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Der Angst vor dem Tod begegnen - tine-schreibt

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2.2. Die Geburt des Wissens um den <strong>Tod</strong><br />

Die ältesten bekannten Gräber stammen von Homo neanderthalensis - Neandertalern.<br />

Diese frühen Menschen entwickelten sich in Europa über die Zwischenstufe des Homo<br />

heidelbergensis aus <strong>dem</strong> ursprünglich in Kenia beheimateten Homo erectus, nach<strong>dem</strong><br />

sich dieser über alle Kon<strong>tine</strong>nte ausgebreitet hatte. Homo erectus ist der letzte gemeinsame<br />

Vorfahre von Homo neanderthalensis und Homo sapiens. Nach<strong>dem</strong> sich Homo sapiens<br />

von Äthiopien aus auch nach Europa hin verbreitet hatte, lebte er bis zum Aussterben<br />

von Homo neanderthalensis <strong>vor</strong> etwa 27.000 Jahren auf der gleichen kulturellen Stufe wie<br />

sein hellhäutiger Cousin. Dies gilt für Werkzeug- und Waffenherstellung, Jagdmethoden<br />

und Begräbnisriten, die damit zu den ältesten nachweisbaren Kulturschöpfungen der<br />

Menschheit gehören - denn die ersten Höhlenmalereien entstanden rund 100.000 Jahre<br />

nach <strong>dem</strong> ersten Grab und kurz <strong>vor</strong> <strong>dem</strong> Aussterben der Neandertaler (vgl. Husemann,<br />

2005, S. 250f).<br />

Bei den Grabzeugnissen der Steinzeit handelt sich um menschliche Skelette, die zusammen<br />

mit verschiedenen Alltagsgegenständen und Tierknochen in embryonaler Haltung auf<br />

der Seite oder <strong>dem</strong> Rücken liegend vergraben wurden. Erste Vermutungen zu diesen Funden<br />

besagten, dass es sich bei ihnen um von Umwelteinflüssen zufällig in die sogenannte<br />

'Hockerstellung' gedrehte Individuen handelt, die von einer Gruppe krank, sterbend oder<br />

tot mit <strong>dem</strong>, was sie bei sich trugen, zurückgelassen wurden. Einige der Skelette wurden<br />

jedoch in 'Friedhöhlen', also zu mehreren in je einer eigenen, eigens für das Individuum<br />

ausgehobenen Grube entdeckt; darunter Opfer langwieriger Krankheiten und Kinder, die -<br />

zumindest von den Neandertalern, deren nachlassende Zahl die Partnersuche erschwerte<br />

- mit besonderer Sorgfalt beigesetzt wurden. Auch weisen die Funde, je jünger sie sind,<br />

eine zunehmende Verfeinerung der Art und Anordnung der <strong>dem</strong> Toten mitgegebenen<br />

Gegenstände auf. Homo sapiens führte diese Bestattungskultur weiter und differenzierte<br />

ihre Riten aus, nach<strong>dem</strong> die Neandertaler ausgestorben waren (vgl. ebd. S. 172ff, 247ff).<br />

Die reine Tatsache der Bestattung spricht bereits dafür, dass schon die Neandertaler in<br />

einem verstorbenen Artgenossen nicht anonymes totes Fleisch sahen, sondern weiterhin<br />

einen Angehörigen, der allerdings nie wieder auf Ansprache reagieren oder an den täglichen<br />

Aufgaben würde teilnehmen können, und dessen Körper durch das mühevolle Ausheben<br />

eines Grabes <strong>vor</strong> Aasfressern geschützt werden musste. Dass sie ihre Kranken<br />

über lange Zeit pflegten und den Verstorbenen Gaben ins Grab legten - meist Nahrung<br />

oder Werkzeuge, aber auch Blumen - legt weiterhin den Schluss nahe, dass der <strong>Tod</strong> eines<br />

Menschen schon in der Steinzeit als ein bedeutsames und möglichst weit herauszuzögerndes<br />

Ereignis verstanden wurde (vgl. ebd. S. 175).<br />

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