Gefängnisse und Lager im sowjetischen Herrschaftssystem - gulag
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Sowjetische <strong>Gefängnisse</strong> <strong>und</strong> <strong>Lager</strong> 603<br />
militärstrategischen Objekte (das Flugzeugwerk in Kuibischew, die Metallurgie-Kombinate<br />
in Norilsk, Tscheljabinsk u. a.) zur Verfügung.<br />
In dieser Periode sank die Zahl der <strong>Lager</strong>insassen rapide, weil die katastrophalen<br />
Verluste der Roten Armee in den ersten Kriegsmonaten zur vorzeitigen<br />
Entlassung der Häftlinge führte, die dann in die Armee einberufen wurden, allein<br />
bis bis Ende 1941 waren dies 420.000 Häftlinge. 83 Außerdem spielte auch<br />
der Verlust der von Nazideutschland okkupierten Territorien, in denen sich<br />
viele <strong>Lager</strong>objekte befanden, eine Rolle.<br />
Mit Beginn des Krieges stiegen die Todeszahlen sehr schnell. Im Jahre 1942<br />
starben 25% der Gesamtzahl der Häftlinge (351.000 – 360.000). 84 Während<br />
sich zu Beginn des Krieges in den Haftstellen noch 2.350.000 Menschen befanden,<br />
so war diese Zahl zu Beginn des Jahres 1944 fast auf die zur Hälfte<br />
gesunken. Zugleich stiegen auch Zahl <strong>und</strong> Anteil der weiblichen Häftlinge <strong>im</strong><br />
<strong>Lager</strong>: 1941 waren es 7%, <strong>im</strong> Sommer 1944 26%.<br />
4.10. Die Organisation der Katorga- <strong>und</strong> Spezial-<strong>Lager</strong><br />
Im April 1943 wurde eine wesentliche Änderung <strong>im</strong> <strong>Lager</strong>system eingeführt.<br />
Nach einem Beschluß des Rates der Volkskommissare vom 14.4.43wurde der<br />
NKWD wieder in NKWD, NKGB <strong>und</strong> SMERSCH (Militärabwehr) geteilt. 87<br />
Am 19.4.43 bestätigte das Politbüro des ZK der KPdSU den Beschluß des<br />
Obersten Sowjets der UdSSR „Über die Maßnahmen zur Bestrafung der deutschen<br />
Verbrecher, die sich des Mordes <strong>und</strong> der Folterungen an der <strong>sowjetischen</strong><br />
Zivilbevölkerung <strong>und</strong> der Kriegsgefangenen Rotarmisten schuldig gemacht<br />
haben, von Spionen, Landesverrätern <strong>und</strong> ihren Handlangern“. 85 Nach<br />
diesem Erlaß wurde eine neue Strafmaßnahme eingeführt: die Verbannung zu<br />
Katorga-Arbeiten für 15 – 20 Jahre.<br />
In den bereits bestehenden <strong>Lager</strong>n wurden Spezialabteilungen geschaffen. Für<br />
die Katorga-<strong>Lager</strong> wurde eine Sonderordnung vorgesehen, die eine Mischung<br />
zwischen dem Gefängnis – <strong>und</strong> <strong>Lager</strong>reg<strong>im</strong>e darstellte.<br />
Im NKWD gab es zwar seit langem Instruktionen über die Verteilung der<br />
Häftlinge nach Urteilsgründen, aber bis 1943 bestand es kein gr<strong>und</strong>sätzliches<br />
Verbot einer gemeinsamen Unterbringung Häftlinge verschiedener Urteilsgründe.<br />
Mit den Katorga-<strong>Lager</strong>n wurden jedoch für best<strong>im</strong>mte Kategorien von<br />
Häftlingen Spezabteilungen geschaffen.<br />
Der zweite wichtige Punkt in der späteren Entwicklung der Nachkriegslagerstruktur<br />
war die Organisation der Speziallager (Osoblag) nach einem Beschluß<br />
des Ministerrates der UdSSR von 21.2.48. Diese Speziallager <strong>und</strong> auch Spezialgefängnisse<br />
(in Wlad<strong>im</strong>ir, Alexandrowsk, Werchneuralsk) wurden für dieje-<br />
83 W.N.Semskow: GULag in:Sociologitscheskie issledowanija, 1991 N6 S. 10-27.<br />
84 GARF, f. 9414, op.1, d.2784, l 10.18, 26.<br />
85 CAFSB, f. 3, op.57, d.40, l.1-4.