Sommer 2011 - Stadtgemeinschaft Tilsit eV - Ostpreußen
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ten gemeinsam ein Fuhrgeschäft auf.<br />
Beide Brüder suchten nun nach einer<br />
Unterkunft für uns. Wir durften nicht<br />
eher Dänemark verlassen, bis mein<br />
Vater ein amtliches Schreiben der<br />
Gemeinde schickte, dass er für uns<br />
eine Unterkunft gefunden hatte. In einem<br />
schönen Zweifamilienhaus fand<br />
er für uns ein großes möbliertes<br />
Zimmer. Es dauerte nicht mehr lange<br />
und er konnte für unsere Ausreise alle<br />
nötigen Papiere vorlegen. Im Januar<br />
1947 war es dann so weit. Wir konnten<br />
endlich zu meinem Vater reisen.<br />
Von unseren Verwandten hatten wir<br />
uns schweren Herzens verabschiedet.<br />
Es tat uns so leid, dass wir sie in<br />
dieser Misere zurück lassen mussten.<br />
Als wir per Bahn die deutsche Grenze<br />
in Flensburg erreichten, mussten<br />
wir noch einmal durch eine Entlausungsanlage<br />
und konnten dann zu<br />
einem Auffanglager nach Lübeck<br />
weiterfahren. Dort wartete schon<br />
mein Vater auf uns. Günter sah ihn<br />
zuerst und rannte sofort auf ihn los.<br />
Wir umarmten uns überglücklich und<br />
konnten uns gar nicht loslassen.<br />
Wie kam es nach so vielen Jahren zu diesem Bericht?<br />
Hiermit begann ein neuer Abschnitt<br />
unseres Lebens. Sophie hatte Gott<br />
sei Dank ihre Eltern und Geschwister<br />
heil in Flensburg wiedergefunden.<br />
Meine Großeltern hatten einen schönen<br />
Lebensabend in Borgholzhausen<br />
(Teutoburger Wald) bei Halle/Westfalen.<br />
Meine Tante mit ihren Kindern<br />
kam nach Lahr/Schwarzwald. Unser<br />
Frachtschiff RO 22, das nach Gotenhafen<br />
zurück fahren musste, um<br />
neue Flüchtlinge zu holen, ist auf diesem<br />
Weg versenkt worden. Es soll<br />
keine Überlebenden gegeben haben.<br />
Mein Mann und ich haben 1973 in<br />
Wien das Schiff als Modell im Schaufenster<br />
gesehen und wollten den<br />
Bausatz kaufen. Es ist schon kurios,<br />
als der Verkäufer diesen Karton öffnete,<br />
war er leer.<br />
Ich hoffe, lieber Winfried, dass Du mit<br />
der Übersetzung des langen Textes<br />
in Englisch nicht zu viel Mühe hattest.<br />
So, nun kennst Du unsere Flucht und<br />
was wir unterwegs durchmachen<br />
mussten.<br />
Liebe Grüße senden Dir<br />
Ingeborg und Hans-Dieter<br />
Mit meinen Eltern und 2 Brüdern habe ich bis Januar 1945 in Allenstein in der<br />
Hohensteiner Str. 55 im 1. Stock gewohnt. Im gleichen Haus, aber Parterre,<br />
lebte eine Familie Flamma mit 2 Söhnen, der eine hieß Winfried. Er war mein<br />
Spielkamerad, wie andere Kinder auch. Meine Mutter, Hildegard Grunenberg,<br />
war mit Frau Flamma eng befreundet.<br />
Seit der Flucht hatte ich nichts mehr von der Familie gehört, eine Suchanzeige<br />
beim DRK in den 50er Jahren war erfolglos.<br />
Weihnachten 2008 las ich im AHB eine von Winfried Flamma aufgegebene<br />
Todesanzeige von Frau Volkmann, geb. Flamma, früher wohnhaft in Allenstein,<br />
Hohensteiner Str. 39.<br />
Ein Telefonat, eine Anfrage an die <strong>Stadtgemeinschaft</strong> und dank AHB war die<br />
Verbindung mit Winfried in Kanada nach 63 Jahren per E-Mail wieder hergestellt!<br />
Der Kontakt besteht bis heute.<br />
Ingeborg Lovis, geb. Grunenberg<br />
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