Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Rezensionen<br />
dat Goot vun anner Minschen höört”<br />
ist unscharf, denn das könnte sowohl<br />
Sklaverei wie Leibeigenschaft sein.<br />
Die plattdeutschen Nachrichten leben<br />
von solchen Lehnübersetzungen (Gewarkschop,<br />
Inkelhannel, Binnenutschuss<br />
usw.). Manchmal ist es nicht<br />
zweckmäßig, sich zwanghaft vom<br />
hochdeutschen Begriff lösen zu wollen.<br />
”Unschuld” ist auch ein gutes<br />
plattdeutsches Wort, deshalb sollte es<br />
”Unschuldsvermoden” und ”unschüllig”<br />
heißen. ”Truschüllig” ist mehrdeutig<br />
und kann auch mit ”vertrauensselig”<br />
übersetzt werden. Oder warum<br />
nicht ”unafhängig” für ”unabhängig”?<br />
Die Holländer sagen ”onafhankelijk”,<br />
die Dänen ”uafhængig”. Beides ist,<br />
vermute ich mal, eine Lehnübersetzung<br />
aus dem Deutschen. Ein Land,<br />
das ”ünner Vullmacht steiht” – das ist<br />
nicht auf Anhieb verständlich. Manche<br />
Lehnübersetzungen wie ”apentlik”<br />
(für ”öffentlich”, erlaubt nach Sass-<br />
Wörterbuch) klingen so grausam, dass<br />
man es doch anders formulieren sollte<br />
(abgesehen davon, dass es ”apentlich”<br />
heißen müsste, wenn anderswo<br />
auch -lich geschrieben wird).<br />
Meistens ist ”öffentlich” identisch mit<br />
”staatlich”, darum könnte man statt<br />
”apentlik Ämter” getrost ”Ämter bi’n<br />
Staat” sagen. Aus ”Sik-Billen” (für ”Bildung”)<br />
kann man mühelos ein Verb<br />
machen: ”Elk un een hett dat Recht, sik<br />
to billen” oder ”sik billen to laten”.<br />
Zwar steht ”bekamen” in einigen Wörterbüchern<br />
für ”bekommen” und<br />
”empfangen”, aber nicht alles, was in<br />
Wörterbüchern steht, sollte man auch<br />
benutzen. Besser ist ”kriegen” oder,<br />
wenn es um Meinungen und Ideen<br />
geht, ”künnig warrn”.<br />
Manchmal ist die Schreibe nicht einheitlich.<br />
Neben ”holen” (halten) steht<br />
”hollen”, in Infinitive auf -ieren heißen<br />
teils -eren, teils -eern. Aber solche<br />
Mängel halten sich in Grenzen.<br />
Sicherlich ist die Übersetzung eines<br />
solches Textes ”een stuur Wark”. Aber<br />
gerade deshalb sollte man sie<br />
mehrmals laut lesen, um sie auf gute<br />
Lesbarkeit und gutes Platt zu abzuklopfen.<br />
Allgemeen Verklaren vun de<br />
Minschenrechten. Schriften des Instituts<br />
für Niederdeutsche Sprache,<br />
Dokumentation Nr. 29. Up Plattdüütsch<br />
trechtmaakt vun Frerk Möller. Verlag<br />
Schuster, Leer 2007, ohne Seitenzahlen,<br />
ISBN 978-3-7963-0373-9.<br />
Hans-Joachim Meyer<br />
De chele Cheorchinen<br />
Der Schleswig-Holsteinische Heimatbund<br />
hat sich vorgenommen, Grammatiken<br />
vom Plattdeutsch der einzelnen<br />
Regionen dieses Bundeslandes zu<br />
erstellen. Es begann mit der Probstei<br />
(an der Ostsee östlich von Kiel), nun<br />
liegt uns das zweite <strong>Heft</strong> über das angeliter<br />
Platt vor, also von der Gegend<br />
”twischen Flensburg un Schleswig”.<br />
Es beginnt mit den Besonderheiten<br />
dieser Mundart. Bei den Verben endet<br />
der Plural im Präsens auf en und<br />
nicht auf t: wi lopen, wi sehn. Die Leute<br />
”snackt” hier nicht, sondern<br />
”schnacken” Platt. Beim Präteritum<br />
der schwachen Verben ist die Endung<br />
te oder e erhalten geblieben: he hannelte,<br />
he måålte (neben he mååle).<br />
Und bei der Deklination der Substan-<br />
72<br />
Quickborn108-1.Korr.<br />
72<br />
25.03.2008, 9:05 Uhr