17.11.2013 Aufrufe

Neophyten in Schleswig-Holstein: Problem oder ... - Bordesholm

Neophyten in Schleswig-Holstein: Problem oder ... - Bordesholm

Neophyten in Schleswig-Holstein: Problem oder ... - Bordesholm

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Neophytische Gehölzart der schleswig-holste<strong>in</strong>ischen<br />

Wälder ist allen voran die Späte Traubenkirsche<br />

(Prunus serot<strong>in</strong>a), das Forstunkraut<br />

Nummer e<strong>in</strong>s, auf die als e<strong>in</strong>e der <strong>Problem</strong>arten<br />

Dr. Brehm <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Beitrag noch<br />

gesondert e<strong>in</strong>geht. Aber auch Sitkafichte,<br />

Fichte und Grauerle s<strong>in</strong>d hier zu nennen.<br />

E<strong>in</strong>e bedeutende neophytische Gehölzpflanze<br />

ist die Rob<strong>in</strong>ie (Rob<strong>in</strong>ia pseudacacia). Sie tritt<br />

zwar bei uns nur vere<strong>in</strong>zelt auf, ist allerd<strong>in</strong>gs<br />

<strong>in</strong> den benachbarten östlichen Bundesländern<br />

Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg<br />

e<strong>in</strong>e <strong>Problem</strong>art auf Trockenstandorten. Der<br />

wärmeliebende, ursprünglich aus Nordamerika<br />

stammende Baum wurde wegen se<strong>in</strong>er<br />

Schnellwüchsigkeit schon im 17. Jahrhundert<br />

nach Europa e<strong>in</strong>geführt. Wegen se<strong>in</strong>er Fähigkeit,<br />

den Luftstickstoff zu b<strong>in</strong>den, verändert<br />

die Rob<strong>in</strong>ie durch Eutrophierung nachhaltig die<br />

Standorteigenschaften.<br />

Dies vermögen die Spiersträucher (Spirea<br />

alba und salicifolia als Sammelarten) zwar<br />

nicht zu tun, sie bevölkern allerd<strong>in</strong>gs auf der<br />

schleswig-holste<strong>in</strong>ischen Geest zahlreiche alte<br />

Knickwälle. Als Deckungspflanze für gut jagdbare<br />

Neozoen ausgebracht (man nennt sie<br />

deshalb auch „Fasanenspiere“) und als fester<br />

Bestandteil <strong>in</strong> den Pflanzlisten bei Flurbere<strong>in</strong>igungsverfahren<br />

ersetzen sie dort die artenreichen<br />

Knicks und dr<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> die Trockenstandorte<br />

vor. Sie vermehren sich dabei überwiegend<br />

vegetativ über unterirdische Ausläufer.<br />

Wenn man über <strong>Neophyten</strong> <strong>in</strong> schleswig-holste<strong>in</strong>ischen<br />

Wäldern und Feldgehölzen redet,<br />

dann darf das Kle<strong>in</strong>blütige Spr<strong>in</strong>gkraut (Impatiens<br />

parviflora) nicht fehlen. Ich muss ehrlicherweise<br />

gestehen, dass ich trotz Studiums<br />

der Vegetationskunde bis vor e<strong>in</strong>iger Zeit gar<br />

nicht wusste, dass es sich bei Impatiens parviflora<br />

um e<strong>in</strong>en <strong>Neophyten</strong> handelt. Das ist e<strong>in</strong>deutig<br />

e<strong>in</strong>e Wissenslücke, aber gleichzeitig<br />

bezeichnend für den Grad der Naturalisation<br />

dieser E<strong>in</strong>jährigen. Das Kle<strong>in</strong>blütige Spr<strong>in</strong>gkraut<br />

ist gleichzeitig e<strong>in</strong> Beispiel für e<strong>in</strong>en <strong>Neophyten</strong>,<br />

der se<strong>in</strong>e eigene ökologische Nische<br />

<strong>in</strong> den Buchen- und Buchenmischwäldern gefunden<br />

hat: Durch se<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Lichtbedürftigkeit<br />

und die E<strong>in</strong>nahme e<strong>in</strong>es anderen Wurzelhorizontes<br />

sowie durch se<strong>in</strong>e jahreszeitliche<br />

E<strong>in</strong>nischung tritt es weder <strong>in</strong> unmittelbare<br />

