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Berliner Zustände 2008 - Apabiz

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Kritische Weißseinsforschung<br />

für die Praxis<br />

Mit der Frage „Rassismus gegen Deutsche?“ wurde im letzten Schattenbericht eine Diskussion zur Instrumentalisierung<br />

des Rassismusbegriffes begonnen, die mit diesem Beitrag zur kritischen Weißseinsforschung fortgeführt<br />

werden soll. Was bedeutet es für die alltägliche Praxis, weiße Privilegien sichtbar zu machen und die dahinterliegenden<br />

Normen und Machtstrukturen zu reflektieren?<br />

Von Andrés Nader und Yasemin Yildiz<br />

Bei der „kritischen Weißseinsforschung“,<br />

die sich in den letzten<br />

Jahren auch in Deutschland etabliert<br />

hat, stehen im Mittelpunkt des<br />

Interesses die Rassismen der dominanten<br />

Gesellschaft und nicht die<br />

vermeintlichen oder auch tatsächlichen<br />

Eigenschaften derjenigen, die<br />

vom Rassismus betroffen sind. Die<br />

grundlegende und bahnbrechende<br />

Sammlung Mythen, Masken und Subjekte:<br />

Kritische Weißseinsforschung in<br />

Deutschland, die 2005 von Maureen<br />

Maisha Eggers, Grada Kilomba, Peggy<br />

Piesche und Susan Arndt herausgegeben<br />

wurde, fasst den gegenwärtigen<br />

Stand dieser Forschungsrichtung gut<br />

zusammen. 1 Wie Fatima El-Tayeb dort<br />

im Vorwort bemerkt: „Entgegen der<br />

landläufigen Meinung, dass Rassismus<br />

nur dann und dort existiert, wo<br />

als Nicht-Weiß Definierte präsent<br />

sind, ist es vielmehr die Präsenz<br />

sich als weiß definierender Bevölkerungen,<br />

die Rassismus produziert“. 2<br />

Es geht also darum, den Blick von<br />

den „Anderen“ auf das scheinbar<br />

unproblematische Selbstverständnis<br />

und die unreflektierten Praktiken der<br />

dominanten Gesellschaft zu lenken.<br />

Wie die kritische Weißseinsforschung<br />

darlegt, sind Weißsein und nicht-<br />

Weißsein als Resultat von Rassifizierungsprozessen<br />

zu verstehen.<br />

Erst innerhalb eines rassifizierenden<br />

Rahmens wird so etwas wie Haut<br />

zu einem Unterscheidungskriterium<br />

und bekommt eine „Farbe“, die<br />

wiederum mit Bedeutung aufgeladen<br />

wird. Das Besondere am Weißsein ist,<br />

dass es trotz dieser Aufladung auf<br />

scheinbar unsichtbare Art funktioniert.<br />

Es verschafft denjenigen, die<br />

als weiß definiert werden, Zugang<br />

zu Machtstrukturen und Privilegien,<br />

deren sie sich in der Regel nicht<br />

einmal bewusst sind. Weißsein konstruiert<br />

sich als universelle Norm und<br />

präsentiert sich als selbstverständlich<br />

und belanglos zugleich. In der deutschen<br />

Mehrheitsgesellschaft wird fast<br />

ausschließlich das nicht-Weißsein als<br />

Problem gesehen und die Ausschlussmechanismen<br />

werden verdrängt, die<br />

diese Norm in Kraft halten. Eine Praxis,<br />

die sich dessen bewusst ist, muss<br />

versuchen, diese aus der dominanten<br />

Perspektive unsichtbar gemachte<br />

Norm wieder sichtbar zu machen.<br />

Der vorliegende Beitrag will versuchen,<br />

diese Einsicht der kritischen<br />

Weißseinsforschung für die Praxis<br />

von Projekten und Einrichtungen<br />

fruchtbar zu machen, die sich in der<br />

politischen, bildungspolitischen oder<br />

beratenden Arbeit gegen Rechtsextremismus,<br />

Rassismus und Antisemitismus<br />

engagieren. Unser Ziel ist es,<br />

auf einige der unausgesprochenen<br />

oder tabuisierten Annahmen und<br />

Privilegien von Weißsein aufmerksam<br />

zu machen. Dabei greifen wir kurz<br />

drei unterschiedlich gelagerte Problematiken<br />

auf, nämlich verbreitete<br />

sprachliche Konventionen, gängige<br />

Erklärungsmuster und Personalpolitik.<br />

„Deutsche“<br />

An der medial aufgebauschten Debatte<br />

um „Rassismus gegen Deutsche“<br />

und der Gegenpositionierung von<br />

antirassistischen Initiativen wird<br />

eine Problematik deutlich sichtbar,<br />

die für die antirassistische Praxis<br />

von fundamentaler Bedeutung ist.<br />

In der Kritik des Missbrauchs des<br />

Rassismusbegriffs heißt es, dass es<br />

18 <strong>Berliner</strong> <strong>Zustände</strong> <strong>2008</strong> | Ein Schattenbericht über Rechtsextremismus, Rassismus und Homophobie

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