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Strafbarkeit von Zwangsheiraten und arrangierten Heiraten

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Geldstrafe bestraft werden können 132 . Die mit einer Zwangsheirat typischerweise<br />

einhergehenden Handlungen wie Drohung, Entführung, Freiheitsberaubung sowie die<br />

Anwendung körperlicher, sexueller oder psychischer Gewalt sind ebenfalls unter bereits<br />

bestehende Straftatbestände subsumierbar 133 .<br />

5.2.2 Ausdrückliche Erwähnung der Zwangsheirat in Artikel 181 StGB, mit<br />

oder ohne schärfere Strafdrohung<br />

Wie bereits gezeigt, ist der Nötigungstatbestand gemäss Artikel 181 StGB sowohl hinsichtlich<br />

der Tatmittel als auch hinsichtlich des Taterfolgs offen formuliert 134 . Die <strong>von</strong> vielen Seiten<br />

geforderte ausdrückliche Erwähnung der Zwangsheirat als Fall einer schweren Nötigung in<br />

Artikel 181 StGB, eventuell verknüpft mit einer Strafrahmenerhöhung, würde lediglich<br />

unterstreichen, dass erzwungene <strong>Heiraten</strong> den Tatbestand der Nötigung erfüllen <strong>und</strong> somit<br />

allenfalls das Problembewusstsein in der Öffentlichkeit schärfen (Signalwirkung). Es ist<br />

jedoch zweifelhaft, ob Täter <strong>und</strong> Opfer <strong>von</strong> einer expliziten Erwähnung <strong>von</strong> <strong>Zwangsheiraten</strong><br />

in Artikel 181 StGB überhaupt erreicht würden 135 . Zudem würden die bisherigen Probleme<br />

bei der Aufklärung der Sachverhalte – so etwa die mangelnde Aussagebereitschaft der Opfer<br />

<strong>und</strong> andere Beweisprobleme – kaum gelöst. Auch ist darauf hinzuweisen, dass die Aufnahme<br />

eines einzigen konkreten Beispiels in den allgemeinen Nötigungstatbestand gesetzestechnisch<br />

fragwürdig ist <strong>und</strong> sich nur schwer in den bestehenden Gesetzestext einfügen liesse.<br />

Schliesslich stellt auch der Umstand, dass gesicherte Erkenntnisse über die Bedeutung <strong>von</strong><br />

<strong>Zwangsheiraten</strong> in der Schweiz fehlen, die Opportunität einer Revision des Strafrechts in<br />

Frage.<br />

5.2.3 Neue Strafnorm „Zwangsheirat“ / Erweiterung des Geltungsbereichs des<br />

StGB<br />

Wie bereits erwähnt, wurde im Jahr 2005 im Ständerat im Rahmen der Beratungen zum<br />

Ausländergesetz die Einführung einer neuen Strafbestimmung vorgeschlagen, wonach mit<br />

einer Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten <strong>und</strong> fünf Jahre bestraft wird, wer jemand durch<br />

Gewalt oder Androhung ernstlicher Nachteile oder durch andere Beschränkung seiner<br />

Handlungsfreiheit nötigt, eine Ehe einzugehen 136 . Nach geltendem Recht könnte die<br />

Bestimmung so lauten:<br />

Zwangsheirat<br />

Wer jemand durch Gewalt oder Androhung ernstlicher Nachteile oder durch andere<br />

Beschränkung seiner Handlungsfreiheit nötigt eine Ehe einzugehen, wird mit Freiheitsstrafe<br />

bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe nicht unter 180 Tagessätzen bestraft.<br />

132 Für Einzelheiten vgl. die Ausführungen oben Ziffern 3.4.2 bis 3.4.6.<br />

133 Vgl. Ziffer 3.4.5.<br />

134 Vgl. Ziffer 3.4.2.<br />

135 Selbst in Fachkreisen wird dies bezweifelt <strong>und</strong> darauf hingewiesen, dass präventive Massnahmen wie etwa<br />

Informations- <strong>und</strong> Sensibilisierungskampagnen sowie Schutzmassnahmen wie etwa niederschwellige Beratungs<strong>und</strong><br />

Betreuungsangebote für Betroffene vorzuziehen sind: vgl. www.zwangsheirat.ch/zwangsheirat/10_faq.htm:<br />

„Gesetze vermögen zwar das Unrechtsbewusstsein zu schärfen <strong>und</strong> können für einige abschreckend wirken, es<br />

ist aber anzunehmen, dass mit einer ausschliesslich rechtlichen Regelung nur wenige Fälle <strong>von</strong> Zwangsheirat<br />

verhindert werden könnten. Denn Gesetze sind erst durchgreifend, wenn sie alle gesellschaftlichen Gruppen<br />

erreichen. Zudem ist fraglich, ob Betroffene bereit wären, ihre eigenen Eltern, Verwandten <strong>und</strong> Bekannten<br />

anzuzeigen.“<br />

136 Vgl. Ziffer 2.1.3.

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