20.11.2013 Aufrufe

PDF 2006-4 Autoren pdf.indb - Linksreformismus

PDF 2006-4 Autoren pdf.indb - Linksreformismus

PDF 2006-4 Autoren pdf.indb - Linksreformismus

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

44 Arne Heise<br />

letztlich, weil Geschäftsbanken als reine Finanzintermediäre<br />

(Mengenanpasser), nicht aber<br />

als liquiditätsbeschränkte Profitmaximierer<br />

in unsicherer Umwelt begriffen werden (vgl.<br />

Heise 1992).<br />

(2) Hier setzen jene Postkeynesianer an,<br />

die die Endogenität der Geldmenge liquiditätspräferenztheoretisch<br />

fundieren, indem<br />

insbesondere die Giralgeldschöpfung der<br />

Geschäftsbanken (und anderer Finanzintermediäre)<br />

in den Mittelpunkt der Betrachtung<br />

rückt 29 : Da die Giralgeldschöpfung notwendig<br />

eine Fristentransformation beinhaltet (die<br />

Geschäftsbanken sind kurzfristige Schuldner,<br />

aber langfristige Gläubiger), wird sie von der<br />

Einschätzung der Banken über die künftigen<br />

Refinanzierungspreise (Einlagezinsen und<br />

Refinanzierungsfaszilitäten der Zentralbank)<br />

abhängen – je unsicherer die Einschätzung,<br />

desto höher die Liquiditätsprämie, die auf den<br />

Basiszins der Zentralbank aufgeschlagen wird<br />

(vgl. Heise <strong>2006</strong>). Die Geldmenge wird nun endogen<br />

bestimmt durch die Ertragserwartungen<br />

der Schuldner (Investoren) und der Illiquiditätsunsicherheit<br />

der Gläubiger (Geschäftsbanken)<br />

bei gegebener Zentralbankpolitik, die durchaus<br />

in Anlehnung an die neue neoklassische<br />

Synthese als Reaktionsfunktion modelliert<br />

werden kann. Die Zentralbank verliert nun die<br />

Steuerungskontrolle über die Geldmenge, da<br />

sie zwar durch Zinssteigerungen die Refinanzierungskosten<br />

der Geschäftsbanken erhöhen<br />

und damit in restriktiver Weise eindeutig auf<br />

die Giralgeldschöpfung einwirken kann, nicht<br />

aber mit gleicher Präzision (quasi mechanisch)<br />

in expansiver Weise durch Senkung der Refinanzierungssätze<br />

die Geschäftsbanken zur<br />

Ausweitung der Giralgeldschöpfung antreiben<br />

kann, wenn die geldpolitische Maßnahme<br />

der Zentralbank die Liquiditätsprämie der<br />

Geschäftsbanken erhöht. Wir können deshalb<br />

von einer Asymmetrie der Geldpolitik sprechen<br />

(vgl. Herr 1986: 81ff.).<br />

In einer vom Postkeynesianismus beschriebenen<br />

monetären Ökonomie kann also die<br />

Performanz einer Volkswirtschaft – d.h. der<br />

Gleichgewichtspunkt in statischer Betrachtung<br />

oder die Entwicklung in dynamischer Perspektive<br />

– nicht allein aus den Gesetzmäßigkeiten<br />

in ihrem realen Teil (dessen Kern durch die<br />

Mikrokalküle der Investoren, Sparer, Konsumenten<br />

und Arbeitsanbieter zu beschreiben<br />

ist) erklärt werden, sondern nur durch die<br />

Einbeziehung des monetären Teils. Mit dem<br />

Bild der Markthierarchie und der Dominanz der<br />

Finanz- und Vermögensmärkte gegenüber den<br />

Güter- und Arbeitsmärkten 30 wird die Nicht-<br />

Neutralität des Geldes zum zentralen Postulat<br />

des Postkeynesianismus – die genaue Lage einer<br />

monetären Ökonomie kann schließlich nur<br />

durch Marktkonstellationen erklärt werden, d.h.<br />

durch institutionelle, politische und kulturelle<br />

Faktoren, die auf die Handlungssicherheit der<br />

Marktakteure (und mithin deren Liquiditätspräferenz)<br />

wirken (vgl. Heine/Herr 1998: 69ff.;<br />

Heise 2005; Fritsche et al. 2004). So klar es also<br />

für Postkeynesianer ist, daß ‚money matters‘,<br />

so klar ist aber auch, daß die Geldpolitik der<br />

Zentralbank beschränkte und asymmetrische<br />

Handlungsmacht hat. Durch institutionalisierte<br />

Koordinierung der Geldpolitik mit anderen<br />

makroökonomischen Akteuren und deren<br />

Politiken, insbesondere der Finanzpolitik der<br />

Regierungen und der Tarifpolitik der Sozialpartner,<br />

können allerdings Sicherheit stiftende<br />

Verhaltensnormen geschaffen werden, die die<br />

geldpolitische Steuerungsfähigkeit erhöhen, indem<br />

gewünschte Marktkonstellationen geschaffen<br />

werden: Gestaltbarkeit statt cartesianischer<br />

Machbarkeit (vgl. Heise 2005: 235ff.).<br />

4. Postkeynesianisches LP-Modell versus<br />

neue neoklassische Synthese und einige<br />

abschließende Bemerkungen<br />

Wir wollen abschließend versuchen, die Grundprinzipien<br />

von Konsens-Keynesianismus und<br />

Fundamental-Keynesianismus einander gegenüberzustellen,<br />

um einerseits die entscheidenden<br />

theoretischen Diskrepanzen, vor allem aber<br />

auch wirtschaftspolitische Ableitungen und<br />

deren Differenzen darstellen zu können.<br />

Der Konsens-Keynesianismus (IS-PC-MR-<br />

Modell) beschreibt, wie gesehen, einen Anpassungsprozeß<br />

zum Gleichgewichtseinkommen<br />

y e<br />

, der über temporäres Produktionsungleichgewicht,<br />

Erwartungsanpassungen (Verschiebung<br />

der PC-Kurve) und geldpolitische Lockerung<br />

(Bewegung entlang der MR KK<br />

-Kurve in Abb.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!