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Rezensionen<br />
tive sind Subjekt- und Objektfall<br />
überall gleich: de Mann (der, dem<br />
oder den Mann). Das g ist nicht nur<br />
am Ende, sondern in allen Positionen<br />
zu ch geworden. Und da darf natürlich<br />
der Spruch nicht fehlen, mit dem man<br />
sich über die Bewohner Angelns lustig<br />
macht: ”...in’e chünte Chechend,<br />
wo de chrote, chele Cheorchinen<br />
chräsich chuut chedeihn”.<br />
Neben ”wurr” (wurde) gibt es eine<br />
besondere Konjunktivform ”würr”<br />
(würde). Mit diesem ”würr” wird auch<br />
der Konjunktiv bei anderen Verben<br />
gebildet: Ik würr sehn (ich würde sehen).<br />
Bei den Adjektiven ist die Tendenz<br />
zur Einheitsendung e zu bemerken:<br />
De dicke Kopp (der dicke Kopf<br />
und den dicken Kopf), de dicke Köppe<br />
(neben de dicken Köppe). Einige<br />
starke Verben können auch schwach<br />
konjugiert werden: rüken (riechen): ik<br />
rüükte/rüke neben ik rook (ich roch).<br />
Vergessen scheint mir im <strong>Heft</strong> eine<br />
Besonderheit, die es auch in Nordfriesland<br />
gibt. Die Infinitivsätze mit zu<br />
erscheinen als ”un”-Konstruktion: Dat<br />
is swår un betåhlen dat Geld (Es ist<br />
schwer, das Geld zu bezahlen). Hier<br />
macht sich dänischer Einfluss bemerkbar,<br />
denn ”at” (zu) und ”og”<br />
(und) klingen bei nachlässiger Aussprache<br />
fast gleich (wie ein kurzes o).<br />
Als die Dänen zum Plattdeutschen<br />
übergingen, übersetzten sie dieses<br />
kurze o immer in ”un”. Das angeliter<br />
Platt ist auf dänischem Unterbau<br />
(”Substrat”) gewachsen.<br />
Einige Textbeispiele runden das <strong>Heft</strong><br />
ab. Bei einem Gewährsmann aus<br />
Flensburg fällt auf, dass er einige dänische<br />
Wortfetzen benutzt.<br />
Eine schöne Fleißarbeit und ein Muss<br />
für jeden, der das angeliter Platt kennenlernen<br />
möchte.<br />
So schnacken wi twischen Flensburg<br />
un Schleswig. Niederdeutsche<br />
Formenlehre, <strong>Heft</strong> II. Gesammelt und<br />
zusammengestellt von Dr. Annemarie<br />
Jensen. Hrsg.: Schleswig-Holsteinischer<br />
Heimatbund. Plaggenhauer-<br />
Verlag, Krummbek 2007, ohne Seitenzahlen,<br />
ISBN 978-3-937949-08-6.<br />
Hans-Joachim Meyer<br />
Blick zurück in Trauer<br />
Vor uns liegt ein kleiner Gedichtband<br />
in Groninger Platt (Grunnegs), der<br />
von der Stichting t Grunneger Bouk<br />
als Jahresgabe für 2007 verschickt<br />
wurde. Der Autor Peter Visser, der auf<br />
dem rund zwanzig Jahre alten Titelfoto<br />
noch recht jugendlich aussieht,<br />
träumt in seinen Gedichten von der<br />
Vergangenheit, von der verlorenen<br />
Jugend, von verflossener Liebe und<br />
früheren Freundschaften. Es ist eine<br />
sehr traditionelle Lyrik, über Natur,<br />
Garten und Wald, über die Jahreszeiten,<br />
über verlorengegangene Romantik:<br />
Nou zuik ik doar bie leste diek<br />
noar sporen vrouge romantiek,<br />
mor laifde is oet t landschop vot<br />
en dat muit mie, muit mie bot.<br />
(Jetzt suche ich dort am letzten Deich<br />
/ nach Spuren früher Romantik, / aber<br />
die Liebe ist aus der Landschaft verschwunden<br />
/ und das dauert mich,<br />
dauert mich sehr.)<br />
Am originellsten ist ein Gedicht über<br />
das Unvermögen, Gedichte zu schreiben:<br />
73<br />
Quickborn108-1.Korr.<br />
73<br />
25.03.2008, 9:05 Uhr