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Gefängnisse und Lager im sowjetischen Herrschaftssystem - gulag

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Sowjetische <strong>Gefängnisse</strong> <strong>und</strong> <strong>Lager</strong> 595<br />

gen entstand ein Mangel an Arbeitskräften. Das st<strong>im</strong>ulierte schließlich auch<br />

die gr<strong>und</strong>sätzliche Veränderung der Strafvollzugsstellen. Zu dieser Zeit waren<br />

diese von zwei staatlichen Strukturen geleitet. Die Mehrzahl der Inhaftierten<br />

befand sich in den Kolonien oder Besserungsanstalten, die den einzelnen Stellen<br />

des NKWD in den Republiken unterstellt waren, denn damals gab es noch<br />

keinen zentralen NKWD. Das waren relativ kleine Haftstellen, mit der Stärke<br />

von je 100 – 700 Insassen (selten 1.000 -2.000), in der Regel mit nicht sehr<br />

strengen Haftbedingungen, jedenfalls mit erhöhter Fluchtmöglichkeit. Diese<br />

Haftstellen wurden von Regierungsstellen finanziert, die dafür Sondermittel<br />

aus dem Budget bekamen.<br />

Parallel existierte eine andere Struktur: die Sondergefängnisse für die bereits<br />

verurteilten Personen, die unter der Verwaltung der OGPU standen (Politisolatoren)<br />

sowie die Untersuchungsgefängnisse, <strong>und</strong> vorläufig das einzige <strong>Lager</strong>system<br />

<strong>im</strong> Lande. Das war die Verwaltung des Solowezki-<strong>Lager</strong>, in denen etwas<br />

mehr als 20.000 Häftlinge untergebracht waren. 61<br />

Zur Erörterung von Fragen des Strafvollzugssystems bildete das Politbüro der<br />

KPdSU am 13.5.1929 eine Sonderkommission. Nach einigen Diskussionen,<br />

die eher einen zwischenamtlichen als einen prinzipiellen Charakter hatten (der<br />

NKWD bestand auf der Erhaltung des existierenden Systems, die OGPU forderte<br />

die Übergabe der Mehrzahl der Häftlinge unter ihre Leitung), hat die<br />

Kommission die Vorschläge vorbereitet, die am 27.6.1929 vom Politbüro angenommen<br />

<strong>und</strong> anschließend vom Rat der Volkskommissare bestätigt wurden<br />

(11.07.29). Nach diesem Beschluß „Über die Nutzung der Arbeit der Inhaftierten“<br />

62 sollten diejenigen Personen, die bis zu 3 Jahren verurteilt waren, in<br />

den Haftstellen der NKWD-Stellen der einzelnen Republiken bleiben, diejenigen<br />

aber, deren Haftfristen länger waren, sollten in das System der Besserungslager<br />

überführt werden. Die OGPU bekam den Auftrag, diese <strong>Lager</strong> zu<br />

organisieren. Diese <strong>Lager</strong> sollten in den weit entfernten Regionen aufgebaut<br />

werden „zum Zwecke der Kolonisierung dieser Gebiete <strong>und</strong> Nutzung der Naturschätze<br />

durch den Einsatz der Häftlingsarbeit“. 63 Damit war die Gr<strong>und</strong>lage<br />

für die Organisation eines zweistrukturigen Zwangsarbeitsystems mit verschiedenen<br />

Ressourcen geschaffen.<br />

Die gefährlichsten Häftlinge sollten von der Bevölkerung des Landes isoliert<br />

werden <strong>und</strong> in entfernten Regionen die Reserve der Arbeitskräfte stellen. Diese<br />

Arbeitskräfte sollten unter der Leitung der einheitlichen Staatsstruktur (OGPU)<br />

<strong>im</strong>stande sein, die großangelegten Wirtschaftsprojekte zu realisieren.<br />

Die Haftstellen für die weniger gefährlichen Häftlinge sollten in den dicht bevölkerten<br />

Regionen liegen, <strong>und</strong> die Arbeitsnutzung der Inhaftierten sollte mit<br />

den regionalen Bedürfnissen verb<strong>und</strong>en werden – Straßenbau, landwirtschaftliche<br />

Arbeiten. Dementsprechend wurden diese Haftstellen den NKWD-Orga-<br />

61 Ebenda, f. 9414, op.1, d.2919, L.2.<br />

62 Ebenda, f. 5446, op.1, d.4, L.210-212.<br />

63 Ebenda.

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