extra - Fragile Suisse
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Helpline<br />
Urteilsunfähig?<br />
Helpline<br />
Incapable de discer<br />
Bei der Helpline von FRAGILE<br />
<strong>Suisse</strong> wird Paula Gisler regelmässig<br />
mit Fragen der Bevoll mäch -<br />
tigung oder Vertretung hirnverletzter<br />
Personen konfrontiert. Sie<br />
hat Martin Hablützel einen Fall<br />
geschildert und nachgefragt, worauf<br />
es in solchen Situationen zu<br />
achten gilt. Martin Hablützel ist<br />
Präsident von FRAGILE Zürich und<br />
Fachanwalt für Haftpflicht- und<br />
Versicherungsrecht.<br />
Der allein lebende Mann P. liegt nach<br />
einem schweren Unfall im Koma; seine<br />
Prognose ist sehr schlecht. Die einzigen<br />
Angehörigen sind seine beiden Geschwis -<br />
ter, welche aber keine Vollmachten besitzen.<br />
Die laufenden Rechnungen müssen<br />
bezahlt und seine teure Wohnung soll<br />
gekündigt werden. Wie kann das geschehen?<br />
Es müssen Rechtsgeschäfte getätigt werden;<br />
der Betroffene ist aber nicht in der<br />
Lage, dies eigens zu tun. Es stellt sich die<br />
Frage, wer für die Person handeln kann<br />
oder muss. P. liegt im Koma und ist offensichtlich<br />
nicht mehr urteilsfähig. Dauert dieser<br />
Zustand an, so muss P. gesetzlich vertreten<br />
werden, das heisst, es muss für ihn<br />
ein Beistand oder in seltenen Fällen (z.B.<br />
Verschwendung, Verarmungsgefahr etc.)<br />
gar ein Vormund bestellt werden. Ist die<br />
Urteilsunfähigkeit vorübergehender Natur<br />
und muss in dieser Zeit kein dringendes<br />
Geschäft erledigt werden, so wird auf solche<br />
Massnahmen verzichtet. Die Wohnung<br />
kann dann aber nicht rechtsgültig gekündigt<br />
werden und bezüglich der Rechnungen<br />
müssten die Geschwister um Zahlungs -<br />
aufschub ersuchen.<br />
Die Geschwister des P. sind wohl gut beraten,<br />
bei der Wohnsitzbehörde von P. die<br />
Errichtung einer Beistandschaft zu verlangen.<br />
Bei Dringlichkeit ist eine solche aber in<br />
wenigen Tagen errichtet.<br />
Vertretung vorher organisieren:<br />
Vorsorgevollmacht<br />
Von zunehmender Bedeutung sind Vorsor -<br />
gevollmachten oder Patientenverfügungen.<br />
Betroffene oder Gesunde bezeichnen dabei<br />
für den Fall, dass unfall-, krankheits- oder<br />
altersbedingt eine Urteilsunfähigkeit eintreten<br />
könnte, eine Person des Vertrauens, die<br />
sie vertritt. Patientenverfügungen bekunden<br />
in erster Linie den Behandlungswunsch<br />
(Art, Umfang und Grenzen der Behand -<br />
lung) für den Fall, dass man diesen nicht<br />
mehr selber äussern kann. Es wäre durchaus<br />
zweckmässig, darin aber auch festzuhalten,<br />
wen man als Vertreter für die rechtlichen<br />
– die persönlichen oder geschäftlichen<br />
– Angelegenheiten bestimmt. Das<br />
Par lament behandelt aktuell eine Ge set -<br />
zesrevision, die ausdrücklich solche Instru -<br />
mente schaffen möchte. Aber bereits heute<br />
werden Vorsorgevollmachten etwa von den<br />
Vormundschaftsbehörden und den Banken<br />
anerkannt.<br />
Aber Achtung: Die Erteilung von Voll -<br />
machten birgt auch Gefahren. Wesentlich<br />
ist, exakt zu beschreiben, welche Hand -<br />
lungen der Vertreter vornehmen soll oder<br />
darf. Generalvollmachten sind riskant und<br />
werden vielleicht noch verwendet, lange<br />
nachdem überhaupt noch ein Bedarf<br />
besteht. Schliesslich ist von grosser<br />
