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Strafbarkeit von Zwangsheiraten und arrangierten Heiraten

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betroffenen Person in schwerwiegender Weise <strong>und</strong> stellt eine Menschenrechtsverletzung<br />

dar 13 .<br />

In der Schweiz gibt es keine gesetzliche Definition <strong>von</strong> erzwungenen <strong>und</strong> <strong>arrangierten</strong><br />

<strong>Heiraten</strong>. Nach herrschender Meinung liegt eine Zwangsheirat vor, wenn die Ehe ohne den<br />

freien Willen eines oder beider Ehegatten geschlossen wird. Der auf die zwangsweise<br />

verheiratete Person ausgeübte Druck kann sich in vielfältiger Weise, etwa in Form <strong>von</strong><br />

Drohungen, emotionaler Erpressung <strong>und</strong> anderen erniedrigenden oder kontrollierenden<br />

Handlungen, äussern. In Extremfällen sind <strong>Zwangsheiraten</strong> <strong>von</strong> körperlicher, sexueller <strong>und</strong><br />

psychischer Gewalt, Entführung, Freiheitsberaubung oder manchmal sogar Mord geprägt 14 .<br />

Eine arrangierte Heirat liegt dagegen vor, wenn die Ehe zwar <strong>von</strong> Dritten initiiert, aber mit<br />

dem freien Willen beider Ehegatten geschlossen wird.<br />

3.2 Internationales Recht<br />

3.2.1 Schutzrichtungen<br />

Verschiedene für die Schweiz verbindliche Menschenrechtsübereinkommen gewährleisten<br />

das Recht, eine Ehe einzugehen <strong>und</strong> eine Familie zu gründen. Teils ausdrücklich, teils implizit<br />

wird mit diesem Recht der Gr<strong>und</strong>satz verb<strong>und</strong>en, dass eine Ehe nur mit dem vollen <strong>und</strong> freien<br />

Einverständnis der Betroffenen geschlossen werden darf. Neben dem Schutz der Betroffenen<br />

ist bei der Erarbeitung <strong>von</strong> Massnahmen gegen erzwungene <strong>Heiraten</strong> auch darauf zu achten,<br />

dass diese keine übermässigen Eingriffe in die Rechte <strong>von</strong> Paaren begründen, welche sich<br />

nicht in einer Zwangssituation befinden.<br />

3.2.2 Europäische Menschenrechtskonvention<br />

3.2.2.1 Recht auf Eheschliessung<br />

Gemäss Artikel 12 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>freiheiten<br />

vom 4. November 1950 (EMRK; SR 0.101) haben Männer <strong>und</strong> Frauen im heiratsfähigen<br />

Alter das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechtes<br />

regeln, eine Ehe einzugehen <strong>und</strong> eine Familie zu gründen. In dieser Garantie ist auch das<br />

negative Recht enthalten, nicht zu heiraten 15 .<br />

Das innerstaatliche Recht, auf das verwiesen wird, kann Voraussetzungen für die Ehe<br />

festlegen <strong>und</strong> die Wirkungen der Ehe bestimmen. Die Voraussetzungen können<br />

verfahrensrechtlicher Natur (z.B. Publizität) oder materieller Art sein (z.B. Ehefähigkeit,<br />

Zustimmung oder Ehehindernisse) 16 . Das Alter der Ehefähigkeit kann <strong>von</strong> den Staaten<br />

13 Vgl. dazu HEINER BIELEFELDT „Menschenrechte in der Einwanderungsgesellschaft. Plädoyer für einen<br />

aufgeklärten Multikulturalismus“, Bielefeld, 2007, Seite 173.<br />

14 In einer UNO-Studie aus dem Jahr 2006 wird Zwangsheirat als Heirat umschrieben, bei welcher die freie <strong>und</strong><br />

volle Zustimmung mindestens einer Partei fehlt. Vgl. dazu die „Étude approfondie de toutes les formes de la<br />

violence à l’égard des femmes“ vom 6. Juli 2006, A/61/122/Add., § 122 : « Un mariage forcé se contracte sans le<br />

consentement libre et non vicié d’une au moins des parties. Dans sa forme la plus extrême, le mariage forcé peut<br />

s’accompagner de menaces, de rapts, d’emprisonnements, de violences physiques, de viols et, dans certains cas,<br />

de meurtres. »<br />

15 CHRISTOPH GRABENWARTER, Europäische Menschenrechtskonvention, 2. Aufl., München Wien, 2005, Rn 59.<br />

16 Urteil F. gegen die Schweiz vom 22. April 1987, Serie A, Bd. 128, § 32.

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