenberger Register<br />
www.licht-blicke.org<br />
Pankower Register<br />
www.pfefferwerk.net/stadtkultur/stadtteilarbeit/moskito.html<br />
Register Friedrichshain<br />
www.register-friedrichshain.de<br />
Register Treptow – Köpenick<br />
www.register-tk.de<br />
Verzeichnis Marzahn – Hellersdorf<br />
www.stiftung-spi.de/sozraum/sr_polis.html<br />
Ein Schattenbericht über Rechtsextremismus, Rassismus und Homophobie | <strong>Berliner</strong> <strong>Zustände</strong> <strong>2008</strong> 17