Bedeutung, wen man bevollmächtigt. So<br />
können Ehegatten, Geschwister, Eltern,<br />
Kinder – mögen sie einem noch so nahe<br />
stehen – in bestimmten Fragen (z.B. betreffend<br />
eheliches Vermögen, Erbschaft,<br />
Kindesvermögen etc.) verschiedene oder<br />
gar gegensätzliche Interessen haben. Dies<br />
spricht in gewissen Fällen dafür, neutrale<br />
Dritte als Vertreter, Bevollmächtigte oder<br />
als Beistand zu benennen. Zwar kann jede<br />
Vollmacht per sofort widerrufen werden,<br />
aber dies eben auch nur, solange man<br />
urteilsfähig ist… was rasch bezweifelt<br />
wird, wenn man versehrt und unter Einfluss<br />
von Medikamenten auf dem Krankenbett<br />
liegt.<br />
Autor: Martin Hablützel<br />
Fachanwalt für Haft pflicht- und Versiche -<br />
rungsrecht, Präsident FRAGILE Zürich<br />
Helpline FRAGILE <strong>Suisse</strong><br />
0800 256 256<br />
Paula Gisler est responsable de la<br />
Helpline FRAGILE <strong>Suisse</strong> pour les<br />
cantons alémaniques. Elle est régulièrement<br />
confrontée à des ques -<br />
tions de procuration ou de représentation<br />
pour les personnes céré -<br />
bro-lésées. Elle a demandé à Mar -<br />
tin Hablützel, président de FRAGILE<br />
Zürich et avocat spécialisé en responsabilité<br />
civile et droit des assurances,<br />
un éclairage sur ces ques -<br />
tions en partant d’un cas précis.<br />
P., célibataire, gît dans le coma suite à un<br />
grave accident. Les pronostics qui le<br />
concer nent sont très pessimistes. Son frère<br />
et sa soeur constituent son unique parenté,<br />
mais ils ne disposent d’aucune procuration.<br />
Les factures en cours doivent être payées et<br />
la location de l'appartement de haut standing<br />
doit être résiliée. Comment faire ?<br />
Des actes juridiques doivent être établis.<br />
Mais le principal concerné n'est pas en<br />
mesure de s'en occuper lui-même. La ques -<br />
tion est de savoir qui peut ou doit agir à sa<br />
place. P. étant dans le coma, il est à l'évidence<br />
incapable de discernement. Si cet<br />
état persiste, P. devra être légalement<br />
représenté. Autrement dit, un curateur ou,<br />
plus rarement (en cas de dilapidation de<br />
biens, de risque de paupérisation, etc.), un<br />
tuteur doit être désigné. On renonce à une<br />
telle mesure lorsque l'incapacité de discernement<br />
est temporaire et qu'aucune affaire<br />
pressante ne doit être traitée dans l'intervalle.<br />
Dans le cas présent, l'appartement<br />
ne peut juridiquement pas être résilié et les<br />
proches devraient solliciter un report pour<br />
le règlement des factures.<br />
Les autorités de la commune de domicile<br />
de P. conseilleront aux proches de demander<br />
une curatelle qui peut être mise en<br />
place en peu de jours lorsqu'il y a urgence.<br />
Organiser la représentation au<br />
préalable : procuration en prévision<br />
de l'incapacité<br />
Les procurations en prévision de l'incapacité<br />
ou directives anticipées sont de plus en<br />
plus importantes. Tout individu, qu’il soit<br />
atteint ou non dans sa santé, peut désigner<br />
une personne de confiance pour le représenter<br />
en cas d’incapacité de discernement<br />
due à un accident, à une maladie ou à<br />
l’âge. Les directives anticipées concernent<br />
avant tout les priorités individuelles en<br />
matière de prise en charge et de traitement<br />
16 FRAGILE EXTRA 4/2008