Konkurrenz zu se<strong>in</strong>em heimischen Verwandten<br />

Impatiens nolitangere noch zu anderen<br />

Kräutern und Geophyten unserer mesophilen<br />

Wälder. Impatiens parviflora stammt aus<br />

Mittelasien und wurde wegen se<strong>in</strong>er attraktiven<br />

Spr<strong>in</strong>gfrüchte <strong>in</strong> die Botanischen Gärten<br />

und Parkanlagen gebracht, von wo aus es Mitte<br />

des letzten Jahrhunderts auswilderte.<br />

Zwar verwildern die meisten <strong>Neophyten</strong> an<br />

anthropogenen Standorten (etwa zwei Drittel),<br />

naturnahe Lebensräume werden allerd<strong>in</strong>gs<br />

auch heimgesucht. Die nächsten Beispiele,<br />

die ich vorstelle, sollen dies verdeutlichen.<br />

In e<strong>in</strong>igen Hochmooren des Landes, so zum<br />

Beispiel im Dosenmoor, konkurriert die Großfrüchtige<br />

Moosbeere (Vacc<strong>in</strong>ium macrocarpon)<br />

mit den heimischen Heidekräutern um<br />

entsprechende ökologische Nischen. Sie<br />

stammt aus Nordamerika, wo sie zum Zwecke<br />

der Saftgew<strong>in</strong>nung kultiviert wird, und fällt<br />

durch die fast e<strong>in</strong>en Zentimeter großen Beeren<br />

auf.<br />

E<strong>in</strong> weitaus bedrohlicherer Anschlag auf die<br />

hiesige Moorflora könnte allerd<strong>in</strong>gs von der<br />

Amerikanischen Kulturheidelbeere (Vacc<strong>in</strong>ium<br />

corymbosum x angustifolium) ausgehen,<br />

die im benachbarten Niedersachsen schon <strong>in</strong><br />

zahlreichen Hochmoorresten vorkommt. Da<br />

sie im Nachbarland bereits auf 900 ha angebaut<br />

wird, ist es nur e<strong>in</strong>e Frage der Zeit, bis<br />

sie auch bei uns auftaucht. Gesehen habe ich<br />

sie allerd<strong>in</strong>gs bislang nicht.<br />

Der Kalmus (Acorus calmus) bevölkert seit<br />

Jahrhunderten die Röhrichte der nährstoffreichen<br />

Seen des Landes. Die alte Arzneipflanze<br />

- „Deutscher Ingwer“ wird sie auch genannt -<br />

wurde bereits im 16. Jahrhundert von den<br />

Mönchen aus Südostasien e<strong>in</strong>geführt, unter<br />

anderem, weil sich daraus e<strong>in</strong> wohlschmeckender<br />

aromatischer Likör brauen lässt.<br />

So unauffällig das Dase<strong>in</strong> der e<strong>in</strong>en Gewässerpflanze<br />

ist, so spektakulär ist jenes der Kanadischen<br />

Wasserpest zu Beg<strong>in</strong>n des 20. Jahrhunderts<br />

gewesen, dass selbst die literarische<br />

Prom<strong>in</strong>enz sich berufen sah, gespenstische<br />

Szenarien zu entwickeln: Hierzu e<strong>in</strong> Hermann<br />

Löns - Zitat:<br />

„Es erhob sich überall e<strong>in</strong> schreckliches Heulen<br />

und Zähneklappern, denn der Tag schien<br />

nicht mehr fern, da alle B<strong>in</strong>nengewässer Europas<br />

bis zum Rand mit dem Kraute gefüllt waren,<br />

so dass ke<strong>in</strong> Schiff mehr fahren, ke<strong>in</strong><br />

Mensch mehr baden, ke<strong>in</strong>e Ente mehr gründeln<br />

und ke<strong>in</strong> Fisch mehr schwimmen konnte.“<br />

Hermann Löns, Hannoversches Tageblatt<br />

1910.<br />

Das „grüne Gespenst“, wie die beiden aus<br />

Nordamerika stammenden Wasserpestarten<br />

(Elodea canadensis und Elodea nutalii) auch<br />

getauft wurden, breitete sich damals - gefördert<br />

durch Wasservögel - <strong>in</strong> W<strong>in</strong>deseile aus<br />

und bevölkerte nahezu alle eutrophen stehenden<br />

und schwach fließenden Gewässer. So<br />

spektakulär die Invasion durch die Wasserpest<br />

12

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!