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Strafbarkeit von Zwangsheiraten und arrangierten Heiraten

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Verhaltensweisen verbieten. Auch im französischen <strong>und</strong> italienischen Zivilrecht ist der Fall<br />

der <strong>Zwangsheiraten</strong> nicht vorgesehen. Die französischen <strong>und</strong> italienischen Zivilgesetzbücher<br />

begnügen sich damit, die tatsächliche <strong>und</strong> wirkliche Zustimmung der Ehegatten als<br />

konstitutive Voraussetzung für das Zustandekommen der Ehe zu verlangen. Daher hat<br />

körperliche oder psychische Gewalt eines Ehegatten die Ungültigkeit der Ehe zur Folge,<br />

sofern diese Gewalt ein bestimmtes Ausmass aufwies. Im italienischen Recht ist die<br />

Ungültigkeit wegen Willensmängeln relativ: Sie kann somit nur <strong>von</strong> einem der Ehegatten<br />

geltend gemacht werden. In Frankreich hingegen kann die Ungültigerklärung auch <strong>von</strong> einer<br />

Behörde verlangt werden. Und während die Ungültigkeit im italienischen Recht geheilt<br />

werden kann (z. B. bei ständigem Zusammenleben während eines Jahres in Italien oder seit<br />

der Ehegatte seine volle Freiheit erlangt hat), wurde dieser Gr<strong>und</strong> für den Wegfall des<br />

Willensmangels im französischen Recht kürzlich aufgehoben. Zudem hat eine Reihe <strong>von</strong><br />

kürzlich erlassenen Gesetzen im französischen Recht zu einem wirksameren Verfahren bei<br />

der vorgängigen Anhörung der Ehegatten geführt, damit das Vorliegen der Zustimmung zur<br />

Ehe gewährleistet werden kann. Mit dem Gesetz vom 14. November 2006 wurde zum<br />

Beispiel für Ehen, die im Ausland durch eine ausländische Behörde geschlossen werden, ein<br />

spezifisches Einspruchsverfahren für die Staatsanwaltschaft geschaffen. Der beschränkte<br />

Umfang der Vorschriften, die auf den Fall <strong>von</strong> <strong>Zwangsheiraten</strong> ausgerichtet sind, gilt übrigens<br />

auch für das internationale Privatrecht, das Asylrecht, das Ausländerrecht, das Opferhilferecht<br />

sowie die französische Bürgerrechtsregelung. Für <strong>Zwangsheiraten</strong> gelten somit nur die<br />

ordentlichen Regelungen. In der französischen Bürgerrechtsregelung ist jedoch vorgesehen,<br />

dass die Ehe unter gewissen Umständen Zugang zum französischen Bürgerrecht geben kann.<br />

4.4.2 Belgien, Deutschland, Österreich, Schweden, Norwegen <strong>und</strong> Dänemark<br />

Die Lösungen, die in der zweiten Kategorie <strong>von</strong> Ländern gewählt wurden, weichen <strong>von</strong> denen<br />

des französischen <strong>und</strong> italienischen Rechts ab. Dieser Kategorie gehören vor allem die<br />

skandinavischen Länder, aber auch Deutschland <strong>und</strong> Österreich an. Norwegen besetzt in<br />

dieser zweiten Gruppe klar die „Pole-Position“: Im norwegischen Recht wird die<br />

Zwangsheirat in mehreren Rechtsgebieten direkt geahndet. Der Begriff „Zwangsheirat“ wird<br />

in mehreren Rechtsgebieten ausdrücklich genannt. So wird nach Artikel 222 des<br />

norwegischen Strafgesetzbuchs mit Gefängnis bestraft, wer eine andere Person zwingt, eine<br />

Ehe einzugehen. Auch eine kürzlich erlassene Änderung des norwegischen Zivilrechts, die am<br />

1. Juni 2007 in Kraft gesetzt wurde, ist direkt auf die Zwangsheirat ausgerichtet: Sie<br />

ermöglicht dem Ehegatten, der der Ehe nicht frei zugestimmt hat, die Ungültigerklärung der<br />

Ehe zu verlangen. Nach den Vorschriften des norwegischen Ausländerrechts hat eine für<br />

ungültig erklärte Ehe auch den Entzug der Aufenthaltsbewilligung zur Folge. Dänemark <strong>und</strong><br />

Schweden, die Norwegen auf kultureller <strong>und</strong> rechtlicher Ebene nahe stehen, gehen ebenfalls<br />

in diese Richtung. So sind nach dem dänischen Strafgesetzbuch <strong>Zwangsheiraten</strong> strafbar,<br />

während im schwedischen Strafrecht mehrere Bestimmungen auf den Fall der Zwangsheirat<br />

anwendbar sind. Dasselbe gilt für das österreichische <strong>und</strong> das deutsche Recht. In Schweden<br />

werden Vorschläge diskutiert, die <strong>Zwangsheiraten</strong> durch eine ähnliche Spezialregelung unter<br />

Strafe zu stellen, wie sie in Norwegen besteht. Während die Bestrafung der <strong>Zwangsheiraten</strong><br />

noch in Vorbereitung ist, verfügt Schweden bereits über eine spezifische zivilrechtliche<br />

Regelung. Wenn eine Person zur Heirat gezwungen wurde, kann sie die Ungültigerklärung<br />

ihrer Ehe erreichen, ohne zuvor eine Bedenkfrist einhalten zu müssen. Die Ungültigerklärung<br />

erfolgt unverzüglich. Mit Ausnahme <strong>von</strong> Schweden ist der Fall der <strong>Zwangsheiraten</strong> hingegen<br />

im internationalen Privatrecht Deutschlands, Österreichs <strong>und</strong> der skandinavischen Länder<br />

nicht ausdrücklich vorgesehen, was jedoch eine Anwendung der ordentlichen Vorschriften<br />

nicht ausschliesst. Vorbehaltlich der spezifischen Bestimmungen zu den <strong>Zwangsheiraten</strong> im

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