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Strafbarkeit von Zwangsheiraten und arrangierten Heiraten

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68<br />

6.3.4 Internationales Privatrecht<br />

Sollte die Schweiz im Zuge einer allfälligen Umsetzung der Resolution 1468 (2005) des<br />

Europarats 179 ihre Haltung in Sachen Eheunmündigkeit ändern <strong>und</strong> auch im internationalen<br />

Verhältnis nicht mehr länger tiefere Altersgrenzen als diejenige <strong>von</strong> 18 Jahren akzeptieren,<br />

würde dies gesetzgeberische Massnahmen erforderlich machen. Inwieweit die Schweiz tiefere<br />

Altersgrenzen ausländischer Eherechte respektiert, ist im IPRG nicht unmittelbar festgelegt,<br />

sondern ergibt sich aus dem darin verankerten Ordre public-Vorbehalt. Es genügte daher eine<br />

den veränderten Verhältnissen Rechnung tragende Auslegung dieses Ordre public-<br />

Vorbehalts 180 . Je nach Haltung der Schweiz zur Altersgrenze bei Eheschliessungen nach<br />

ausländischem Recht muss allerdings Artikel 45a IPRG angepasst oder gar aufgehoben<br />

werden. Ansonsten besteht im Bereich des Internationalen Privatrechts kein gesetzgeberischer<br />

Handlungsbedarf. Die im ZGB vorgesehene Anfechtungsmöglichkeit bei Zwangsehen ist<br />

auch im internationalen Verhältnis gegeben. Eine allfällige Neuformulierung <strong>von</strong> Artikel 105<br />

Ziffer 5 181 oder 107 Ziffer 4 ZGB 182 ändert daran nichts. Auch der Resolution 1468 (2005)<br />

des Europarats 183 kann mit den geltenden Bestimmungen Rechnung getragen werden.<br />

Die bestehenden Rechtsgr<strong>und</strong>lagen sind selbst dann ausreichend, wenn man der Auffassung<br />

ist, einer ausländischen Zwangsehe müsse gestützt auf Artikel 27 Absatz 1 IPRG <strong>von</strong> Anfang<br />

an die Anerkennung verweigert werden.<br />

Denkbar ist, die Anerkennung <strong>von</strong> Stellvertreterehen durch eine Revision <strong>von</strong> Artikel 45<br />

IPRG einzuschränken.<br />

Art. 45 Abs. 1bis (neu)<br />

1bis Eine in Stellvertretung eingegangene Ehe wird nicht anerkannt, selbst wenn sie im Ausland<br />

gültig geschlossen wurde.<br />

Andere mögliche Formulierung:<br />

Art. 45 Abs. 1bis (neu)<br />

1bis Lässt sich Braut oder Bräutigam bei der Trauung vertreten, wird die Ehe in der Schweiz<br />

nicht anerkannt.<br />

Beide Varianten sind verfassungskonform. Eine Einschränkung der Anerkennung <strong>von</strong><br />

Stellvertreterehen ist deshalb ernsthaft zu prüfen.<br />

179 Vgl. Ziffer 3.2.3.6.<br />

180 Bei Personen über 15 Jahren würde sich die Frage stellen, ob nicht wieder eine Anfechtungslösung im Sinne<br />

<strong>von</strong> Art. 105 ZGB vorzuziehen wäre, da hier die Ungültigerklärung der Ehe möglicherweise wieder <strong>von</strong> der<br />

Interessenlage der betreffenden Person im Einzelfall abhängig gemacht werden sollte. In Punkt 14.2.4. der<br />

erwähnten Resolution 1468 (2005) heisst es: „ da<strong>von</strong> Abstand genommen wird, Zwangsheirat <strong>und</strong> Kinderehen,<br />

die im Ausland geschlossen wurden, anzuerkennen, außer wenn die Anerkennung im besten Interesse der Opfer<br />

liegt hinsichtlich der Auswirkungen der Ehe, insbesondere zum Zwecke der Sicherstellung <strong>von</strong> Rechten, die sie<br />

auf anderem Wege nicht beanspruchen könnten“. Nach dem Prinzip a maiore minus liesse sich möglicherweise<br />

auch ein solches Vorgehen auf die Ordre public-Norm des Artikels 27 Absatz 1 IPRG abstützen.<br />

181 Vgl. Ziffer 5.3.2.2.<br />

182 Vgl. Ziffer 5.3.2.1.<br />

183 Vgl. Ziffer 3.2.3.6.

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