ZT | Dezember 2013
Ausgabe 21 - 12/13
Ausgabe 21 - 12/13
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Mann mit Familienbetreuung zugeschnitten,<br />
für jemanden, der bereit ist, 12 bis 14 Stunden<br />
zu arbeiten, und auch am Wochenende Gewehr<br />
bei Fuß steht. Keiner fragt deshalb:<br />
• Wer bügelt die Hemden/Blusen,<br />
• Wer packt den Koffer aus und ein,<br />
• Wer kümmert sich um die Kinder, wenn er<br />
auf Dienstreisen ist,<br />
• Wer besorgt das Geschenk für Tante<br />
Monika,<br />
• Wer organisiert den Umzug bei einem<br />
Jobwechsel,<br />
• Wer tröstet den Teenager bei Liebeskummer,<br />
• Wer bucht den Urlaub und<br />
• Wer bringt den Hund zum Tierarzt?<br />
Anspruchsvolle und oft knallharte Führungspositionen<br />
haben nicht nur eine sinkende Sogwirkung<br />
auf junge Männer, sondern auch eine<br />
zunehmend abschreckende Wirkung auf junge<br />
Frauen. Es gibt mittlerweile eine große Gruppe<br />
hervorragend ausgebildeter, talentierter und<br />
ambitionierter Frauen, die das Zeug zur Führungskraft<br />
haben. Doch diese teilt sich wiederum<br />
in drei Gruppen auf:<br />
• Die erste Gruppe opfert ihr persönliches<br />
Glück der Karriere und verzichtet auf Familie<br />
(40 Prozent aller weiblichen Führungskräfte<br />
haben keine Kinder).<br />
• Die zweite Gruppe organisiert sich mit<br />
Kinderfrau und Kita, Internat und Hausmann<br />
und lebt zwei Leben in einem. Immer<br />
am Rande des Burnouts.<br />
• Die dritte und größte Gruppe hat sich aus<br />
dem Hamsterrad verabschiedet. Nein, sie<br />
möchten nicht leben wie ihre Chefs (und<br />
wenigen Chefinnen).<br />
Umfragen in meinen Seminaren „Durchsetzungsstrategien<br />
für Frauen“ ergeben immer<br />
wieder Folgendes: 90 Prozent der Teilnehmerinnen<br />
sagen: „Ich möchte keine (weitergehende)<br />
Karriere machen“. Grund: Kinder, Leben, Eltern,<br />
Teilzeit, Yogakurse, und ganz vehement: Verachtung<br />
der „Politik“ in Unternehmen, blöde<br />
Machtspiele, hinterhältige Attacken, Hahnenkämpfe<br />
und Platzhirschgehabe. Keine Lust auf<br />
Männerspiele.<br />
Das Schlimme: Diese Frauen kann ich verstehen.<br />
Das noch viel Schlimmere: Unternehmen<br />
verlieren das Potenzial und die Energie dieser<br />
Frauen. Das ist unverzeihlich, dumm und<br />
gefährlich. Was wir brauchen, ist ein neues<br />
Führungs-Design. Wenn wir gut ausgebildete<br />
Frauen nicht in die bestehenden Führungspositionen<br />
hineinpferchen können, dann brauchen<br />
wir eben neue Modelle. Wir brauchen Chefsessel,<br />
die nicht einengen und die Luft zum Atmen<br />
nehmen, sondern Jobs, die Raum schaffen für<br />
Kreativität und Freude, anderes Denken und<br />
anderes Handeln. So wie uns Autos aus den<br />
Siebzigerjahren heute furchtbar spießig erscheinen,<br />
ist auch das Denken der letzten Jahrzehnte<br />
in Sachen Führungskräfte veraltet und<br />
behindernd. Neues Design heißt, neuen Wind<br />
in die Chefetagen bringen. Es heißt, sich von<br />
eingespielten Männer-Ritualen verabschieden.<br />
Na klar, das finden die meisten Männer (und<br />
die sich quälenden Frauen) blöd. Warum sollten<br />
Frauen eine Sonderrolle bekommen? – Weil es<br />
den Unternehmen nützt!<br />
Wir brauchen Ideentage, auf den Mitarbeiterinnen<br />
ihren Arbeitsplatz als Führungskraft<br />
designen können. Aus meiner Erfahrung wird<br />
dazugehören: Flexible Arbeitszeiten, schmalere<br />
Verantwortungsbereiche. Ergebnisorientiertes<br />
Führen statt der bisherigen „Wie-lange-sitzeich-mit-meinem-Hintern-in-der-Firma-Ideologie“,<br />
Home-Arbeitsplätze tageweise, eine neue<br />
Meetingkultur: gestrafft, konzentriert, und zu<br />
Zeiten, in denen nichts Wichtigeres anliegt, als<br />
der Theaterauftritt des Kindes um 16 Uhr. Wertschätzung<br />
des Frauenblicks auf Projekte: Was<br />
bringt es, wie können wir es effizienter gestalten?<br />
Eine neue Geschäftsreisen-Kultur mit Delegation,<br />
müssen Führungskräfte wirklich 40 von<br />
52 Wochen auf Dienstreise sein? Könnte man<br />
das klüger planen, besser verteilen?<br />
So viele Veränderungen – „Wie sollen wir das<br />
alles bezahlen?“ - höre ich die Entscheider in<br />
den Chefetagen schon stöhnen. Die Lösung ist<br />
ganz einfach: Frauen erwirtschaften mehr Profit<br />
und haben niedrigere Ansprüche an Gehälter.<br />
Nicht, dass ich Letzeres gut finde, aber es ist ein<br />
Zeichen an alle. Tausche Sinn und Lebensfreude<br />
gegen Status und Reichtum. Bekomme ein Führungsverhalten<br />
dazu, dass den Menschen wieder<br />
mehr in den Mittelpunkt rückt, (Das frühere<br />
Telekom-Vorstandsmitglied Thomas Sattelberger<br />
nennt das „Management 2.0“) das Miteinanderreden<br />
und vor allem das Zuhören verstärkt,<br />
das Geborgenheit schafft und deshalb gute<br />
Ergebnisse erzielt. Genau deswegen werden<br />
viele Männer aus der Generation 1.0 versuchen,<br />
diese Veränderungen zu verhindern.<br />
Apropos Männer: Auch sie werden von dem<br />
neuen Führungs-Design profitieren. Manche<br />
wissen es auch schon. Und Unternehmen müssen<br />
sich entscheiden, was sie wollen: Begabte<br />
und fleißige Frauen verlieren – oder von ihrer<br />
Arbeitsweise profitieren? Let’s design!<br />
***<br />
Sabine Asgodom<br />
Autorenprofil<br />
Sabine Asgodom, ist Managementtrainerin, Erfolgscoach, Journalistin und Bestsellerautorin. Sie ist eine der bekanntesten Vortrags-Rednerinnen im<br />
deutschsprachigen Raum und außerdem Mitglied des Beirats des WoMenPower-Kongresses auf der Hannover Messe. 2010 wurde sie für ihr berufliches<br />
und ehrenamtliches Engagement mit dem Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Seit 2009 ist sie als erster Keynote-Speaker<br />
in Europa außerhalb Großbritanniens vom internationalen Rednerverband GSF als „Certified Speaking Professional“ zertifiziert.<br />
sabine Asgodom<br />
www.asgodom.de<br />
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