Der Angst vor dem Tod begegnen - tine-schreibt
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und Interesse für die Emotionen der Opfer kurz <strong>vor</strong> ihrer Hinrichtung dargestellt werden.<br />
Ein original deutsches Format stellt die Dokusoap Die Kuckelkorns - Ein Leben für den<br />
<strong>Tod</strong> dar, die über vier Folgen den Alltag eines deutschen Bestatters portraitiert (vgl. Weber,<br />
2007, S. 542).<br />
In den folgenden Abschnitten werden das fiktive Format von Six Feet Under und das realitätsnahe<br />
von Die Kuckelkorns in Bezug auf ihre jeweilige Darstellung von Toten untersucht<br />
und verglichen.<br />
5.2.1.1. Schöne Leichen<br />
Die Serie Six Feet Under, die die beiden Genres 'Drama' und 'Schwarze Komödie' bedient,<br />
unterscheidet sich von den anderen genannten Beispielen erstens dadurch, dass die<br />
Toten dort nur als Aufhänger für einen Plot dienen, während ihnen hier eine personale<br />
Identität zugestanden wird, und sie durch verschiedene filmische Mittel - z. B. 'Wiedererweckung'<br />
zum Zwecke eines Dialogs - für die lebenden Charaktere eine spezifische und<br />
quasi-aktive Rolle spielen. Zweitens ist in Six Feet Under die Anzahl und Länge der Einstellungen,<br />
während derer die <strong>vor</strong>kommenden Leichen zu sehen sind, tendenziell höher<br />
(ebd. S. 543f).<br />
Bei der konkreten Darstellung der Toten und <strong>dem</strong> Umgang der Bestatter in Six Feet Under<br />
lassen sich einige Regeln feststellen:<br />
1. Die 'Leichen' sind möglichst realistisch gestaltet; neben Latexmodellen kommen auch<br />
Schauspieler zum Einsatz, deren Augen- und Atembewegungen später retouchiert werden.<br />
Bei den Toten handelt es sich zum größten Teil um - nach aktuellem Geschmack -<br />
schöne Menschen; Fäulnis oder Anzeichen körperlicher Alterung werden nicht gezeigt.<br />
Auch auf die Indikation unangenehmer Gerüche oder einer Darstellung der für tote Körper<br />
typischen Absonderung von Körperflüssigkeiten und Faulgasen wird verzichtet. <strong>Der</strong> Eindruck<br />
des <strong>Tod</strong>es wird jedoch durch eine kalte, diffuse Ausleuchtung der Szenen unterstrichen<br />
(vgl. ebd. S. 544, 547f, 554).<br />
<strong>Der</strong> Realismus der Darstellung findet also dort seine Grenzen, wo der <strong>Tod</strong> allzu deutlich<br />
sichtbar wird. Ist die Tote noch mit einer schönen Schlafenden zu verwechseln, geht von<br />
ihr keine Bedrohung für das Wohlbefinden der Zuschauer aus; wären Spuren des Verfalls<br />
und des Verlustes jeglicher Körperkontrolle, z. B. in Form von Verfärbungen oder Ausflüssen<br />
wahrzunehmen, würde dies die Illusion des bloßen Schlafs zerstören. Auf <strong>dem</strong> Wege<br />
der Empathie würde dies laut Weber <strong>dem</strong> Zuschauer seine eigene Verletzlichkeit bewusst<br />
machen und das als so selbstverständlich angesehen Grauen <strong>vor</strong> der eigenen Sterblichkeit<br />
wachrufen (vgl. ebd. S. 555f).<br />
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