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Erich Fromm - Lalegion-pictures.com

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armer Habenichts, ganz gleich, wieviel er besitzt.<br />

Wer dagegen die Fähigkeit hat, anderen etwas von<br />

sich zu geben, ist reich. Er erfährt sich selbst als je-<br />

mand, der anderen etwas von sich abgeben kann. Ei-<br />

gentlich hat nur der, der nichts als das Allernotwen-<br />

digste zum Leben hat, keine Möglichkeit, sich damit<br />

eine Freude zu machen, daß er anderen materielle<br />

Dinge gibt. Aber die tägliche Erfahrung lehrt, daß es<br />

ebenso vom Charakter wie vom tatsächlichen Besitz<br />

abhängt, was jemand als sein Existenzminimum an-<br />

sieht. Bekanntlich sind die Armen eher gewillt zu ge-<br />

ben als die Reichen. Dennoch kann Armut, wenn sie<br />

ein bestimmtes Maß überschreitet, es unmöglich ma-<br />

chen zu geben, und sie ist dann nicht nur wegen der<br />

Entbehrungen, die sie unmittelbar verursacht, so er-<br />

niedrigend, sondern auch weil sie dem Armen die<br />

Freude des Gebens nicht erlaubt.<br />

Der wichtigste Bereich des Gebens liegt jedoch<br />

nicht im Materiellen, sondern im zwischenmenschli-<br />

chen Bereich. Was gibt ein Mensch dem anderen? Er<br />

gibt etwas von sich selbst, vom Kostbarsten, was er<br />

besitzt, er gibt etwas von seinem Leben. Das bedeu-<br />

tet nicht unbedingt, daß er sein Leben für den ande-<br />

ren opfert – sondern daß er ihm etwas von dem gibt,<br />

was in ihm lebendig ist; er gibt ihm etwas von seiner<br />

Freude, von seinem Interesse, von seinem Verständ-<br />

nis, von seinem Wissen, von seinem Humor, von sei-<br />

ner Traurigkeit – von allem, was in ihm lebendig ist.<br />

Indem er dem anderen auf diese Weise etwas von sei-<br />

nem Leben abgibt, bereichert er ihn, steigert er beim<br />

anderen das Gefühl des Lebendigseins und verstärkt<br />

damit dieses Gefühl des Lebendigseins auch in sich<br />

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