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Der Angst vor dem Tod begegnen - tine-schreibt

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gliedes eine irreversible Veränderung erfahren hatte. Außer<strong>dem</strong> genoss der Sterbende in<br />

seinen letzten Tagen und Stunden viel Rückhalt von seinen Besuchern, denen er letzte<br />

Gedanken anvertrauen, und von denen er die Bekräftigung seiner jenseitsbezogenen<br />

Glaubensinhalte erfuhr. Die Hinterbliebenen profitierten auf emotionaler Ebene in der gleichen,<br />

profunden Weise. Niemand wurde mit seiner Trauer alleingelassen; man bewältigte<br />

das Geschehene gemeinsam, suchte gemeinsam einen Sinn darin und half einander, nach<br />

der Trauerzeit wieder in den Alltag des Lebens zurückzufinden.<br />

Ariès findet in diesen Umständen den <strong>Tod</strong> als 'gezähmten' <strong>Tod</strong> wieder (vgl. Kraff-Krivanec,<br />

2003, S. 35f).<br />

4.1. Die 'spirituelle Vereinsamung' im Zeitalter der Aufklärung<br />

Wie in Teil 3.2.5. bereits angesprochen, zeichnete sich die Säkularisierung der westlichen<br />

Welt mit ihren diversen, das traditionelle Weltbild und seine Strukturen hinterfragenden,<br />

aufhebenden und neuordnenden Entwicklungen bereits <strong>vor</strong> <strong>dem</strong> 'offiziellen' Beginn des<br />

Zeitalters der Aufklärung ab. <strong>Der</strong> Widerstreit von Gut und Böse mit ihren jeweiligen Plätzen<br />

im Weltgefüge wurde internalisiert. Aus der Dreiteilung des Kosmos in - von 'oben'<br />

nach 'unten' - Himmel, Erde und Hölle wurde die Aufteilung Vergangenheit, Gegenwart<br />

und Zukunft. Die Transzendenz des eigenen Lebens und <strong>Tod</strong>es wurde schließlich greifbar<br />

ins Diesseits verlegt, in<strong>dem</strong> nicht mehr Auferstehungs- oder Jenseitsphantasien verfolgt,<br />

sondern über das eigene Vermächtnis in der Welt der Lebenden nachgesonnen wurde.<br />

Eine Transzendenz des eigenen Ablebens war damit nurmehr zu Lebzeiten möglich; das<br />

Leben nach <strong>dem</strong> <strong>Tod</strong> verstarb mit <strong>dem</strong> Individuum (vgl. Soeffner, 2008, S. 136).<br />

Trotz der vielen Türen, die die Aufklärung der Menschheit geöffnet hat - sowohl auf Ebene<br />

des wissenschaftlichen Fortschritts, als auch der Gerechtigkeit, hat diese Epoche auch<br />

Nachteile mit sich gebracht. Die Durchdringung und Diskreditierung religiöser Vorstellungen<br />

mit den Mitteln der kritischen, von der wissenschaftlichen Methode geleiteten Vernunft<br />

ermöglichte diese Entwicklungen erst. Sie befreite alle, die sich befreien lassen wollten,<br />

aus der Knechtschaft der Götter; doch Freiheit bedeutet immer einen Verlust von Sicherheit.<br />

Im Falle der Freiheit von Glaube und Religion war es die Sicherheit des allgemeinen,<br />

verbindlichen Konsens, dass auf das Ableben ein Jenseits folgt, dessen Ausgestaltung mit<br />

den vom christlichen Mythos gemachten Beschreibungen und Regeln übereinstimmt, und<br />

dass sich auch der Sinn des Lebens da<strong>vor</strong> aus den Schriften dieser Religion ableiten lässt<br />

(vgl. ebd. S. 137f).<br />

Knoblauch konnte die Auswirkung eines gesellschaftlich propagierten Atheismus auf Jenseits<strong>vor</strong>stellungen<br />

am Beispiel der DDR zeigen, in der dieser über vierzig Jahre lang exi-<br />

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