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Strafbarkeit von Zwangsheiraten und arrangierten Heiraten

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4.2.1 Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates über die Zuständigkeit <strong>und</strong> die<br />

Anerkennung <strong>und</strong> Vollstreckung <strong>von</strong> Entscheidungen in Ehesachen <strong>und</strong> in<br />

Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung<br />

Im fraglichen Bereich besteht auf Gemeinschaftsebene eine Regelung des internationalen<br />

Privatrechts, die so genannte «Brüssel-II bis»-Verordnung. Eines ihrer Ziele besteht darin, die<br />

Anerkennung der Entscheide über die Ungültigerklärung <strong>und</strong> Auflösung <strong>von</strong> Ehen in der<br />

Europäischen Union zu erleichtern 119 .<br />

4.2.2 Richtlinie betreffend das Recht auf Familienzusammenführung<br />

(2003/86/EG)<br />

Weitere Massnahmen zur Verhinderung <strong>von</strong> Zwangsehen sind in der Richtlinie 2003/86/EG<br />

betreffend das Recht auf Familienzusammenführung enthalten. Artikel 4 Absatz 5 der<br />

Richtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten vorsehen können, dass der „Zusammenführende“<br />

<strong>und</strong> sein Ehegatte ein Mindestalter erreicht haben müssen, das höchstens auf 21 Jahre<br />

festgesetzt werden darf, bevor der Ehegatte dem „Zusammenführenden“ nachreisen darf.<br />

Nach Artikel 7 Absatz 2 1. Unterabsatz können die Mitgliedstaaten gemäss dem nationalen<br />

Recht <strong>von</strong> Drittstaatangehörigen verlangen, dass sie Integrationsmassnahmen nachkommen<br />

müssen. Beide Bestimmungen sind für den Familiennachzug <strong>von</strong> Flüchtlingen nicht<br />

anwendbar (Art. 10 Abs. 2 <strong>und</strong> Art. 12 Abs. 2). Die Richtlinie <strong>und</strong> die dazu ergangene<br />

Rechtsprechung haben für die Schweiz keine Geltung. Dessen ungeachtet stellt sich die Frage,<br />

ob aus diesen europarechtlichen Bestimmungen geschlossen werden kann, dass die genannten<br />

Massnahmen mit den Menschenrechtsgarantien, insbesondere mit der EMRK vereinbar sind.<br />

In Ziffer 2 der Präambel wird festgehalten, die Richtlinie stehe im Einklang mit den<br />

Gr<strong>und</strong>rechten <strong>und</strong> berücksichtige die Gr<strong>und</strong>sätze, die insbesondere in Artikel 8 EMRK <strong>und</strong><br />

der Charta der Gr<strong>und</strong>rechte der Europäischen Union anerkannt werden. In Artikel 17 der<br />

Richtlinie wurden die Kriterien aufgenommen, die der EGMR in Bezug auf<br />

Familienzusammenführungen entwickelt hat. Danach berücksichtigen die Mitgliedstaaten,<br />

wenn die allgemeinen Voraussetzungen der Familienzusammenführung nicht gegeben sind, in<br />

gebührender Weise die Art <strong>und</strong> die Stärke der familiären Bindungen der betreffenden Person,<br />

die Dauer ihres Aufenthalts in dem Mitgliedstaat sowie das Vorliegen familiärer, kultureller<br />

oder sozialer Bindungen zu ihrem Herkunftsland.<br />

Die Bestimmungen über das Nachzugsalter (Art. 4 Abs. 5) <strong>und</strong> die Integrationsmassnahmen<br />

(Art. 7 Abs. 2 1. Unterabsatz) waren im Vorschlag der Kommission vom 1. Dezember 1999<br />

nicht enthalten. In ihrem geänderten Vorschlag vom 10. Oktober 2000 hat die Europäische<br />

Kommission vorgeschlagen, dass Mitgliedstaaten für den Ehegattennachzug ein Mindestalter<br />

119 Im internationalen Privatrecht der Gemeinschaft kann die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates über die<br />

Zuständigkeit <strong>und</strong> die Anerkennung <strong>und</strong> Vollstreckung <strong>von</strong> Entscheidungen in Ehesachen <strong>und</strong> in Verfahren<br />

betreffend die elterliche Verantwortung (Brüssel-IIbis-Verordnung) für Fragen im Zusammenhang mit der<br />

Auflösung einer Zwangsheirat zur Anwendung gelangen. Diese Verordnung betrifft die Zivilverfahren (die<br />

Zuständigkeit der Gerichte <strong>und</strong> insbesondere die Anerkennung) zur Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung<br />

des Ehebandes <strong>und</strong> Ungültigerklärung einer Ehe sowie alle Fragen betreffend die elterliche Verantwortung. So<br />

muss ein Entscheid eines Mitgliedstaates, zum Beispiel auf Ungültigerklärung einer Zwangsheirat, in einem<br />

anderen Mitgliedstaat anerkannt werden. Es ist möglich, einem Entscheid über eine Scheidung, Trennung oder<br />

Eheungültigerklärung die Anerkennung zu verweigern, allerdings nur, wenn eines der Kriterien der<br />

abschliessenden Liste in Artikel 22 vorliegt. Ein Gr<strong>und</strong> für eine Nichtanerkennung liegt beispielsweise vor,<br />

wenn die Anerkennung offensichtlich der öffentlichen Ordnung des betreffenden Mitgliedstaates widersprechen<br />

würde.

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