Berliner Zustände 2008 - Apabiz
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Eine Frage der Perspektive<br />
Angriffe in Berlin<br />
Im Jahr <strong>2008</strong> müssen in Berlin wieder vermehrt rechte und rassistische Gewalt festgestellt<br />
werden. Die <strong>Berliner</strong> Opferberatungsstelle ReachOut schaut aber nicht nur<br />
auf die Zahlen, sondern hat durch ihre Arbeit mit den Betroffenen einen kritischen<br />
Blick auf die Hintergründe der Taten sowie auf den Umgang der Polizei mit diesen.<br />
So scheint das Anerkennen der rassistischen Motivation der TäterInnen nicht gerade<br />
zu den Stärken mancher BeamtInnen zu gehören. Zwei Beispiele geben Auskunft.<br />
Von Sabine Seyb (ReachOut)<br />
„Der Rückgang der Gewalttaten sollte<br />
aber keinen Anlass zur Entwarnung<br />
geben. Dagegen sprechen schon jetzt<br />
die brutalen Angriffe zu Beginn des<br />
Jahres <strong>2008</strong>.“ So lesen wir in dem<br />
Artikel von ReachOut, der <strong>Berliner</strong><br />
Beratungsstelle für Opfer rechter,<br />
rassistischer und antisemitischer Gewalt,<br />
für den Schattenbericht 2007.<br />
Tatsächlich waren die Angriffe in<br />
2007 im Vergleich zu 2006 gesunken.<br />
Allerdings kamen, wie immer, auch<br />
im Laufe des Jahres <strong>2008</strong> noch etliche<br />
Nachmeldungen hinzu. Für das<br />
Jahr <strong>2008</strong> müssen wir nun wieder<br />
einen Anstieg rechter, rassistischer<br />
Angriffe und massiver Bedrohungen<br />
in Berlin feststellen.<br />
Die Zahlen<br />
ReachOut verzeichnet für das Jahr<br />
<strong>2008</strong> insgesamt 148 Angriffe in Berlin.<br />
Zum Vergleich: Bis Februar des<br />
vergangenen Jahres wurden 112 Angriffe<br />
aus dem Jahr 2007 registriert.<br />
Von den 148 Angriffen sind in der<br />
„Chronik rechtsextremer, rassistischer<br />
und antisemitischer Angriffe und Bedrohungen“<br />
(siehe S. 47 und www.<br />
reachoutberlin.de) 139 Fälle dokumentiert.<br />
Einige der Opfer lehnen<br />
aus Angst vor weiteren Gewalttaten<br />
jede Form der Veröffentlichung des<br />
Angriffs ab. In 65 (2007: 39) Fällen<br />
wurden Menschen aus rassistischen<br />
Motiven angegriffen. Diese stellten<br />
mit Abstand die größte Gruppe dar.<br />
26 Gewalttaten trafen Linke (2007:<br />
30), vor allem AntifaschistInnen.<br />
Gegen nicht-rechte, alternative Jugendliche<br />
und Erwachsene richteten<br />
sich 30 (2007: 28) Angriffe, 4 (2007:<br />
7) Angriffe waren antisemitisch motiviert.<br />
Der enorme Anstieg von rassistisch<br />
motivierten Angriffen ist besorgniserregend.<br />
Erfahrungsgemäß handelt<br />
es sich in diesen Fällen nicht um klar<br />
eingrenzbare Tätergruppen. Häufig<br />
sind die AngreiferInnen vorher nie<br />
auffällig geworden und auch den<br />
Ermittlungsbehörden bis dahin nicht<br />
bekannt gewesen. Das TäterInnenspektrum<br />
ist relativ groß, sowohl<br />
im Hinblick auf das Alter als auch<br />
bezüglich der sozialen Herkunft. Wir<br />
müssen davon ausgehen, dass es sich<br />
bei den meisten dieser Angriffe um<br />
spontane Gelegenheitstaten handelt.<br />
Leute mit rassistischen Einstellungen<br />
schlagen unvermittelt zu, wenn sich<br />
die Möglichkeit bietet. Schon allein<br />
das Aussehen der Opfer oder dass<br />
sich jemand, nach Auffassung der<br />
TäterInnen, zur „falschen Zeit am<br />
falschen Ort“ aufhält, kann einen gewalttätigen<br />
Angriff provozieren. Für<br />
die potenziell Betroffenen bedeutet<br />
das, dass sie sich an kaum einem Ort<br />
zu keiner Zeit wirklich sicher fühlen<br />
können. Die Bedrohung ist immer<br />
gegenwärtig.<br />
Etwas anders sieht das nach unseren<br />
Beobachtungen bei Gewalttaten gegen<br />
Linke oder alternative Jugendliche<br />
aus. Hier sind die TäterInnen<br />
sehr viel häufiger der rechtsextremen<br />
Szene oder deren Umfeld zuzurechnen.<br />
Die Angriffe richten sich in<br />
manchen Fällen sogar ganz gezielt<br />
gegen einzelne Personen, die für<br />
ihr politisches Engagement gegen<br />
Rechtsextremismus bekannt sind.<br />
Die Orte<br />
86 Angriffe (2007: 70) und somit die<br />
meisten fanden auch im vergangenen<br />
Jahr im öffentlichen Raum statt. In<br />
Ein Schattenbericht über Rechtsextremismus, Rassismus und Homophobie | <strong>Berliner</strong> <strong>Zustände</strong> <strong>2008</strong>